Russische Vor- und Nachnamen, die Ausländer verrückt machen

Varvara Grankova
Sie erinnern an ein Huhn, zwingen zu einem langen Training, bestehen aus schwer aussprechbaren Lauten und wecken seltsame Assoziationen – ja, selbst für die Ausländer, die schon lange in Russland leben, klingen diese Namen ungewöhnlich.

Gewöhnlich werden russische Vornamen erst dann zu einem Problem, wenn aus ihnen das Patronymikum (der Vatersname) gebildet wird, das oft mehr als doppelt so lang wie der Vorname selbst ist. Urteilen Sie selbst: Anna Wjatscheslawowna. Aber auch hier, so stellt sich heraus, gibt es Ausnahmen. Wir fragten Ausländer, welche russischen Vornamen sie aufgrund seiner Aussprache nicht ausstehen können.

Klingt ein wenig seltsam

Für Zhang Yi Bo aus China erscheinen alle Namen mit einem R, wie Sergej oder Dmitrij, kompliziert: „Um einen solchen Klang auszusprechen, muss man lange trainieren und der FrauennameJulia sowie der Männername Juri zum Beispiel klingen fast gleich.“

Auch die Aufeinanderfolge bestimmter Laute erweist sich für viele Menschen als schwierig: „Wie kann man ein weiches L (ль) und ein I (и) hintereinander aussprechen und es schaffen, daraus einen Namen zu machen? Für mich klingenJulia und Ilja gleich! Und dieses russische Ju (Ю) macht mich einfach verrückt“, berichtet Tünkut Kankul, ein türkischer Programmierer.

Führend unter den bei Ausländern nicht gerade beliebten russischen Namen ist Ljubowj (Любовь), ein weiblicher Vorname, der Liebe bedeutet. Laut Alex Steinborn ist es für Deutsche schwierig, ihn zu intonieren, weil es im Deutschen keine Palatalisierung [Aufweichung der Konsonanten] gibt. „Solche Kombinationen sind sehr schwer auszusprechen“, sagt er. Ray Billy Wallace, der Moderator des englischen Clubs im Verband der Sprachclubs, hält neben dem Namen Ljubowj („er scheint mir sehr seltsam und ungeeignet als weiblicher Vorname“) die Männernamen Olég, Trofím und den Frauennamen Jewdokíjafür die seltsamsten und PróchorundNadjeschdafür schwer auszusprechen.

Häufig verstehen Ausländer nicht, dass es sich bei der vollen Form des Vornamens und dessen Koseform um den gleichen Namen handelt: „Konstantin – als ich diesen Namen zum ersten Mal hörte, konnte nicht glauben, dass es einen solchen Namen in Russland gibt [der Name wurde aus Byzanz entlehnt und in Russland von vielen russischen Fürsten getragen]. Aber noch schwieriger war es, Konstantin mit seiner Koseform Kóstja in Verbindung zu bringen“, erklärt der Spanier Israel Cervantes.

Assoziationen

Léa Denimal, eine Französischlehrerin und Übersetzerin, hält den Namen Galina für seltsam, da gallina in mehreren romanischen Sprachen Henne bedeutet und bei ihr gleich die Assoziation mit den Brühwürfeln Gallina blanca (dt.: weiße Henne) entsteht.

„Der Name Darja klingt ziemlich eigentümlich – ich verbinde ihn mit der fiesen Hexe Daria Morgendorffer aus dem MTV-Cartoon Beavis and Butt-Head“, bemerkt Ilyes Harbi, der Moderator des französischen Clubs.

Auch Träger des Vornamens Sergeihaben es nicht leicht. Einige sehen in ihm den Hinweis auf eine homosexuelle Orientierung, was natürlich nichts mit der Bedeutung des Namens zu tun hat. „Über den Ursprung des Namens bin ich mir nicht sicher, aber mit Sir Gay hat er sicher nichts zu tun“, glaubt Dimitri Schols aus Dublin.

Unaussprechbare Familiennamen

Aber nicht jedem Ausländer fällt es schwer, russische Vornamen auszusprechen. „Ich hatte noch nie ein Problem mit der Aussprache der Vornamen. In all den zehn Jahren, die ich nun schon in Russland lebe, hatte ich immer das Gefühl, dass es nur 19 russische Vornamen gibt. Und die habe ich alle schnell gelernt. Ich habe gehört, dass es alte russische Vornamen gäbe, die völlig unaussprechbarsind, aber ich habe noch nie Menschen mit einem solchen Namen getroffen“, betont Holly Roberts, die in Moskau einen britischen Kindergarten gegründet hat.

„Mit den russischen Familiennamen tue ich mich allerdings manchmal schwer. Vor allem mit jenen, die ein Y (Ы), Ju (Ю), Ch (Х) oder Ja (Я) enthalten. Ich hatte zum Beispiel eine Kollegin mit dem Nachnamen Predybajlo. Anscheinend war ich nicht die Einzige, die Schwierigkeiten hatte, ihren Nachnamen richtig auszusprechen. Irgendwann schlug sie vor, sie Miss Pretty zu nennen, um es ihren ausländischen Kollegen zu erleichtern“, erinnerte sie sich.

Tatsächlich haben selbst Russisch-Muttersprachler manchmal Schwierigkeiten, den Familiennamen einiger Landsleute auszusprechen. Hollys russischer Ehemann heißt mit Nachnamen Rjabjúk, und sie sagt, er müsse ihn für jedermann buchstabieren – sowohl für Ausländer als auch für Russisch sprechende Menschen.

Einige Russen änderten sogar ihren Nachnamen, wenn sie ins Ausland ziehen: „Mein ursprünglicher Nachname ist für Englischsprachige kaum unaussprechbar, weil er ein  stimmhaftes Sch(Ж) enthält. Er wird in der englischen Transliteration mit Zhwiedergegeben, aber niemand in der anglophonen Welt weiß, wie man diese Buchstabenkombination richtig ausspricht“,beklagte sich auf der Internet-Plattform Quora Mike Schurkin, der inzwischen in Minneapolis lebt.

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