Für viele Menschen bleiben Getränkeautomaten eines der Symbole der Sowjetzeit. Sie waren an Flughäfen und in Bahnhöfen, Hotels, Kinos und oft auf der Straße zu finden. Viele erinnern sich bis heute sowohl an den Preis als auch an den Geschmack des Getränks. Aber sie hatten etwas, das heute nur schwer vorstellbar wäre: Sie boten nur ein oder zwei Trinkgläser an.
Zu Beginn der 1950er Jahre gab es allein in Moskau mehr als 10.000 solcher Verkaufsautomaten. Ein Getränk mit Sirup kostete drei Kopeken und ohne Sirup eine Kopeke. Es gab eine Auswahl an Sirup-Geschmacksrichtungen wie z.B. Birne oder Berberitze. In späteren sowjetischen Jahren gab es auch Pepsi und Fanta, aber diese waren wesentlich teurer.
Die Getränkeautomaten waren von Mai bis September in Betrieb und gerade im Sommer gab es eine lange Schlange von durstigen Menschen. Für den Winter wurden die Automaten in speziellen Metallgehäusen eingeschlossen.
Normalerweise funktionierte der Automat auf folgende Weise: Man warf eine Münze ein, wählte den Geschmack aus und stellte das Glas unter den Dispenser. Nach dem Genuß des Getränks musste man das Glas auf dem Kopf zurückstellen. Um es anschließend zu reinigen, war es erforderlich, das Glas anzudrücken und ein kleiner Wasserstrahl benetzte das Glas von innen und außen. Der Wasserstrahl war jedoch so gering, dass man manchmal noch Lippenstiftflecken auf dem Glas sah!
Die Wartung der Getränkeautomaten erfolgte regelmäßig. Dabei wurden die Gläser mit heißem Wasser und einer Lösung auf Soda-Basis gereinigt. Aber dies erfolgte nicht täglich.
Wenn man dies liest, stellt sich einem die logische Frage: Hat die Sowjetunion jemals an Infektionskrankheiten gelitten? Und die Antwort ist natürlich ein „Ja“. Aber eine Verbindung zwischen den Getränkeautomaten und den Epidemien wurde nie öffentlich anerkannt.
Die Wahrheit ist, dass die Sowjetunion kein Land war, wo die Gesundheitsstatistik der Öffentlichkeit zugänglich war. In der Vergangenheit gab es Epidemien, für die es noch keine Daten gab. Dies war beim Influenza-A-Virus H1N1 der Fall, das als „russische Grippe“ bezeichnet wurde: 1977 in Südostasien entstanden, breitete es sich in der Sowjetunion schnell aus und überwiegend junge Menschen im Alter zwischen 20 und 25 Jahren waren betroffen.
Die Gläser aus den Getränkeautomaten könnten also leicht ein Virus übertragen haben. Laut Jelena Utenkowa, Professorin der Abteilung für Infektionskrankheiten der Staatlichen Universität in Kirow, „besteht beispielsweise das Risiko, sich mit Atemwegsinfektionen anzustecken. Wenn die Person auch eine Herpes-Entzündung hat, kann ihr Speichel das Virus übertragen, das auf schlecht gereinigtem Geschirr und Gläser landet.”
Leider würde in Fällen mit „üblichen“ Infektionen - wie dem ARV oder der Grippe – niemand fragen, wo der Patient sich angesteckt haben könnte - sei es nur ein schlecht gereinigtes Glas, schmutzige Hände, eine ansteckende Person in der Nähe und so weiter.
War sich das sowjetische Volk der Gefahren überhaupt bewusst? Einige von ihnen, ja. Man konnte immer ein oder zwei Personen in den Reihen vor den Getränkeautomaten sehen, die ihr eigenes Trinkglas dabei hatten.
Es waren nicht die Epidemien, sondern der Zerfall der UdSSR, der schließlich die Epoche solcher Getränkeautomaten beendete. „In den 90er Jahren stellte das Unternehmen ,Torgmontasch', das die Installation und Wartung dieser Getränkeautomaten beaufsichtigte, den Service ein. Aber ohne Service-System konnte kein Automat richtig funktionieren. Bald waren sie veraltet und an jedem Kiosk konnte man kohlensäurehaltige Getränke kaufen“, erinnert sich David Gerschson, leitender wissenschaftlicher Mitarbeiter am Allrussischen Wissenschaftlichen Forschungsinstitut für Kältetechnik, das die ersten Getränkeautomaten entwickelte.
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