Spielen mit Puppen und kratzen der Fersen: die seltsamen Gewohnheiten der russischen Zaren

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Die russische Zaren waren auch nur Menschen, was bedeutet, dass jeder von ihnen seine eigenen Macken und Gewohnheiten hatte, von denen er sich nicht trennen konnte oder wollte.

  1. Peter I. und die Spanndecken 

Peter I. und sein Schrank

Peter der Große (1672 – 1725), der Reform-Zar zwang den russischen Adel, überholte Traditionen aufzugeben und sich dem europäischen Stil anzupassen. Seine Kindheit verlief jedoch der vollkommen altrussischen Atmosphäre des herrschaftlichen Wohnsitzes im Dorf Preobraschenskij, wo er mit seiner Mutter Natalia Naryschkina lebte. Die russischen herrschaftlichen Wohnsitze verfügten über mehrere Zimmer, aber die Räume waren klein und die Decken niedrig, so war es einfacher, sie zu heizen. Als Jugendlicher zog Peter in den Poteschnij-Palast, seinen persönlichen Lustpalast, der ebenfalls kleine Räume mit niedrigen Decken und Türen hatte. 

Seitdem haben die Diener des Zaren überall dort, wo Peter sich aufhielt, wenn seiner Meinung nach die Decken im Raum zu hoch waren, mitgebrachte Leinwände gespannt und eine improvisierte Spanndecke eingezogen – damit der Herrscher sich wohlfühlt. Peter liebte trotz seiner enormen Größe die Enge. Als er im holländischen Zaandam wohnte und das Schiffswesen studierte, schlief er nach holländischer Tradition in einem Schlafzimmerschrank, der bis heute erhalten geblieben und ein beliebtes Museumsstück ist.

  1. Zarin Elisabeth und das Kratzen der Fersen 

Zarin Elisabeth

Das „Fersenkratzen“ war bis zum späten 19. Jahrhundert bei der russischen Provinzaristokratie sehr beliebt. 

Die Zarin Elisabeth (1709 – 1762) eignete sich diese bäuerliche Gewohnheit an, als sie in Alexandrowaja Sloboda, einem alten Anwesen der Moskauer Fürsten, lebte. Elisabeth musste zu Beginn der Herrschaft ihrer Cousine Anna (1693 – 1740) für einige Zeit dort wohnen. Dort verbrachte die Zarentochter viel Zeit mit den Bauern, schreckte sogar vor einfacher Arbeit nicht zurück und gewöhnte sich an das nächtliche Kratzen an den Fersen. Diese Gewohnheit nahm sie nach St. Petersburg mit, als sie selbst Zarin wurde. Sie betraute mit dieser nicht sehr edlen Tätigkeit besonders nahestehende Mitglieder des Hofes – die Ehefrauen der ersten Kanzler, Admirale und Räte des Reiches. Diese Damen wetteiferten und kämpften um dieses „Vorrecht“.

  1. Peter III. und das ungebührliche Spielen mit Puppen 

Peter III.

Der zukünftige Zar und Ehemann der späteren Katharina der Großen, Peter Fjodorowitsch (1728 – 1762), erfuhr in seiner Kindheit eine traditionelle preußische Erziehung, die durch Grausamkeiten und Einschränkungen geprägt war. Der Großherzog hatte eigentlich keine normale Kindheit – vielleicht ist das der Grund, warum er, als er bereits ein junger Mann war, zu seiner Kindheitsbeschäftigung zurückkehrte. Der preußische Diplomat in Russland Carl Wilhelm von Finckenstein schrieb 1748, als Peter 20 Jahre alt war: „Jeden Tag spielt er für ein paar Stunden mit Puppen und Marionetten. Diejenigen, die ihm zur Seite gestellt sind, hoffen, dass er mit zunehmendem Alter von tiefergehenden Ideen durchdrungen werde, aber es scheint mir, dass sie diese Hoffnung sich nicht erfüllen wird.“  

Man versuchte, die Puppen des Zaren zu verstecken, aber das half nicht. Katharina II. schrieb über die Zeit, in der ihr Mann noch nicht Zar war: „Spielzeug, Puppen und andere kindliche Vergnügungen, die er leidenschaftlich liebte: Am Nachmittag waren sie in meinem Bett und darunter versteckt. Der Großherzog ging als erster nach dem Abendessen in seine Gemächer und sobald wir im Bett waren, schloss die Kammerfrau Kruse die Tür ab und der Großherzog spielte sodann bis ein oder zwei Uhr morgens; ich musste wohl oder übel an dieser wunderbaren Unterhaltung auf die gleiche Weise teilnehmen wie Kruse.

  1. Katharina die Große und der zu starke Kaffee 

Katharina II.

Zarin Katharina II. (1729 – 1796) war eine begeisterte Kaffeetrinkerin. Jeden Morgen begann sie mit zwei Tassen, jede davon mit 5 – 6 Teelöffeln gemahlenem Kaffee gebrüht! Den Kaffeesatz, der von der Kaffeezeremonie der Zarin übrig blieb, erhielten ihre Diener, die daraus noch zwei- oder gar dreimal das duftende Getränk brauten. 

Im 18. Jahrhundert galt Kaffee ausschließlich als Männergetränk. Durch das regelmäßige Kaffeetrinken unterstrich Katharina, dass sie nicht schlechter war als jeder Mann.   

  1. Nikolai I. und die unerklärliche Leidenschaft für Essiggurken 

Nikolai I.

Nikolai Pawlowitsch (1796 – 1855) war der einzige russische Zar, der nicht rauchte. Alkohol trank er ohne Leidenschaft, ernährte sich spartanisch und aß nie Süßigkeiten. 

Seine einzige „zaristische Laune“ war seine Leidenschaft für Essiggurken. Mit ihnen begann jeder Tag des Zaren: Zum Frühstück wurden ihm Tee, süß-saures Brot und fünf Essiggurken serviert. Der Zar aß nicht zu Abend und trank aber stattdessen oft ein paar Löffel Gurkensaft.

  1. Alexander II. und eine Nikotinabhängigkeit

Alexander II.

Alexander Nikolajewitsch (1818 – 1881) erbte die Verdauungsprobleme seiner Vorfahren. Im Jahr 1850, als er im Kaukasus war, rauchte der Großherzog erstmals Wasserpfeife und bemerkte, dass dies ihm hilft, den Darm zu entspannen. Seitdem war die Wasserpfeife ein unverzichtbares Attribut im Leben des Großherzogs und späteren Zaren. Fürst Peter Dolgorukow erinnerte sich: „Seine Majestät raucht, wo immer ihm dies möglich ist, seine Wasserpfeife, bis sich der gewünschte Effekt einstellt. Vor dem Zaren werden riesige Wandschirme aufgestellt, hinter denen sich Personen versammeln, denen die besondere Gnade des Zaren zugeteilt wird, seine Majestät zu unterhalten, während dieser die Wasserpfeife raucht und andere Dinge tut. Am Hofe gab es während der Herrschaft Alexanders II. sogar spezielle Schischa-Araber.  

Der Tabak-Zar verwendete persische Wasserpfeifen und liebte allem Anschein nach sehr starken Tabak: Alle sechs Monate bestellte er drei Pud (48 kg) Tabak – das sind mehr als 250 Gramm pro Tag, wobei pro Portion etwa 20 – 25 Gramm Tabak verwendet wurden. Außerdem rauchte Alexander II. Zigarren.    

  1. Nikolai II. und seine übertriebene Begeisterung für Schmuck 

Ist von den Hobbys des letzten russischen Zaren Nikolaus II. (1868 – 1918) die Rede, wird über Fahrräder, Tätowierungen, die Jagd und das Tennisspielen berichtet... 

Wirklich interessant war seine Leidenschaft, den ihm geschenkten Schmuck zu beschreiben. Das Schmuckalbum von Nikolaus II. umfasst 136 Seiten, davon 41 Seiten mit Abbildungen von Schmuckstücken, die mit Tinte, Kreide und Bronzefarbe gefertigt wurden. Das Album wurde 1889 begonnen, als Nikolai 18 Jahre alt war. Die meisten Zeichnungen darin stammen von Baronin von Tiesenhausen, einer alten Hofdame des Zarenhofes. Der Zar sorgte dafür, dass alle Devotionalien, die er geschenkt bekam, in das Album eingetragen wurden und signierte persönlich jeden einzelnen Eintrag.

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