Butter schlagen und Kühe melken: So sah der Alltag eines russischen Mädchens vor 100 Jahren aus

Ivan Kulikov/ Wikipedia
Wenn Sie glauben, einen schlechten Tag gehabt zu haben, weil Ihnen jemand auf den Fuß trat oder ein Arbeitskollege unhöflich zu Ihnen war, danken Sie Ihrem Schicksal, dass Sie nicht das Leben eines russischen Kindes vor einem Jahrhundert führen.

Die Hände sind rot und durch das Waschen im Fluss geschwollen. Zur gleichen Zeit weint ein kleines Kind zu Hause. Drei andere Kinder, die schon laufen können, haben sich in alle vier Himmelsrichtungen zerstreut. Man müsste ihnen etwas Mittagessen geben, doch zuerst müssen dazu die Schüsseln gereinigt, der Ofen angezündet und ein Gericht ausgedacht werden.

Bei dieser Beschreibung handelt es sich nicht um einen typischen Tag einer Mutter mit einer Großfamilie. Das ist die triste Existenz eines zehnjährigen Mädchens, das in einem russischen Dorf vor 100 Jahren lebte, als Kinderarbeit nicht als Ausbeutung galt und man im Alter von zehn Jahren nicht mehr als Kind galt.

Was uns heute wie ein Überlebenskampf erscheint, war damals durchaus normal.

Den Weg durch den Wald finden

Während wir heutzutage unsere Kinder einen solchen Ort nicht alleine, auch nicht mit Navigationssystem, betreten lassen würden, war das in der Vergangenheit üblich. Denn der Wald konnte einem und der eigenen Familie ein sorgenfreies Leben ermöglichen. Hierher wurden Kinder geschickt, um Beeren, Pilze, Kräuter und Kleinholz zu sammeln. Sie mussten also damals lernen, wie man sich schnell in Wäldern und Feldern zurechtfindet.

Eine Kuh oder eine Ziege melken

Alles begann vor 100 Jahren damit, dass sich ein Mädchen zunächst um die Hühner kümmerte und allmählich, im Alter von zehn Jahren, „alt genug“ war, um mit einer Kuh oder Ziege umzugehen. Dafür musste sie um fünf Uhr morgens aufstehen, die Tiere melken und sie dann auf die Weide schicken. Das war jedoch die einzige Arbeit, die ein zehnjähriges Mädchen machen musste, wenn es um Nutztiere ging. Das Aufräumen von Gülle sowie das Waschen und Weidenlassen von Tieren galten als Jungenarbeit.

Die Butter schlagen

Heute dauert dieser Vorgang mit Hilfe eines Mixers nur etwa zehn bis 15 Minuten. Damals dauerte er jedoch drei Stunden. Der ganze Prozess des Schaumigschlagens, wenn man nur Holzlöffel zur Hilfe hatte, war körperlich äußerst anstrengend und kam einer Folter gleich. Deshalb wechselten sich die Frauen und Mädchen in der Familie ab.

Die Kleidung im Fluss waschen

Jeder liebt es, im Sommer im Fluss zu baden. Selbst wenn man dabei Wäsche waschen muss, machte das den Mädchen für gewöhnlich großen Spaß. Im Winter jedoch, der sechs Monate dauerte, war das eine Geschichte, die weitaus weniger spaßig war, da die Hände durch das Waschen der Familienwäsche vor Kälte und Arbeit rot und geschwollen waren.

Fischköder

Ein weiterer Punkt auf der Liste der Fähigkeiten, die ein zehnjähriges Mädchen können musste, war es, Würmer auszugraben, die anschließend zum Angeln benutzt wurden.

Am Webstuhl sitzen

Man ging davon aus, dass ein Mädchen seine Mitgift selbst zusammenzutragen hatte. Das hieß, dass es mit diesem Prozess ungefähr ab dem Alter von zehn Jahren beginnen musste. So hatte es zum Zeitpunkt seiner Hochzeit die Chance, eine ansehnliche Mitgift mitzubringen und seinen Status als Braut zu erhöhen.

Alle Stoffe für Kleidung, Handtücher, Tischdecken und andere Dinge wurden von Hand gefertigt. Im Alter von sieben Jahren konnte ein russisches Mädchen bereits geschickt Flachs kämmen, Fäden daraus spinnen und sie auf Birkenspulen wickeln. Im Alter von zehn Jahren konnte es dann an einem Webstuhl arbeiten und Gürtel oder bestickte Handtücher herstellen. In der Regel arbeiteten alle Frauen in der Familie während des Winters zu Hause, da es auf dem Feld keine Arbeit gab.

Kinder hüten

Mit Sicherheit lässt sich sagen, dass in der Vergangenheit Kinder sogar auf die Rolle als Eltern vorbereitet waren, da das Hüten der jüngeren Kinder meist die Aufgabe der älteren Geschwister war, auch wenn nur ein paar Jahre zwischen ihnen lagen. Das geschah beispielsweise dann, wenn alle Erwachsenen auf den Feldern arbeiteten. In vielen Familien hatte ein zehnjähriges Mädchen in dieser Zeit ein Baby zu füttern, was aus einem Roschok, einer selbstgemachten Flasche aus dem Horn einer Kuh oder eines Widders, geschah. Zudem musste es aus einem gekauten Brot sowie einem kleinen Stück Stoff einen Schnuller machen. Manchmal musste sie auch noch die Kinder anderer Familien hüten.

Den Boden schrubben, die Bänke putzen und die Teppiche ausklopfen

Daheim Ordnung zu halten war sehr wichtig. Den Mädchen wurde sehr früh in ihrem Leben beigebracht, die Hausarbeit selbstständig zu erledigen. Darunter fielen das Bettenmachen, das Ausklopfen der Teppiche, das Saubermachen des Bodens, das Waschen der Bänke und das allgemeine Putzen.

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