„Kitai-Gorod“: Warum Moskaus „Chinatown“ mit Chinesen nichts zu tun hat

Sergei Bobylev/TASS, Russia Beyond
Der Name einer der alten zentralen Distrikte der russischen Hauptstadt bedeutet wörtlich Chinatown (zu Deutsch Chinesenviertel). Aber das bedeutet nicht das, was es auf den ersten Blick zu sein scheint.

Wenn Sie Moskau schon mal besucht haben, sind Sie wahrscheinlich auch durch die Straßen von „Kitai-Gorod“ gelaufen, einem der ältesten Stadtviertel, nur wenige Gehminuten vom Kreml entfernt.

Sein Name kann wörtlich übersetzt werden als „China-Stadt“. Deshalb vermuten viele Touristen, dass hier Migranten aus China entweder beherbergt werden oder irgendwann beherbergt wurden. Ein Problem ist jedoch, dass Moskaus „Kitai-Gorod“ historisch gesehen nichts mit China zu tun hat.

Bevor dieser Stadtteil seinen heutigen Namen erhielt, hieß er „Weliki Possad“. Als „Possad“ bezeichnete man im mittelalterlichen Russland einen Vorort. Ab dem 16. Jahrhundert war „Kitai-Gorod“ ein wichtiger Marktknotenpunkt. 

Postkarte aus dem 19. Jahrhundert zeigt den Iljinka-Platz

Als das wichtigste Geschäfts- und Finanzviertel Moskaus an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert beherbergte „Kitai-Gorod“ die sogenannten Oberen Handelsreihen. Dazu gehörten  das heutige berühmte Kaufhaus GUM am Roten Platz, die slawisch-griechisch-lateinische Akademie, Klöster, Kirchen, Druckereien, Bildungseinrichtungen, Banken, Büros namhafte Unternehmen, Modegeschäfte, Hotels, lebhafte Tavernen, Märkte und Händler. 

Während sich Historiker nicht auf die tatsächliche Herkunft des Namens einigen können, behauptet eine der verbreitetsten Theorien, dass „Kitai-Gorod“ von dem alten slawischen Wort „Kita“ abgeleitet ist, was „eine Hürde“ bedeutet. 

Früher wurde das Gebiet durch einen Graben mit einer irdenen Mauer, die wie eine Hürde gebaut war, vor potenziellen Eindringlingen geschützt. In einiger Entfernung befanden sich verflochtene Pfähle. Die Zwischenräume waren mit Erde, Lehm und großen Steinen gefüllt. 

So sah „Kitai-Gorod“ im späten 18. Jahrhundert aus.

Für die damalige Zeit war es eine ziemlich robuste Konstruktion. Im 16. Jahrhundert wurde an ihrer Stelle die berühmte rote Backsteinmauer „Kitai-Gorod“ errichtet. In den 1930er Jahren rissen die bolschewistischen Behörden die Mauer ab. Ein paar ihrer Bestandteile haben zum Glück bis heute überlebt.

Es gibt eine weitere Theorie, die besagt, dass es Jelena Glinskaja, die Mutter des Zaren Iwan des Schrecklichen, war, die dem Ort seinen Namen gab. In den Jahren 1533-1538 regierte sie das Moskauer Fürstentum als Regentin. Sie war es auch, die 1535 den Bau der „Kitai-Gorod“-Mauer befahl. Einige Leute behaupten, dass sie in einem Dorf namens „Kitaigorodok“ auf dem Territorium des Königreichs Polen-Litauen geboren wurde und deshalb den ungewöhnlichen Namen ihres angeblichen Geburtsortes mit nach Moskau gebracht hätte. 

>>> Warum es in Moskau keinen Platz für Chinatown oder Little India gibt

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung ausschließlich unter Angabe der Quelle und aktiven Hyperlinks auf das Ausgangsmaterial gestattet.

Weiterlesen

Diese Webseite benutzt Cookies. Mehr Informationen finden Sie hier! Weiterlesen!

OK!