Vor Lachen gestorben: Witze über Stalin, die strafbar waren

Sputnik, Freepik
Sich in der UdSSR über Josef Stalin lustig zu machen, konnte tödlich enden. Doch das hielt die Sowjetbürger nicht davon ab, weiter Witze über ihn zu erzählen.

In der Sowjetunion der 1930er und 1940er Jahre konnte es passieren, dass Ihre Zeit abgelaufen war, wenn Sie einem Freund einen Witz über die Führer der Kommunistischen Partei oder, Gott bewahre, gar über Stalin erzählt haben und wenn dieser „Freund“ hinterhältig genug gewesen ist, Sie deshalb bei den Behörden anzuschwärzen. 

Archivmaterial beweist (rus) zum Beispiel, dass ein Sergei Popowitsch 1947 zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt wurde, weil er sechs antisowjetische Witze erzählt hatte. Er hatte noch Glück im Unglück, wie die Philologin Alexandra Archipowa gegenüber „Radio Liberty” erklärt: „In den 1940er Jahren wurden Menschen wegen antisowjetischer Propaganda und konterrevolutionärer Witze auch zum Tode verurteilt.” Es ist also nicht weit hergeholt, dass Humor auch tödlich enden kann. Was waren das für Witze, die so lebensgefährlich waren? Da die 1940er Jahre lange zurückliegen, konnten wir einige für Sie übersetzen. Keine Angst, es kann nichts mehr passieren. 

Verdorbenes System 

Eine sowjetische Familie, 1931

Einige Witze betrafen die Unzulänglichkeiten des sozialistischen Systems. Hier ist einer, den der unglückselige Popowitsch erzählt haben soll: 

Eine alte Dame sieht zum ersten Mal in ihrem Leben ein Kamel und fängt an zu weinen. „Oh, armes Pferd, was hat die Sowjetmacht aus Dir gemacht ...“

Häufig wurde sich auch über die Sowjetpropaganda lustig gemacht, die nur über die Sonnenseiten des Sozialismus informierte und über Probleme schwieg. 

Die Geister von Alexander dem Großen, Julius Caesar und Napoleon verfolgen die Parade auf dem Roten Platz. „Wenn ich sowjetische Panzer gehabt hätte, wäre ich unbesiegbar gewesen!", sagt Alexander. „Wenn ich sowjetische Flugzeuge gehabt hätte, hätte ich die ganze Welt erobert!", sagt Caesar. Und Napoleon sagt: „Wenn ich die Prawda [die wichtigste sowjetische Zeitung] gehabt hätte, hätte die Welt nie von Waterloo erfahren!”

Der sowjetische Sozialismus war in der Theorie gut, versagte jedoch in der Praxis. Häufig herrschte Güterknappheit. Die Menschen in der Sowjetunion nahmen es mit Humor.  

„Was wird passieren, wenn wir den Sozialismus in die Sahara bringen?” „In den ersten 50 Jahren wird nichts geschehen, nur Planung und Reden. Dann wird es plötzlich in der Sahara keinen Sand mehr geben.” 

Stalin der Schreckliche 

Sokolniki-Park in Moskau

In den 1920er und 1940er Jahren war der allmächtige Stalin einer der wichtigsten „Helden“ der Witze. Die Leute erzählten sie sich jedoch nur leise und hinter vorgehaltener Hand. Üblicherweise wurde Stalin als äußerst grausamer Mensch dargestellt, den jeder fürchtete. 

Stalin hält eine Rede vor einem großen Publikum im Kreml. 

Plötzlich niest jemand.

Stalin: „Wer war das?“ 

(Alle zittern, niemand wagt, zu gestehen.)  

Stalin: „Erste Reihe, aufstehen und gehen. Ihr werdet hingerichtet.“ 

(Beifall)

Stalin: „Also, wer war es?“

(Weiter Stille) 

Stalin: „Zweite Reihe, aufstehen und gehen. Ihr werdet hingerichtet.“ 

(Stehende Ovationen und der Ruf: „Sei gegrüßt, großer Stalin!”)

Stalin wieder: „Wer war es?”

In der letzten Reihe steht zitternd ein Mann auf und sagt: „Ich war es, es tut mir leid.”

Stalin: „Kein Problem. Gesundheit, Genosse.”

Die Verstaatlichung der sowjetischen Landwirtschaft und Umwandlung in Kolchosen kostete zahllosen Bauern das Leben. Auch das wurde in Witzen thematisiert. 

Einmal hatte Stalin Mäuse in seinem Büro im Kreml. Niemandem gelang es, sie zu verjagen. Also gab ein Freund Stalin einen Rat: „Proklamieren Sie einfach, dass Ihr Kabinett eine Kolchose ist. Die Hälfte der Mäuse wird blitzschnell davonlaufen und die andere Hälfte wird verhungern!“ 

Gleichzeitig wurde Stalin weiterhin von der offiziellen staatlichen Propaganda gepriesen, was ebenfalls für Spott sorgte. 

Der alte Rabinowitsch geht zu einer Versammlung mit einem Schild, auf dem steht: „Danke, Genosse Stalin, für meine glückliche Kindheit!“ Ein Polizist sieht es: „Kamerad, das ergibt keinen Sinn. Du bist zu alt. Als Du ein Kind warst, war Stalin noch nicht geboren.” „Ja, und meine Kindheit war wirklich glücklich ohne ihn. Dafür bin ich ihm dankbar.”  

Gefängniswitze 

Notübernachtung für Obdachlose, 1920

Selbst wenn das Witzeerzählen ins Gefängnis führen konnte, verlor das sowjetische Volk nicht den Humor. Es gab nur ein neues Thema in den Witzen. 

Zwei Gefangene treffen sich in einer Gefängniszelle. „Warum bist du hier?' „Wegen Faulheit.“ „Was?“ „Mein Freund und ich haben uns den ganzen Abend politische Witze erzählt und dann bin ich schlafen gegangen. Mein Freund war jedoch nicht faul und ging zur Polizei und hat mich verraten, bevor ich ihn verraten konnte. Also bin ich hier.”

1937 treffen sich zwei sowjetische Richter direkt vor dem Gerichtssaal. Es wird laut gelacht. „Hallo Kamerad, worüber lachst du?" „Ich habe gerade den witzigsten Witz aller Zeiten gehört.” „Erzähl!” „Nein, ich kann nicht, ich habe gerade einen Mann zu zehn Jahren im Gulag verurteilt, weil er ihn erzählt hat ..." 

Auch nach Stalins Tod und in weniger grausamen Zeiten erzählten die Sowjetbürger weiter Witze. Es gibt zum Beispiel viele lustige Anekdoten über Leonid Breschnew, der von 1964 bis 1982 die UdSSR regierte. Es gibt davon so viele, dass wir daraus einen eigenen Artikel gemacht haben:

>>> Leonid Breschnew: Kalauer eines Politiker-Lebens

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