Fünf Ziele: Auch in Russland gab es Pläne zur Kolonialisierung Amerikas und Afrikas

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Stellen Sie sich vor, die Karibik sei einst eine russische Kolonie gewesen oder Hawaii hätte zum Russischen Reich gehört. Tatsächlich wäre es Russland einige Male fast gelungen, sonnige Inseln wie Tobago oder Haiti zu kolonisieren.

1. Tobago

Diese Karibik-Insel hätte zum russischen Überseegebiet gehören können. Einst war sie Teil von Kurland, einem Herzogtum, das vom 16. bis zum 18 Jahrhundert im Baltikum existierte. Der kurländische Herzog Jakob Kettler richtete in Afrika und der Karibik einige Kolonien ein, darunter Tobago.

Tobago von Von Romeyn de Hooghe, Amsterdam, 1677.

Im 18. Jahrhundert wurde Kurland Teil Russlands. Man hätte nun erwarten können, dass damit auch die Kolonien ans Russische Reich fielen. Doch diese standen bereits unter britischem Einfluss, da der Herzog sie im 16. Jahrhundert als Sicherheit für Darlehen aus London angegeben hatte. Katherina II versuchte im späten 18. Jahrhundert unter Berufung auf die Verbindungen zu Kurland mehrfach, Einfluss in Tobago zurückzugewinnen, doch ihre Bemühungen waren vergeblich.

2. Kalifornien

In Amerika gab es neben Alaska, das 1867 an die USA verkauft wurde, noch weitere russische Gebiete in Kalifornien. Fort Ross war ein Außenposten der Russisch-Amerikanischen-Handelskompanie an der Westküste Nordamerikas im heutigen Sonoma County. Von 1812 bis 1841 hatte die landwirtschaftliche Siedlung die Aufgabe, Alaska zu beliefern. Fort Ross hatte im Jahr 1836 260 Einwohner. Die russische Präsenz in Kalifornien war Spanien und Mexiko ein Dorn im Auge, doch gewaltsam wollte man die Russen nicht vertreiben.

Fort Ross

Die indigenen Bewohner des Gebietes und die Russen sollen in friedlicher Koexistenz gelebt haben. In den späten 1830er Jahren fand die Russisch-Amerikanische Handelskompanie neue Wege, Alaska zu versorgen. Fort Ross war überflüssig geworden und wurde für damals 20 000 Dollar, teils in Gold, an den amerikanischen Geschäftsmann John Sutter verkauft.

Der Vorschlag des Kompanie-Angestellten Dmitri Sawalischin kam zu spät. Er hatte einen Bericht für Zar Alexander I erstellt und vorgeschlagen, das russische Gebiet in Kalifornien auszuweiten, um den Einfluss Russlands, auch in wirtschaftlicher Hinsicht, zu stärken. Russische Leibeigene sollten dort das Land bewirtschaften und im Gegenzug die Freiheit erhalten.

3. Haiti

Sawalischyns Plan, Fort Ross auszuweiten, wurde von den Behörden abgelehnt. Er gab jedoch nicht auf und schlug vor, eine russische Kolonie in Haiti zu gründen. Er entwickelte diesen Plan gemeinsam mit dem ehemaligen französischen General Jacque Boye, der in Russland nach Napoleons Eroberungsversuch 1812 in Gefangenschaft geraten war. Zuvor hatte er in der ehemals französischen Kolonie Haiti gedient.  

Der Vorschlag von Sawalischyn und Boye ließ die Russisch-Amerikanische-Handelskompanie aufhorchen. 1826 sollte eine Expedition nach Haiti geschickt werden. Doch die Geschichte hatte andere Pläne. Im Dezember 1825 putschte ein Teil des russischen Adels gegen den Zaren. Der Aufstand wurde niedergeschlagen. Sawalischyn wurde wegen seiner angeblichen Verbindungen zu den Aufständischen in die Verbannung nach Sibirien geschickt. Der Haiti-Plan war gestorben.  

4. Hawaii

Die Russisch-Amerikanische Handelskompanie blieb umtriebig und traf ein Abkommen mit dem Stammesführer von Kauai, der viertgrößten Insel Hawaiis. Die Insel sollte ein russisches Protektorat werden. Von 1816 bis 1817 entstanden drei russische Festungsanlagen auf der Insel. Eine davon trug den Namen des Zaren Alexander I, eine andere den seiner Gemahlin Elisabeth. Ein Fluss der Insel wurde in Don umbenannt.

Fort Elisabeth

In Sankt Petersburg war man weniger begeistert, das russische Außenministerium lehnte die Pläne der Russisch-Amerikanischen Handelskompanie ab. „Der Zar ist der Ansicht, dass die Übernahme dieses Gebietes Russland keinen wesentlichen Nutzen bringen wird. Im Gegenteil, es muss mit Unannehmlichkeiten gerechnet werden”, lautete die Begründung. Der Zar wollte möglicherweise die Beziehungen zu den Briten und Amerikanern nicht belasten, die in dieser Region eigene Interessen verfolgten.   

5. Somalia

Obwohl die Offiziellen in Russland auch diese Bestrebungen nicht unterstützten, gab es einige Gruppierungen in Russland, die nun einen Teil von Afrika haben wollten. Im Jahr 1888 versuchten russische Kosaken den Franzosen ein Stück von Somalia wegzunehmen. 150 Kosaken unter dem Kommando von Nikolai Aschinow, der als Abenteurer bekannt war, machten sich von Odessa aus auf den Weg nach Afrika. Sie bezogen Stellung in einer alten ägyptischen Festung, deklarierten das rund 50 x 100 Kilometer große Stück Land als russisch und nannten es „Neues Moskau”.

Das russische Fort in Sagallo

Russland und Frankreich waren damals Verbündete, so dass die Franzosen erstaunt waren. Vor Ort wartete man auf Anweisung aus Paris. Dort beratschlagte man mit Sankt Petersburg, wie man mit Aschinow verfahren solle. Die Russen entschieden sich, den Abenteurer zu opfern und gaben grünes Licht für einen Angriff der Franzosen, die die Festung daraufhin bombardierten. Die Russen wurden zurück in ihre Heimat geschickt. Aschinow ging drei Jahre ins Exil. Er war ein hartnäckiger Mensch und versuchte weiterhin den Zaren davon zu überzeugen, Land in Afrika zu nehmen, doch er blieb erfolglos.

>>> Mythos oder Fakt: War Alaska eigentlich nur verpachtet und nie verkauft?

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