Helden: 5 Geschichten herausragender russischer Ärzte

Grigori Syssojew/TASS; Getty Images; Sputnik
Heute, da Ärzte Tausende Menschenleben retten und dabei oft ihr eigenes in Gefahr bringen, wollen wir auf die heroischen Seiten der Geschichte der russischen Medizin zurückblicken.

Nikolai Sklifossowski revolutionierte Hygienepraktiken in Operationssälen

Nikolai Sklifossowski

Der berühmte russische Chirurg Nikolai Sklifossowski (1836-1904) operierte Hunderte Soldaten während militärischer Konflikte. Sein wichtigstes Erbe war jedoch die Einführung allgemeiner Hygienestandards in die medizinische Praxis. Dies mag heute schwer zu glauben sein, aber aufgrund schlechter sanitärer Bedingungen endeten viele Operationen tragisch, sowohl für Patienten als auch für Ärzte. 

Obwohl mit Alkohol und Jod getränkte Wundverbände damals von einem anderen hervorragenden Arzt Nikolai Pirogow bereits verwendet wurden, war es sein Schüler Sklifossowski, der es schaffte, den Einsatz von Antiseptika obligatorisch zu machen. Die Ärzte des späten 19. Jahrhunderts waren sehr dogmatisch und widersetzten sich Veränderungen.  

Wundverbände wurden mehrmals verwendet, medizinische Instrumente einfach in warmem Wasser gewaschen, Operationen wurden an Holztischen durchgeführt, die Schweiß und Blut der Patienten absorbierten. Die Einführung neuer Methoden erforderte von Sklifossowski jahrelange wissenschaftliche Forschung und viel Überzeugungskraft. Langsam fing man an chirurgische Instrumente zu sterilisieren, gebrauchte Verbände zu verbrennen, die Ärzte begannen nach jeder Operation ihre Hände zu waschen und Holztische wurden durch Metalltische ersetzt.

Ilja Metschnikow infizierte sich selbst, um andere zu retten

Ilja Metschnikow

Lange führten viele Ärzte Experimente mit Impfstoffen an sich selbst durch. Sie infizierten sich absichtlich, um den Krankheitsverlauf und die Reaktion eines Körpers darauf zu untersuchen. Der Gründer der russischen Schule für Immunologie, Ilja Metschnikow (1845-1916), experimentierte schon in jungen Jahren gern mit Naturphänomenen. Im Russischen Kaiserreich und später auch in Frankreich hat er Impfungen gegen Tollwut, Cholera und Milzbrand durchgeführt. 

Um seine eigenen Hypothesen über die Ausbreitung von Bakterien zu testen, impfte er sich mit Syphilis, rezidivierendem Fieber und dem Blut eines Malariapatienten und musste jedes Mal um sein Leben kämpfen. Zweimal trank er von Cholera befallenes Wasser. Zeitgenossen sagten, dass Metschnikow eine außergewöhnlich starke Gesundheit hatte, die ihm bei all diesen Experimenten zu überleben half.

Georgi Sinjakow rettete Tausende von Kriegsgefangenen, indem er sie für tot erklärte

Georgi Sinjakow

Während des Zweiten Weltkriegs gelang es Georgi Sinjakow (1903-1978), vielen Gefangenen des Konzentrationslagers Stalag III-C in Polen zur Flucht zu verhelfen. Er diente als Frontchirurg, bis er im Oktober 1941 in der Nähe von Kiew gefangen genommen wurde. Von Mai 1942 bis fast zum Kriegsende war er Gefangener in Stalag III-C. Berichten zufolge, rettete er dem Sohn eines Gestapo-Soldaten, der sich mit einem Knochen verschluckt hatte, das Leben. Danach erlaubten ihm die Nazis, sich im Lager frei zu bewegen.

Auf die eine oder andere Weise nutzte Sinjakow sein Privileg, um anderen Gefangenen bei der Flucht zu helfen. Dabei unterstützte ihn ein deutscher Dolmetscher, Helmut Schacher. Schacher versorgte die Gefangenen mit Karten und Kompassen, während Sinjakow dafür sorgte, dass sie offiziell als tot registriert wurden. So funktionierte es: Sinjakow erklärte einen Gefangenen für tot, der wurde danach mit den Leichen herausgebracht und in einen Graben außerhalb des Lagers geworfen, woraus er später weglaufen konnte.

Zu Beginn des Jahres 1945, als sich die Rote Armee bereits dem Konzentrationslager näherte, befanden sich noch etwa 3.000 Gefangene darin. Sinjakow gelang es, die Nazis zu überzeugen, die Gefangenen nicht zu töten. Bald drangen sowjetische Truppen ins Lager ein. Innerhalb weniger Tage operierte Sinjakow etwa 70 verwundete sowjetische Soldaten. Der Arzt kam mit der sowjetischen Armee nach Berlin und hinterließ seinen Namen an einer Wand im Reichstag.

Juri Worobjew “entminte” einen verwundeten Soldaten

Der Soldat Witalij Grabowenko wurde in Afghanistan verwundet und in ein Krankenhaus in Duschanbe, der Hauptstadt der Tadschikischen Sozialistischen Sowjetrepublik, gebracht. Er hatte mehrere Splitterwunden, die erfolgreich genäht wurden. Erst am nächsten Tag, als er seinen Arm nicht bewegen konnte, zeigte eine Röntgenaufnahme einen seltsamen rechteckigen Schatten in seinen Brustmuskeln. Er war ziemlich groß, etwa elf Zentimeter. Die Ärzte wandten sich an Militärs, und mehrere Experten meinten, dass dies ein Stück einer Mine sei. Eine unachtsame Bewegung, und das ganze Krankenhaus könnte in die Luft gehen. Trotzdem wurde die Entscheidung getroffen, den Soldaten zu operieren.

Der Leiter des Krankenhauses, Chirurg Juri Worobjew, meldete sich freiwillig, die Operation durchzuführen. Ihm assistierte ein junger Arzt, Leutnant Alexander Dorochin. Man brauchte vier Tage, um sich auf die Operation vorzubereiten, wobei jede Handlung sorgfältig auf die Sekunde genau geplant war. Es wurde ein spezielles Instrument hergestellt, um das Teil zu fixieren und zu entfernen. 

Das Krankenhaus wurde von Minenräumungsexperten abgesperrt. Es waren medizinische Teams organisiert, die den Ärzten helfen sollten, falls sie verletzt würden. Das Anästhesieteam arbeitete mit Helmen und Körperschutz. Der Chirurg und sein Assistent zogen 30 Kilogramm schwere Schutzanzüge an und setzten kugelsichere Brillen auf.

Die Operation dauerte 15 Minuten – die entnommene Munition wurde schnell in einen Behälter gelegt und an Minenentsorgungsexperten übergeben. Worobjew schaffte es nicht nur, die gefährliche Munition zu entfernen, sondern auch den Arm des Soldaten zu retten.

Leonid Rosсhal befreite Kinder bei Terroranschlägen in Dubrowka und Beslan 

Leonid Roschal

Leonid Roschal (geb. 1933) rettete Kindern nach den Erdbeben in Armenien (1988) und Afghanistan (1998), den Kriegen im Irak (1991) und in Tschetschenien (1995) das Leben. Als Terroristen 2002 das Gebäude des Dubrowka-Theaterzentrums in Moskau besetzten, war er einer der wenigen, die hineingehen durften. Der Arzt konnte Wasser und Medikamente für die Geiseln übergeben und die Terroristen überzeugen, acht Kinder freizulassen.

Am 1. September 2004 besetzten Terroristen in Beslan eine Schule mit mehr als 1.000 Schülern und ihren Eltern. Roschal war der erste, den die Terroristen sehen wollten. Er kam einige Stunden nach Beginn des Angriffs zum Tatort. Er erhielt ein Telefon und führte ungefähr ein Dutzend Gespräche mit einem Terroristen, dessen Namen er nicht kannte, um ihn davon zu überzeugen, dass zumindest Wasser an die Kinder weitergegeben werden sollte. Am 3. September wurde vereinbart, dass man die vor der Schule liegenden Leichen wegbringen durfte. Zu genau dieser Zeit war in der Schule eine Explosion zu hören, und die Geiseln fingen an aus dem Gebäude zu rennen und aus den Fenstern zu springen, während die Spezialeinheiten das Gebäude stürmten.

>>> Vier bedeutende russische Ärzte, die die Medizin grundlegend veränderten

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