„Wir hatten eine sehr schöne Uniform, wie die der Ärzte: Weiße Kittel und Hüte. Kleidung, die für jeden Arbeiter persönlich angefertigt wurde. Wir alle waren stolz auf unsere Arbeit, es war sehr prestigeträchtig, dort zu arbeiten“, erinnerte sich Walentina Mereschko, eine Bewohnerin der Stadt Noworossijsk. Sie war eine der Glücklichen, die in der ersten Pepsi-Fabrik der Sowjetunion arbeitete, die im Jahr 1974 eröffnet wurde und bis zu 160 000 Flaschen Pepsi pro Schicht produzierte.
Der damalige Firmenchef Donald M. Kendall nannte die Anlage „die beste und modernste PepsiCo-Anlage der Welt“. Es muss ihn überrascht haben, dass die Anlage in nur elf Monaten fertiggestellt wurde – eine Leistung, die so noch nie zuvor erreicht wurde.
Kendall hatte schon seit Jahren davon geträumt, dieses Vorhaben zu realisieren, doch erst im Sommer 1959 bot sich auf der US-amerikanischen Nationalausstellung im Moskauer Sokolniki-Park die Gelegenheit dazu. Zu dieser Zeit war er für die internationalen Geschäfte von Pepsi zuständig und bat Richard Nixon, den damaligen Vizepräsidenten der Vereinigten Staaten, ihm zu helfen, „eine Pepsi in Nikita Chruschtschows Hand zu bekommen“. Nixon stimmte zu und der Rest ist Geschichte. Das Unternehmen hatte schließlich ein großes Interesse daran, sein Produkt auf den russischen Markt zu bringen, zumal der wichtigste Konkurrent von Pepsi, Coca-Cola, auf diesem Markt nicht aktiv war.
Bei einem der Gespräche mit dem sowjetischen Staatschef über die Konkurrenz zwischen den beiden Ländern bei der Herstellung von Konsumgütern löste Nixon sein Versprechen gegenüber Kendall ein und es wurde das Photo, das oben zu sehen ist, aufgenommen. Die beste Werbung, die eine Firma sich in der damaligen Sowjetunion wohl wünschen konnte!
Nixon trickste Chruschtschow aus und bat ihn darum, zwei Arten von Pepsi zu probieren: Eine aus den USA und eine aus Moskau. Man vermutet, dass die Amerikaner dazu die Konzentrate nach Moskau brachten und lokales Wasser hinzufügten. Natürlich bevorzugte das sowjetische Oberhaupt die letzte Variante und pries sie dann jedem auf der Ausstellung an. Die Presse spielte verrückt und veröffentlichte Fotos von Chruschtschow, die eine Pepsi mit der Aufschrift „Chruschtschow will gesellig sein“ enthielten und auf den damaligen Pepsi-Slogan der USA anspielten: „Sei gesellig, trink eine Pepsi.“
Der Tausch „Pepsi gegen Wodka“
Jedoch wurde Pepsi erst im Jahr 1972 offiziell zur ersten kapitalistischen Handelsmarke in der Sowjetunion. Gemäß der Vereinbarung begann PepsiCo, das Konzentrat und die Ausrüstung für zehn zukünftige Produktionsanlagen in die Sowjetunion zu liefern. Dort wurde das Konzentrat dann verdünnt und abgefüllt, um schließlich im ganzen Land verkauft zu werden.
Ein Problem dabei war allerdings die Bezahlung. Der sowjetische Rubel konnten wegen der Währungskontrollen des Kremls nicht international gegen eine andere Währung getauscht werden, was es sowohl illegal machte, mit dem Rubel überstaatlich zu handeln, als auch die Währung ins Ausland zu bringen. Aus diesem Grund führte man ein Tauschgeschäft durch, bei dem das Pepsi-Konzentrat gegen die Wodkamarke „Stolitschnaja“ sowie das Recht auf deren Distribution in den USA getauscht wurde – Liter für Liter.
Ursprünglich wurde erwartet, dass es die erste Anlage in Sotschi geben würde, doch aufgrund des Mangels an Süßwasserquellen in der Nähe des Geländes wurde beschlossen, die Anlage in Noworossijsk zu errichten. Als die Fabrik eröffnet wurde, besuchten die Sowjetbürger oftmals Noworossijsk aus folgenden zwei Gründen: Urlaub am Schwarzen Meer zu machen und Pepsi zu trinken.
Gegen Ende des Jahres 1982 gab es sieben weitere Anlagen: in Moskau, Leningrad, Kiew, Taschkent, Tallinn, Almaty und Suchumi.
In den Jahren von 1973 bis 1981 wurden 1,9 Millionen Dekaliter des Stolitschnaja-Wodkas im Wert von 25 Millionen Dollar (etwa 20 Millionen Euro) in die USA verschifft und 32,3 Millionen Dekaliter Pepsi hergestellt. Ein Geschäft, das dem Kreml 303,3 Millionen Rubel (etwa 4,3 Millionen Euro) einbrachte. Der Tauschhandel mit der UdSSR erlaubte dem Unternehmen lediglich, von den Wodka-Verkäufen in den USA, jedoch nicht von den Pepsi-Verkäufen in der Sowjetunion zu profitieren.
Der Preis für eine Flasche des amerikanischen Softgetränks war doppelt so hoch wie der Preis für die sowjetischen Getränke. So kostete eine 0,33-Liter-Flasche sowjetischer Limonade damals 45 Kopeken, wobei die Glasflaschen zurückgeben und zehn Kopeken zurück erstattet wurden.
Im Jahr 1988 strahlte Pepsi den ersten bezahlten Werbespot im sowjetischen Fernsehen mit Michael Jackson aus.
Der Tausch „Pepsi gegen Kriegsschiffe“
Nach der amerikanischen Reaktion auf die sowjetische Intervention in Afghanistan im Jahr 1979 brachen die Wodka-Verkäufe in den Staaten ein und PepsiCo suchte nach einer anderen Möglichkeit des Tauschhandels. Das Unternehmen fand einen recht ungewöhnlichen Weg ihre Geschäfte fortzusetzen: Sowjetische Kriegsschiffe.
Im Mai des Jahres 1989 kaufte Pepsi für je etwa 120 000 Euro 17 U-Boote, einen Kreuzer, eine Fregatte und einen Zerstörer, die alle später als Schrott weiterverkauft wurden. Außerdem kaufte das Unternehmen neue sowjetische Öltanker und verpachtete oder verkaufte diese später in Zusammenarbeit mit einer norwegischen Firma. Zu diesem Zeitpunkt äußerte Kendall die berühmte Anmerkung gegenüber dem US-Sicherheitsberater Brent Scowcroft: „Wir entwaffnen die Sowjetunion schneller als Sie es tun.“
Ein Pepsi-Werbespot in der UdSSR aus dem Jahr 1990: „Die neue Generation wählt Pepsi.“
Ein Jahr später unterzeichnete das Unternehmen einen historischen Drei-Milliarden-Dollar-Vertrag mit dem Kreml, um zehn sowjetische Tanker und Frachter im Wert von umgerechnet mehr als 240 Millionen Euro gegen das Pepsi-Konzentrat zu tauschen.
Der Zusammenbruch der Sowjetunion zerstörte Kendalls Hoffnung, dass dieser Tauschhandel eine weitere Expansion von PepsiCo im Land fördern würde und die Firma erhob keinen Anspruch mehr auf die Schiffe. Denn diese befanden sich nun in einer unabhängigen Ukraine, die den Deal neu verhandeln wollte. Plötzlich hatte PepsiCo mit 15 Staaten statt mit einem Staat zu tun. Das Schlimmste daran jedoch war, dass der Hauptkonkurrent, Coca-Cola, nun auf den Markt kam und PepsiCo Mühe hatte, seinen Marktanteil in Russland zu halten.
Heute besitzt Pepsi eine starke Position auf dem russischen Markt und produziert eine große Reihe von Produkten. Von Zeit zu Zeit jedoch erinnern sich die Russen nostalgisch an den einzigartigen Geschmack von Pepsi in einer Glasflasche und sagen, dass sie damals besser schmeckte als heute, da sich Plastik negativ auf den Geschmack auswirken würde.
Das Ausmaß dieser Nostalgie sieht man am folgenden Beispiel nur zu gut: Ein glücklicher Besitzer einer echten Pepsi-Flasche aus der Sowjetzeit bot an, sie für 6 400 Rubel, also umgerechnet für 90 Euro, zu verkaufen. Dabei handelte es sich um ein bereits abgelaufenes Produkt, das jedoch scheinbar immer noch ein schönes Sammlerstück für Liebhaber von Klassikern darstellte.