Vier gruselige Fälle aus den Krankenakten russischer Herrscher

Jeder Mensch wird im Laufe seines Lebens mal krank, die Herrscher und Erben des größten Landes der Welt bilden da keine Ausnahme. Russia Beyond erzählt Ihnen etwas über vier bewegenden Krankheitsgeschichten.

Als der Herrscher Paul der Erste im Jahr 1801 in seiner Burg starb, war die offizielle Ursache ein Schlaganfall, obwohl viele Russen – zu Recht, wie sich herausstellte – vermuteten, dass der Zar von einer Gruppe Aristokraten ermordet worden sei. Die offizielle Geschichte schien jedoch plausibel: Trotz der turbulenten russischen Geschichte haben chronische Krankheiten mehr Herrscherleben gekostet, als gewaltsame Umstürze.

Peter der Große: neurologische Probleme, Asthma und Nierenerkrankungen

Peter I.

Laut Zeitgenossen hatte Peter der Große „schöne Gesichtszüge und eine edle Haltung“ und war über zwei Meter groß. Der Zar erfreute sich dennoch keiner guten Gesundheit. Er war für seinen gewaltigen Körper zu dünn und litt in seinen 52 Lebensjahren an verschiedenen Krankheiten.

Von Zeit zu Zeit schien der russische Herrscher ohne Grund wütend zu werden. Bei einer Parade, schrieb einst ein dänischer Gesandter, griff der Zar einen Soldaten mit einem Schwert an, während er selbst immer wieder Grimassen schnitt und am Körper zitterte. Zu dieser Zeit litt Peter I. an starken Krampfanfällen, die nur seine Frau und Nachfolgerin Katharina I. aufzuhalten vermochte.

Schließlich starb Peter I. im Jahr 1725, doch noch heute diskutieren Forscher über die Gründe für sein Verhalten. Nikolaj Puchowskij, ein zeitgenössischer Psychologe, schlägt Epilepsie als Krankheitsursache vor. Andere Fachleute, die der Schriftsteller Boris Akunin zitiert, spekulierten, dass der Zar am Tourette-Syndrom litt. Akunin merkte an, dass keine dieser Krankheiten, die dem Zaren das Leben schwer machten, seine „intellektuelle Aktivität" beeinträchtigten.

Neben neurologischen Beschwerden litt Peter I. an Asthma und musste regelmäßig Mineralquellen aufsuchen, um es zu behandeln. Sein Tod wurde jedoch durch eine Nierenerkrankung verursacht, die sich verschlechterte, als der Zar mehrere Seeleute von einem sinkenden Boot rettete.

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Alexei Romanow, der Sohn des Zaren Nikolai II.: Hämophilie

Kronprinz Alexei

Alexei Romanow, der einzige Sohn des letzten russischen Zaren, Nikolai II., kam nie dazu, den Thron zu besteigen. Seine schwere Krankheit, die Hämophilie, die er von seiner Mutter Alexandra, einer Enkelin der englischen Königin Victoria, geerbt hatte, stellte die Aussicht auf den Thron immer wieder in Frage.

Denn durch die Krankheit war potentiell jeder Schnitt und jede Prellung für Alexei lebensbedrohlich, da sein Blut nicht richtig gerann und so die Blutung nicht stoppte. Nikolai II. hatte zwei Wachen, die seinen Sohn und Thronerben überallhin begleiteten, doch auch sie konnten nicht alle Risiken abwenden. Im Laufe seines Lebens erlitt Alexei mehrere Male Verletzungen, die ihn an den Rand des Todes brachten.

Im Jahr 1917, als er zwölf Jahre alt war, erklärte ein Arzt des Königshofes, dass Alexei durch seine Krankheit „wahrscheinlich nicht älter als 16 Jahre alt“ werde. Die Frage, ob er diese Vorhersage hätte überleben können, stellte sich bereits ein Jahr später, einen Monat vor seinem 14. Geburtstag im Juli 1918, nicht mehr. Alexei wurde zusammen mit dem Rest der Zarenfamilie von bolschewistischen Revolutionären ermordet.

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Wladimir Lenin: progressive Atherosklerose

Wladimir Lenin

In weniger als zwei Jahren brach bei Wladimir Lenin, dem Führer der Oktoberrevolution von 1917, eine mysteriöse Krankheit aus. Er erlitt im Mai 1922 seinen ersten Schlaganfall, was zu Lähmung und Sprachverlust führte – ein Zustand, der für den aktiven und eloquenten Revolutionär erniedrigend gewesen sein musste.

Während des Jahres 1922 gelang es Lenin, sich zu erholen und zur Arbeit zurückzukehren. Doch bereits im darauffolgenden Jahr musste er den Kreml verlassen und seine Verpflichtungen abgeben. Anschließend verbrachte er, da sich sein Gesundheitszustand rasch verschlechterte, einige Monate in seiner Residenz in Gorki. Die besten Ärzte, darunter einige Deutsche, konnten jedoch nicht feststellen, was die Ursache für die Erkrankung des bolschewistischen Führers war.

Der Wissenschaftler Jurij Lopuchin äußert sich folgendermaßen in seinem Buch über Lenins Tod, der im Jahr 1924 im Alter von 53 Jahren eintrat: „Nach und nach diagnostizierten die Ärzte den Patienten mit drei Krankheiten, die er nicht hatte – Neurasthenie, eine chronische Bleivergiftung und Neurosyphilis – und führten falsche Behandlungen durch.“ Eine Autopsie ergab, dass Lenin an einer fortschreitenden Atherosklerose starb, die zum Teil auf Schäden des Herz-Kreislauf-Systems, welche durch ein Attentat im Jahre 1918 erlittene Verletzungen verursacht wurden, zurückzuführen waren.“

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Leonid Breschnew: Probleme mit dem Nervensystem und dem Herzen

Leonid Breschnew

Der am längsten amtierende Generalsekretär der Sowjetunion konnte selbst beobachten, wie es mit seiner Gesundheit in den letzten 18 Jahren seiner Amtszeit zunehmend bergab ging. Die Sowjetbürger machten, als sie ihr Staatsoberhaupt, das kaum gehen konnte, im Fernsehen murmeln sahen, sogar darüber Witze, dass Breschnew „unbewusst das Land regiere“. Die meisten von ihnen wussten nicht, dass Breschnew schon, bevor sich seine Symptome zu zeigen begannen, lange krank war.

„Hätte er, metaphorisch gesprochen, als Postbote und nicht als Politiker gearbeitet, wäre er länger am Leben geblieben“, stellt der Historiker Victor Dönninghaus fest. Seinen Worten zufolge hatte Breschnew im Jahr 1951 seinen ersten Herzinfarkt, also mehr als ein Jahrzehnt vor dem Beginn seiner leitenden Funktion bei der Kommunistischen Partei. Auch die jahrelangen Überstunden bei der Arbeit, die Angewohnheit, durchgehend zu rauchen und die ständige nervöse Anspannung forderten ihren Tribut. Ab den späten 1970er Jahren konnte Breschnew nicht ohne Medikamente, die sein Herz schädigten, schlafen.

Es ist durchaus möglich, dass sich Breschnews Gesundheitszustand verbessert hätte, wenn er in Rente gegangen wäre, doch er zog diese Option nicht in Betracht. „Er hatte nicht genug Mut, sich zurückzuziehen und musste bis zu seinen letzten Tagen der Anführer bleiben“, erklärt der Historiker Andrej Sawin. Schließlich starb Breschnew im November des Jahres 1982 im Alter von 75 Jahren an einem weiteren Herzinfarkt.

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