Angewandte Karate: Ein Kubaner hat KGB Agenten für den realen Einsatz getrimmt

Sergei Kiwrin/Sputnik, Archivfoto
Raul Riso aus Kuba hat auf der Grundlage des klassischen Karate Ende der 1970er Jahre eine effektive Kampftechnik für den Einsatz in realen Auseinandersetzungen entwickelt. Diese wird bis heute bei der Ausbildung russischer Spezialeinheiten angewandt.

Einen echten KGB-Agenten haben wohl die wenigsten von uns jemals getroffen. Dennoch besteht kein Zweifel daran, dass diese sicher in der Lage waren, sich selbst zu verteidigen. Einige von Ihnen kennen vielleicht sogar die russische Erfindung „Sambo”, eine Abkürzung von „Samosaschtschita Bes Oruschija”, zu Deutsch „Selbstverteidigung ohne Waffen”, aber deshalb nicht weniger gefährlich. Der moderne Sambo hat jedoch nichts mehr mit den Sambo-Kampftechniken gemeinsam, wie sie nach dem Zweiten Weltkrieg angewandt wurden. 

Es begann, als die Sowjets noch effektivere Methoden im Kampf einsetzen wollten, als Schläge und Tritte. Die UdSSR würde sich keinesfalls mit anderen als sozialistischen Brüderstaaten austauschen und so war es ein glücklicher Zufall, dass 1978 bei einem offiziellen Staatsbesuch in Kuba der sowjetischen Delegation Domingo Rodríguez Oquendo, besser bekannt als Raul Riso, vorgestellt wurde. Sein „angewandtes Karate” bildete von diesem Tag an die Grundlage für die Selbstverteidigungsausbildung beim KGB. 

Karate im realen Kampfeinsatz 

Präsident Fidel Castro lud damals den stellvertretenden Vorsitzenden des KGB, Wladimir Piroschkow, zu einer Trainingseinheit seiner Sicherheitskräfte und Leibwächter ein. Die Grundlage für das Training der Spezialeinheiten war das „operationelle Karate“ von Raul Riso. Dieser war ein Vertreter des klassischen okinawanischen Stils von Jyoshinmon Syorin-Ryu, den er in den 1960er Jahren in Japan kennengelernt hat. Als Karatemeister kehrte er nach Kuba zurück. 

Riso hielt klassisches Karate jedoch für eine Sportart und ungeeignet für den Einsatz im realen Kampf. Basierend auf Jyoshinmon Syorin-Ryus Lehre entwickelte er einen Kampfstil für Spezialeinheiten, das Militär und die Polizei.  

Der Kubaner übernahm dafür die gefährlichsten Karatebewegungen, die der Neutralisierung des Feindes dienten. Er konzentrierte sich darauf, besonders sensible Körperstellen zu treffen und bestimmte Tricks anzuwenden. Kubanische Soldaten waren auf der ganzen Welt im Einsatz und nach Risos Kampfstil ausgebildet. Sie konnten bestätigen, dass es eine sehr nützliche Methode war. 

„Karate ist eine Waffe der Revolution war zu dieser Zeit ein beliebtes Motto in Kuba. „Raul Riso ist der einzige Meister, der die beherrschten Bewegungen des japanischen Karate in ein Kampftraining integriert hat”, sagt (rus) Juri Marjaschin, ein russischer Schüler des Meisters. Er betont: „Riso hat all seine Erfahrungen aus Einsätzen in Angola, Mosambik und Nicaragua eingebracht.“ Waleri Welischko, Generalmajor der Staatssicherheit (und Autor des Buches „Von Lubjanka in den Kreml: Nichttouristische Reisen um die Welt“ aus dem Jahr 2015), sagt: „Experten haben festgestellt, dass Risos Karate, wie es die kubanischen Spezialeinheiten praktizierten, allen anderen Kampftechniken im Westen und sogar traditionellen östlichen überlegen ware.” 

Unterricht beim KGB 

Obwohl die offizielle Haltung der UdSSR zum japanischen Karate umstritten war (die sowjetischen Behörden versuchten es einige Male als kapitalistischen Sport zu verbieten), war Piroschkow von Risos Stil sehr beeindruckt. Nach seiner Rückkehr berichtete er dem Leiter des KGB, Juri Andropow, davon. 

Anschließend lud der KGB Riso ein, seine Offiziere auszubilden, die zuvor Sambo angewandt hatten. Der Meister kam im November 1978 mit seinem Assistenten und Studenten Ramiro Chirino nach Moskau und hielt in den nächsten drei Monaten täglich 12-stündige Schulungen für KGB-Offiziere und Ausbilder ab. Im Februar 1979 bestanden 50 seiner Schüler die Prüfung und erreichten offiziell den Status eines Lehrers für operatives Karate. Nur wenige haben die Qualifikation eines Lehrers für den Jyoshinmon Syorin-Ryu-Stil – Juri Marjaschin (brauner Gürtel) und Waleri Samoilow (grüner Gürtel). 

Marjaschin entwickelte später noch eine eigene Variante für die Nahkampfausbildung beim KGB. Einige Jahre später, 1982, reisten KGB-Agenten erneut zu einem Training in operativem Karate nach Kuba. 

1989 wurden kubanische Spezialisten nach Moskau eingeladen, um die Fähigkeiten der Leibwächter von Präsident Michail Gorbatschow zu testen. Die russischen Sicherheitskräfte haben Risos Kampftechnik weitergeführt. Damit ist Russland neben Kuba das einzige Land, in dem diese Technik angewandt wird. 

Im Februar 1990 entstand, damals noch in der UdSSR, ein Jyoshinmon-Syorin-Ryu-Verband. Im Juli 1991wurde die Jyoshinmon-Syorin-Ryu-Schule der UdSSR gegründet. Beide Organisationen wurden von Juri Marjaschin geleitet.

Im Jahr 2004 sagte (rus) Raul Riso: „Wenn es darum geht, operatives Karate in der Praxis einzusetzen, gibt es niemanden, der dabei besser ist als die Russen.“ Riso starb 2011. Die russischen Sicherheitskräfte behalten ihn als weisen und bescheidenen Lehrer in Erinnerung. 

>>> Blutige Kampfkunst: Warum Karate in der Sowjetunion verboten wurde

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