Nach dem Krimkrieg 1856 war die russische Schwarzmeerflotte besiegt, die Staatskasse leer und nach dem Pariser Vertrag durfte Russland keine Flotte mehr im Schwarzen Meer stationieren.
Das Marineministerium war jedoch nicht bereit, Sewastopol ohne Verteidigung zu belassen oder die auferlegten Beschränkungen in Kauf zu nehmen. Daraufhin machte Admiral Andrei Popow den Vorschlag, ein kreisförmiges Schiff für die Küstenverteidigung von Sewastopol zu bauen. Der Hauptgrund für diese ungewöhnliche Idee war der bodenständige Wunsch, Geld zu sparen.
Außerdem könnte ein Kriegsschiff mit einem kreisförmigen Rumpf extrem große (und extrem schwere, ab 21 Tonnen) Kanonen tragen. Popow war überzeugt, dass jeder Feind, der es wagen würde, die russische Basis anzugreifen, dies nur mit den möglichst größten verfügbaren Waffen machen würde. Und während ein gewöhnliches Schiff mit solchen schweren Kanonen ins Rollen kommen würde, wenn es eine Breitseite feuert, hätte ein kreisförmiges Schiff, dessen Breite und Länge gleich sind, dieses Problem nicht.
Schließlich boten kreisförmige Schiffe eine geschickte Möglichkeit, die durch den Vertrag von Paris auferlegten Beschränkungen zu umgehen. „Ohne zu übertreiben, können kreisförmige Schiffe als schwimmende Festungen eingestuft werden und gelten daher nicht als Flottenschiffe,“ schrieb (rus) Popow in einem Telegramm an das Ministerium.
Das Marineministerium fand Popows Idee akzeptabel. Darüber hinaus wurden die Beschränkungen des Pariser Vertrags 1871 aufgehoben, damit ein kreisförmiges Schiff nicht mehr als Festung eingestuft werden musste. Im selben Jahr genehmigte Zar Alexander II. ein Projekt zum Bau der ersten „Popowka“ - wie er das Schiff mit Spitznamen nach seinem Designer genannt hatte - des Kriegsschiffs „Nowgorod“ mit einem Durchmesser von fast 30 m.
Der Zar befahl, dass das Schlachtschiff Nowgorod als Grundlage für den Bau von 10 weiteren kreisförmigen Schiffen dienen sollte, die als Ausgangspunkt für die Wiederherstellung der gesamten Schwarzmeerflotte gedacht waren. In Wirklichkeit wurden jedoch nur zwei kreisförmige Kriegsschiffe gebaut: das zweite hieß „Vizeadmiral Popow“.
Die „Popowka“ konnte zwar die mächtigsten Waffen der Zeit transportieren, war aber sehr langsam.
Dies wurde während des Krieges mit der Türkei 1877 auffallend deutlich. Praktisch während des gesamten Krieges wurden beide Schiffe zu Verteidigungszwecken eingesetzt. Aber als sie - nur einmal - in die Schlacht ziehen mussten, konnten die „Popowkas“ die türkischen Schiffe einfach nicht einholen (obwohl diese ihnen in der Kampfkraft unterlegen waren). Dieser Vorfall wurde von einer Sonderkommission geprüft, die zu einem enttäuschenden Ergebnis kam: Rundschiffe waren nicht für den Einsatz auf offener See geeignet.
Tatsächlich waren die „Popowkas“ nie für hohe Geschwindigkeiten auf See gebaut. Bereits in ihrer Entwicklungsphase sagte Popow, dass sie nicht für die Navigation über große Entfernungen auf See geeignet seien, sondern eher „für Zwecke der Küstenverteidigung einsetzbar“ seien. Das Ministerium wollte die „Popowka“ jedoch als vollwertiges Kriegsschiff ansehen, was es aber niemals sein konnte.
„Liwadija“
ArchivfotoDoch auch nach dem militärischen Fiasko gab Popow die Idee der kreisförmigen Schiffe nicht auf und schlug vor, eine kreisförmige Yacht für Alexander II. zu bauen. Der Zar stimmte unter einer Bedingung zu: Die Yacht sollte doppelt so schnell wie die Kriegsschiffe sein und natürlich geeignet für die Seeschifffahrt.
Die kaiserliche Yacht mit dem Namen „Liwadija“ wurde in England zusammengebaut und ihr Transport nach Sewastopol sollte ihre Seetauglichkeit testen. Die Yacht geriet jedoch in einen Sturm und ihr Rumpf wurde beschädigt. Die offizielle Schlussfolgerung, der Rumpf wäre zu schwach, bedeutete den Todesstoß für den neuen Schiffstyp.
Als Alexander III. auf den Thron stieg, ging die Ära der Kreisschiffe zu Ende. Das Marineministerium wurde neu organisiert und Popow von der „Entwicklung einer kreisförmigen russischen Schiffsarchitektur“ zurückgezogen. Obwohl er später, 1891, zum Admiral befördert wurde, hatte Popow nicht wirklich mehr etwas mit den Angelegenheiten der Marine zu tun.
Die beiden existierenden kreisförmigen Kriegsschiffe wurden für die Küstenverteidigung eingesetzt und blieben bis 1903 im Dienst. Die zaristische Yacht erlitt ein weniger beneidenswertes Schicksal. Die Möbel und Einrichtungsgegenstände wurden nach und nach in Lagerhäuser gebracht, worauf die Luxusyacht … in ein einfaches, leichteres Schiff für den Kohletransport umgewandelt wurde.
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