Nach dem Sieg über Nazi-Deutschland feierte jeder Alliierte auf seine Weise. Eines der größten Ereignisse war die Siegesparade der Roten Armee am 24. Juni 1945 in Moskau. Rund 30.000 Menschen nahmen daran teil. Eine weitere Veranstaltung fand in Berlin statt. Rund 10.000 britische Soldaten marschierten unter den Augen von Winston Churchill durch die Straßen der deutschen Hauptstadt.
Als am 2. September auch Japan kapitulierte, hatte Marschall Georgi Schukow, Kommandeur der sowjetischen Besatzungstruppen in Deutschland, die Idee, das Ende des Zweiten Weltkriegs mit einer gemeinsamen Parade aller in Berlin stationierten alliierten Truppen zu feiern. Er unterbreitete seinen Vorschlag dem Kreml und erhielt Stalins volle Unterstützung.
Die Amerikaner, Briten und Franzosen unterstützten Schukows Idee zunächst ebenfalls. Die Parade sollte von alliierten Kommandanten besucht werden: dem britischen Feldmarschall Bernard Montgomery, dem US-General Dwight Eisenhower und dem französischen Kommandeur des Hauptquartiers der Nationalen Verteidigung, Jean de Lattre de Tassigny. Nachdem jedoch alle Formalitäten erledigt und der Termin auf den 7. September festgelegt worden war, weigerten sich plötzlich alle, daran teilzunehmen, und führten verschiedene Gründe an, warum sie keine Vertreter entsenden konnten.
Ein entmutigter Schukow fragte in Moskau, ob unter den gegebenen Umständen überhaupt etwas organisiert werden solle, und erhielt von Stalin folgende Antwort (rus): „Sie möchten die Bedeutung des Großen Sieges in Berlin kleinreden. Warten Sie ab. Ignorieren Sie die Ablehnung der Alliierten und machen Sie die Parade. Insbesondere weil Sie diese viel mehr verdient haben als die.“
Schließlich nahmen an der Siegesparade Generalmajor Brian Robertson, stellvertretender Militärgouverneur der britischen Streitkräfte in der Besatzungszone, US-General George Patton, der bayerische Militärgouverneur (der während der alliierten Besetzung Deutschlands 1945 bis 1949 ernannt wurde) und General Marie-Pierre Kœnig, Oberbefehlshaber der von Frankreich besetzten Zone in Deutschland, teil.
Die alliierten Kommandeure verzichteten auf einen gemeinsamen Marsch mit der Roten Armee - höchstwahrscheinlich unter dem Druck ihrer Regierungen. Dennoch nahmen daran einige prominente westliche Einheiten teil. Unter ihnen war die 131. Infanterie, die „Wüstenratten“ von Bernard Montgomery, die in Nordafrika gegen Erwin Rommels Streitkräfte gekämpft hatte. Die 82. US Airborne Division hatte es auch weit gebracht: von Sizilien in die Normandie, dann in die Ardennen. Die Franzosen waren vertreten durch ihre Kolonialkräfte - insbesondere die Zuaven aus Algerien - und Alpenschützen, die an der Befreiung Frankreichs beteiligt waren - jeder Verbündete stellte somit 1.000 Soldaten für die Parade ab.
Die sowjetische Seite nahm mit 2.000 Soldaten aus der 248. Schützendivision teil. Ihr Befehlshaber war Oberstleutnant Georgi Lenew, ein Held der Sowjetunion, der für die Stürmung Berlins verantwortlich war.
Mit einer feierlichen Rede von Georgi Schukow wurde die Parade eröffnet. Er erklärte, dass „die Menschheit sich von nun an von der Gefahr eines deutschen Angriffs aus dem Westen und eines japanischen Schlags aus Osten befreit“ habe. Unter den Augen von 20.000 Berlinern marschierten die Soldaten zur Musik eines Orchesters am Reichstag und am Brandenburger Tor vorbei. Die Wahl der Route war kein Zufall. Es waren die Straßen, in denen im Mai 1945 die heftigsten Kämpfe getobt hatten.
Die Parade endete mit der Präsentation von Panzerfahrzeugen. Nachdem die britischen, amerikanischen und französischen mittelgroßen Panzer und gepanzerten Personentransporter vorbeigefahren waren, folgten 52 die neuen schweren sowjetischen Kampfpanzer IS-3. Eine urbane Legende besagt, dass einer von General Pattons Gefolgsleuten sehr beunruhigt war vom Anblick der Sowjetpanzer. Der US-General musste ihn beruhigen: „Entspann Dich, Sie sind auf unserer Seite“, soll er gesagt haben.
Leider legte die Parade nicht den Grundstein für eine gefestigte Freundschaft zwischen der UdSSR und ihren westlichen Verbündeten. Im Gegenteil, es zeigten sich die ersten Anzeichen von Rissen in den Beziehungen. Mit dem Beginn des Kalten Krieges waren solche gemeinsamen Aktionen schnell Geschichte. Dieses historische Ereignis vom September 1945 wurde als „vergessene Parade“ bekannt.