125 Jahre lang waren die Schweden nicht mehr in einen militärischen Konflikt verwickelt, bis der Zweite Weltkrieg kam und sie gezwungen waren, ihre bisherigen außenpolitischen Grundsätze teilweise aufzugeben. Das Ende der Neutralitätspolitik geschah jedoch nicht nur auf Druck des Dritten Reichs. Auch die Aktionen der Sowjetunion führten dazu.
Solidarität mit Finnland
Stockholm verurteilte den sowjetischen Angriff auf Finnland am 30. November 1939. Die Schweden befürchteten, als nächstes Land von den Sowjets besetzt zu werden. Anstelle einer traditionellen Neutralitätsbekundung erklärte sich Schweden zu einem „nicht kriegführenden“ Staat. Es nahm zwar nicht am Winterkrieg teil, behielt sich jedoch vor, die Finnen in anderer Form zu unterstützen.
Die Schweden lieferten Ausrüstungen nach Finnland, um eine starke Verteidigungslinie aufzubauen. Das Land erhielt unter anderem 800 Seeminen, 350 Feld-, Panzer- und Flugabwehrgeschütze, 135.000 Schusswaffen und mehr als 20 Flugzeuge. Die schwedische Öffentlichkeit forderte von ihrer Regierung vehement die Unterstützung des finnischen Nachbarn. Wie Moskau darauf reagieren könnte, darüber hatte sich niemand Gedanken gemacht.
Es meldeten sich Freiwillige, die in den Reihen der Finnen gegen die Rote Armee kämpfen wollten. Das war legal, denn die politische Neutralität des Landes ging nicht so weit, dass darin das Verbot eingeschlossen war, sich ausländischen Armeen nicht anschließen zu dürfen.
Das Schwedenkorps
Insgesamt 8.260 Mann stark war das schwedische Freiwilligenkorps, in dem auch 725 Norweger dienten. „Reiner Idealismus, Bruderschaft, Karrierismus und Abenteuerlust, möglicherweise sogar der Wunsch nach einem ehrenvollen Ende eines hoffnungslosen Lebens“, nannte der Freiwillige Sven Rabe in Lars Gyllenhaals Veröffentlichung „Schweden im Krieg 1914-1945“ mögliche Gründe, sich für den Kampf gegen die Sowjets zur Verfügung zu stellen.
Die Finnen setzten die Schweden jedoch nicht im Epizentrum der Auseinandersetzungen, auf der Straße von Karelien, einer Landenge, ein. Die Nachbarn wurden nach Lappland geschickt, an einen ruhigeren Frontabschnitt. Das schwedische Freiwilligenkorps verlor beim Feindkontakt 33 Mann. Die Luftwaffe des Korps meldete zwölf Tote und den Verlust von zwei Flugzeugen.
Die Schweden kämpften nicht erbittert, dennoch schätzten die Finnen die moralische Unterstützung sehr, schrieb der finnische Historiker Erik Appel in seinem Buch „Finnland im Krieg“.
Der fortgesetzte Krieg
Als Finnland sich 1941 Hitlers Ostfeldzug anschloss, waren die Schweden zwiegespalten. Für sie ging es nicht mehr ums Überleben und die Unabhängigkeit. Daher war die Bereitschaft, gegen die Sowjets zu kämpfen, geringer als im Winterkrieg.
Es wurde das Hanko-Bataillon gebildet, benannt nach dem Archipel, in das die Einheiten geschickt wurden, um eine Offensive auf einen sowjetischen Marinestützpunkt zu starten. Bemerkenswert ist die Zahl der Veteranen des Winterkriegs, die sich anschließen wollten, um die Sowjets zu besiegen.
Nachdem die sowjetischen Streitkräfte Hanko im Dezember 1941 evakuiert hatten, wurde das Freiwilligenbataillon aufgelöst. Die nächste schwedische Militäreinheit, die sich den finnischen Reihen anschloss, war die Svir-Kompanie, benannt nach dem Fluss in der Nähe von Ladoga. Das im Februar 1942 in das 13. Regiment der finnischen Infanterie eingegliederte Freiwilligenkorps bestand viel länger als sein Vorgänger und kämpfte bis September 1944.
In Hitlers Diensten
Eine weitaus bescheidenere Anzahl von Schweden schloss sich den deutschen Streitkräften an. Ungefähr 200-315 Mann traten kurz nach Beginn der Operation „Barbarossa“ in die SS ein. Die schwedischen Medien nannten sie Nazis und lagen damit in den meisten Fällen auch richtig.
Die Angst vor der „roten Gefahr“ trieb sie an die Ostfront, „um gegen den Bolschewismus und das Judentum zu kämpfen“.
Die meisten Schweden waren in den SS-Divisionen „Viking“ und „Nordland“ vertreten. Ihr Anteil lag jedoch jeweils unter zehn Prozent.
Als sich im Krieg das Blatt gegen das Dritte Reich zu wenden begann, desertierten viele Schweden. Die Barbarei der Deutschen im Osten war für viele der Weckruf, der sie wieder nach Hause führte.
Jedoch kämpften einige Schweden bis zum Schluss noch um den Berliner Reichstag.
Eine neue Heimat
Es gab mehr Schweden, die gegen die Sowjetunion kämpften, als solche, die die Sowjets mit Waffen verteidigten. Letztere waren einige hundert estnische Schweden, die schon Jahrhunderte an der Ostsee heimisch waren.
Sie waren im Sommer 1940 zusammen mit den anderen baltischen Republiken in die Sowjetunion eingegliedert worden. Bald nach der deutschen Invasion wurden 300 von ihnen zur Roten Armee eingezogen. Die meisten desertierten aufgrund ihrer Abneigung gegen die Sowjetregierung. Nur wenige kämpften bis zum Schluss und darüber hinaus.
Oscar Frieberg etwa kämpfte nicht nur in der Schlacht von Stalingrad, sondern auch gegen die Überreste der deutschen Armee in Kurland im Mai 1945, nachdem die Kapitulation bereits unterzeichnet worden war.
Frieberg hatte sich zunächst ohne Russischkenntnisse mit seinen Kameraden in Gesten unterhalten müssen. „Anfangs habe ich überhaupt nicht viel verstanden, aber nach einer Weile begann ich frei zu sprechen“, erinnert er sich (rus). „Ich war nicht der einzige. Wir hatten Usbeken und Tataren, es gab auch Kasachen. Dass ich schwedischer Herkunft war, spielte keine Rolle.“
Arbeiterrechte verteidigen
Trotz der geringen Anzahl schwedischer Freiwilliger auf sowjetischer Seite betrachteten es diejenigen, die überzeugte Kommunisten waren, als große Ehre.
Fredrik Åberg war im Winterkrieg Panzerfahrer in den Diensten der Sowjets auf der Karelischen Landenge. Der schwedische Kamerad lebte seit dem Bürgerkrieg in der UdSSR. Später, als der Zweite Weltkrieg ausbrach, kämpfte Åberg erneut für die Sowjetunion bei der Verteidigung von Leningrad.
Pelle Hansson aus Schweden war in den 1930er Jahren aus Brasilien in die UdSSR ausgewandert. Er nahm als Sowjetbürger am sowjetisch-finnischen Krieg teil und verlor im Kampf sein Leben.
Einer der bekanntesten sowjetischen Schweden im Zweiten Weltkrieg war Anders Gustavsson. Nachdem er Mitte der 1920er Jahre als Teil einer schwedischen kommunistischen Delegation die UdSSR besucht hatte, war er beeindruckt, wie sehr für die Rechte der Arbeiter gekämpft wurde und zog bald endgültig in die Sowjetunion.
Major Gustavsson war Übersetzer für deutsche Sprache und Mitglied der Propagandaabteilung. Er kämpfte in Leningrad während der Blockade sowie in der Schlacht um Stalingrad. Er war bei der Befreiung der Krim und Ostpreußens dabei und erhielt den Orden des Großen Vaterländischen Krieges.