Wie die Franzosen im Zweiten Weltkrieg für und gegen die Russen kämpften

Bundesarchiv; Archivfoto; Pixabay
Französische Soldaten erklärten sich freiwillig bereit, auf Seiten Nazideutschlands gegen die Sowjetunion zu kämpfen. Sie wollten sich so für die Niederlage Napoleons rächen und den Ruhm der Grande Armée wiederherstellen. Gleichzeitig betrachteten sie ihr Tun als Wiedergutmachung für all diejenigen ihrer Landsleute, die 1812 im Schnee Russlands ums Leben kamen.

Im Juni 1940 besiegten die deutschen Truppen die französische Armee und beendeten die Dritte Republik endgültig. Die Nation war geteilt. Einige wollten unbedingt ihre Heimat befreien, während andere sich mit dem neuen von den Nazis dominierten Europa arrangierten. Praktisch auf der ganzen Welt kämpften de Gaulles Streitkräfte „Freies Frankreich“ (1942 umbenannt in „Kämpfendes Frankreich“) gegen das kollaborative Vichy-Regime. Ihre Konfrontation breitete sich auch auf das kalte, ferne Russland aus.

Deutsche Truppen am Arc de Triomphe

Hitler verstand zunächst den Sinn französischer Unterstützung nicht, da er davon ausging, dass der Feldzug gegen die Bolschewiki nicht länger als fünf Monate dauern würde… Außerdem wollte er seinem besiegten Feind keine Chance zu mehr geopolitischem Ansehen geben. Doch dies war genau das, was die Vichy-Regierung beabsichtigte: Die Beteiligung Frankreichs am „europäischen Kampf gegen den Kommunismus“ würde eine bevorzugte Behandlung im Europa der Nachkriegszeit sicherstellen.

Bis zum Sommer 1941 wurden Rekrutierungsstationen eröffnet, wo sich diejenigen melden konnten, die "die Zivilisation gegen die östliche Barbarei verteidigen" wollten.

Die französische Legion

Der Prozess der Rekrutierung in Frankreich lief schleppend. Die Franzosen sahen keinen besonderen Grund, sich in die weit entfernte, feindliche Sowjetunion zu begeben.

Während ihrer gesamten Existenz hatte die Légion des volontaires français contre le bolchevisme (Legion französischer Freiwilliger gegen den Bolschewismus) nicht mehr als 7.000 Mitglieder. Die erste Einheit hatte gar nur 2.352 Soldaten. 

Mitglieder der Französischen Freiwilligenlegion gegen den Bolschewismus am Bahnhof

Nach der Ankunft in der Kaserne Borgen-Desbordes bei Versailles erlebten die Legionäre ihre erste Enttäuschung. Anstelle der erhofften französischen Uniform wurde ihnen die Feldgraue ausgestellt („Feldgrau“) - die Standarduniform der Wehrmacht. Nur die Rangabzeichen mit der Trikolore offenbarten die französische Zugehörigkeit. Nachdem die Legion als 638. Infanterieregiment Teil der deutschen Armee geworden war, wurde sie im Herbst 1941 an die Ostfront entsandt.    

Auf den Spuren der Grande Armée

Die französischen Legionäre wurden auf dem Höhepunkt der Operation Typhoon nach Moskau versetzt und kamen der sowjetischen Hauptstadt näher als alle anderen deutschen Verbündeten (Rumänen, Ungarn, Kroaten, Italiener, Slowaken und andere). Sie waren nur 63 Kilometer vom Kreml entfernt. 

Soldaten der französischen Legion

Die deutsche und die Vichy-Propaganda wiederholten unermüdlich, dass die Legionäre die Erben von Napoleons Grande Armée wären und darum kämpften, die Ehre und den Ruhm ihrer Vorfahren wiederherzustellen. 

Aber das 638. Infanterieregiment ereilte ein Schicksal, das dem der napoleonischen Soldaten ähnelte. Es hatte einen mächtigen Gegenschlag der Sowjets abzuwehren, der zum Verlust von 500 Männern führte. Gleichzeitig wurde es durch Erfrierungen und Krankheiten während des übereilten Rückzugs geschwächt. 

Die Verteidigung von Moskau während des Großen Vaterländischen Krieges

Die verbliebenen Legionäre wurden nach Smolensk zurückgezogen und später für Anti-Partisanen Operationen in den Wäldern von Weißrussland eingesetzt. Nach einem zweiten erfolglosen Zusammenstoß mit der vorrückenden Roten Armee im Jahr 1944, wurde die Legion schließlich aufgelöst. Viele Soldaten wurden in das neue Regiment Karl der Große (mit vollem Namen: 33. Waffengrenadier-Division der SS Karl der Große) versetzt und beteiligten sich an der Verteidigung des Führerbunkers - Hitlers letztem Zufluchtsort in Berlin.  

Schlacht um Moskau

„Gegen unseren Willen“

Nicht alle Franzosen an der Ostfront waren als Freiwillige dort. Mehr als 100.000 Einwohner der umkämpften Region Elsass-Lothringen (lange Zeit von Frankreich und Deutschland umkämpft und 1940 vom Dritten Reich annektiert) wurden als reinrassige Deutsche eingestuft und zum Wehrdienst verpflichtet. Diese Eindeutschung erfolgte jedoch erst 1942, als der Krieg mit der UdSSR immer mehr Menschenleben forderte. 

Soldaten der französischen Legion

Die meisten französischsprachigen Elsässer und Lothringer fühlten sich zu Frankreich hingezogen und zögerten sehr, für Hitler zu kämpfen. Als Malgré-nous („Gegen unseren Willen“) wurden sie in kleinen Gruppen unter den deutschen Einheiten verteilt und weit weg von zu Hause an die Ostfront geschickt.

Kampf gegen den Angreifer

Während die Vichy-Regierung versuchte, sich bei Hitler einzuschmeicheln, fragte sich die freie französische Opposition, wie sie den Kreuzzug im Osten stoppen könnte. Die Gaullisten waren in ihren Möglichkeiten stark eingeschränkt. Sie konnten die Kollaborateure in Europa nicht bekämpfen und versuchten, die Kontrolle über Frankreichs Überseekolonien der Vichy-Regierung zu erlangen. Aber an einigen Orten wurden sie nicht als Befreier begrüßt. Viele Franzosen verachteten de Gaulle für die Zusammenarbeit mit den Briten, von denen sie glaubten, sie hätten die französische Armee in Dünkirchen im Stich gelassen. 

Der Führer der „Kämpfenden Franzosen“ war in vielerlei Hinsicht abhängig von britischer Unterstützung, was ihm und seinem Volk keinen Handlungsspielraum gab. Der Einsatz französischer Truppen in der Sowjetunion bot die Gelegenheit, zumindest einen Teil dieser Abhängigkeit abzubauen und langfristige Beziehungen zu einem neuen Verbündeten aufzubauen.   

Französische Piloten in sowjetischen Flugzeugen

Ende 1942 kamen Gruppen französischer freiwilliger Piloten in die UdSSR, um im neuen Geschwader der Normandie (später Regiment) zu dienen.

Um sich von den Briten zu distanzieren, baten die Franzosen um die Bereitstellung sowjetischer Flugzeuge, obwohl Hurrikan-Jäger von London nach Moskau geliefert wurden.

Französische Piloten von Normandie-Niemen

Die französischen Piloten waren mit der Qualität des Yak-1-Flugzeugs äußerst zufrieden. Anschließend wurde die Yak-1 durch die weniger wendige, aber schnellere und besser bewaffnete Yak-9 ersetzt. Die Piloten beendeten den Krieg an Bord der Yak-3-Jäger.

Die Piloten der Normandie flogen in ihren französischen Uniformen (solche Freiheiten waren in der britischen Royal Air Force nicht erlaubt) und mit der französischen Flagge an ihren Flugzeugen. Das sowjetische Kommando griff kaum in die inneren Angelegenheiten des Regiments ein - eine weitere willkommene Änderung gegenüber der britischen Vorgehensweise.

Als die französischen Überseegebiete vom Vichy-Regime an die Kräfte von „Kämpfendes Frankreich“ übergingen, kamen auch ehemalige Piloten des Vichy-Regimes in die Sowjetunion. Es gab mehr als ein paar Schlägereien und schwere Auseinandersetzungen zwischen ihnen und den Nicht-Vichy-Piloten. Aber im Laufe der Zeit gelang es den „Vichyisten“ ihre Vergangenheit wiedergutzumachen. Einer von ihnen, Jacques Andre, wurde sogar ein Held der UdSSR.

Held der Sowjetunion Jacques André

Heimkehr

Trotz der Tatsache, dass die Truppen de Gaulles ab 1944 gemeinsam mit den US-amerikanischen und britischen Streitkräften an der Befreiung Frankreichs beteiligt waren, wurde beschlossen, die Normandie-Njemen an der Ostfront zu belassen. Erst im Juni 1945 wurde das Luftregiment in seine Heimat zurückbefohlen.

Die Befreiung von Paris

Die französischen Piloten flogen mit ihren Yak-3-Flugzeugen nach Hause, ein „bescheidenes Geschenk der Sowjetunion an die französische Luftfahrt“.

Bei einem Verlust von 42 Piloten, erzielte die Normandie-Njemen 273 feindliche Abschüsse. Das sind 80 Prozent aller gewonnen Luftschlachten von „Kämpfendes Frankreich“ während des gesamten Krieges. 

>>> Welche ausländischen Truppen kämpften mit der Sowjetarmee gegen die Nazis?

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