Todesmut: Russische Piloten und ihre legendären Rammattacken

Geschichte
BORIS JEGOROW
Ein Flugzeug während eines Luftkampfes zu rammen erforderte sehr viel Mut vom Piloten. Russische und sowjetische Piloten waren die ersten, die dieses Manöver auf alle Arten probiert haben. Die meisten von ihnen ließen dabei ihr Leben.

Der erste Pilot

Kapitän Peter Nesterow war der erste russische Pilot und der erste Mensch überhaupt, der eine Rammattacke im Kampf ausführte.

Während des Ersten Weltkrieges, am 26. August 1914, flog ein österreichisches Flugzeug über ein russisches Flugfeld in Galizien in der Absicht, dieses zu bombardieren. Nesterow reagierte sofort, stieg mit seinem einsitzigen Leichtflugzeug auf und flog auf den Feind zu.

Der russische Pilot war nicht auf einem Selbstmordkommando, sondern er hatte vor, sich über dem feindlichen Flugzeug zu positionieren und es mit seinem Fahrgestell zu treffen. Der Schlag traf das österreichische Flugzeug in der Mitte, doch bei der anschließenden Explosion starben sowohl Nesterow als auch der Feind.

Der erste Überlebende

Während Peter Nesterow bei seiner Rammattacke starb, gelang es Alexander Kasakow als erstem Piloten, ein vergleichbar riskantes Manöver lebend zu überstehen. 1915 rammte er eine deutsche Albatros-Maschine und brachte sein eigenes Flugzeug sicher zu Boden.

Unglücklicherweise endete Kasakows Leben kurz nach dieser Heldentat. Während des russischen Bürgerkrieges kämpfte er gegen die Rote Armee. Im August 1919 beging er mutmaßlich Selbstmord, indem er sein Flugzeug abstürzen ließ. Er hatte angeblich den Rückzug britischer Truppen aus Murmansk nicht verkraftet.

„Feuer-Taran“

Bei diesem Selbstmordmanöver, bekannt als „Feuer-Taran“, steuert ein Pilot sein brennendes Flugzeug auf feindliche Ziele am Boden oder im Wasser. Erstmals wurde dieses Manöver am Chalchin Gol am 5. August 1939 geflogen, während des sowjetisch-japanischen Grenzkonfliktes.

Michail Jujukin war hinter der japanischen Armee, um Bomben zu werfen, als sein Flugzeug getroffen wurde und der Absturz begann. Ihm wurde klar, dass es unmöglich war, den Standort der eigenen Truppen zu erreichen. Mit der Möglichkeit vor Augen, als Kriegsgefangener zu enden, wies er die Besatzung an, abzuspringen und steuerte die Maschine in eine große Gruppe japanischer Soldaten.

Während des Zweiten Weltkrieges war „Feuer-Taran“ weit verbreitet unter sowjetischen Soldaten. Vom sowjetischen Befehlskommando wurde dazu nicht offiziell ermutigt, da es unnötige Verluste unter den sehr gut ausgebildeten Piloten bedeutete. Dennoch wurden diese Piloten nach dem Krieg stets posthum ausgezeichnet.

In Japan wurde „Feuer-Tartan“ eine der wichtigsten Waffen gegen Ende des Krieges. 1944 erfolgte unter den Piloten sogar der Aufbau spezieller Selbstmord-Einheiten, die inoffiziell als „Kamikaze“ bezeichnet wurden.

Nächtliche Rammattacken

In der Nacht vom 7. August 1941 rammte Wiktor Talalichin einen deutschen Heinkel He 111 Bomber mit seinem I-16 Kampfflugzeug im großen Luftkampf um Moskau. Dies war eine der ersten Rammattacken, die in der Nacht ausgeführt wurden. Verwundet landete Talalichin mit seinem Fallschirm in einem nahegelegenen Fluss und gelangte zu seiner Truppe zurück. Er starb zwei Monate später im Kampf.

Das I-16 Kampfflugzeug, mit dem der sowjetische Pilot die deutsche Maschine gerammt hatte, wurde erst 2014 in einem Wald bei Moskau entdeckt.

Die erste (und einzige) Attacke einer Frau

Am 12. September 1941 war Jekaterina Selenko mit einem Leichtflugzeug auf einem Erkundungsflug in der Nähe der ukrainischen Stadt Romny unterwegs. Dort wurde sie von sieben deutschen Bf-109-Kampfflugzeugen angegriffen.

Nachdem sie ein gegnerisches Flugzeug attackieren konnte, hatte Selenko keine Munition mehr. Daher steuerte sie ihre Maschine in einen feindlichen Kampfflieger und tötete dabei den deutschen Piloten und sich selbst.

Jekaterina war und ist die einzige Frau, die jemals eine Rammattacke in der Luft ausgeführt hat.

Die erste Attacke mit einem Jet

Am 23. November 1973 drang eine iranische F-4 Phantom über der Mugansteppe unerlaubt in den sowjetischen Luftraum ein.

Die Maschine war auf einem Erkundungsflug im Rahmen des amerikanisch-iranischen Projektes „Dark Gene“, einem Luftaufklärungsprogramm gegen die Sowjetunion.

Ein Überschalljet vom Typ MiG-21SN mit Gennadij Jelissejew am Steuer wurde losgeschickt, um das iranische Flugzeug mit allen Mitteln aufzuhalten.

Nachdem alle Raketen das Ziel verfehlt hatten, berührte Jeliseew die Heckflosse der Phantom mit dem Flügel seiner eigenen Maschine.

Diese erste Rammattacke mit einem Jet endete mit dem Absturz der F-4. Der Pilot konnte sich mit dem Schleudersitz retten und wurde gefangen genommen. Die MiG hingegen zerschellte an einem Berg, Jelissejew überlegte nicht.

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