Moskauer U-Bahn: Warum hat man zu Sowjetzeiten Stationen in Wohnhäusern gebaut?

Daria Sokolova
Die Anwohner dieser Gebäuden müssen keine Zeit damit verschwenden, um zur nächsten U-Bahn-Station zu gehen: Sie verfügen über einen eigenen Eingang im Erdgeschoss ihres Hauses. Was ist die Geschichte dahinter?

Die meisten Gebäude in Moskau mit eingebauten U-Bahn-Eingängen entstanden zwischen Ende der 1930er und 1950er Jahre. Es war eine Zeit der aktiven Projekte in der neuen sowjetischen Hauptstadt, mit Schwerpunkt auf monumentale Architektur im Stalin-Empire-Stil. Sowjetische Architekten haben in ihren Entwürfen viele ungewöhnliche Baulösungen gefunden. Eine zum Beispiel bestand darin, die Eingangshallen der Metrostationen in Wohngebäude unterzubringen.

Ehemaliges Mietwohnhaus am Ochotnyj Rjad

Alles begann im Zentrum von Moskau, als 1935 eine der ersten Metrostationen, Ochotnyj Rjad, eröffnet wurde.

Beim Entwurf der Eingangshallen sind die Architekten auf Schwierigkeiten gestoßen, weil die Gegend sehr dicht bebaut war. Die Lösung bestand darin, das Erdgeschoss eines alten Herrenhauses aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts als Ein- und Ausgang für Passagiere zu nutzen.

Heutzutage nehmen die Verwaltungsbüros eines Theaters den größten Teil des Gebäudes ein.

Hochhaus am Krasnyje-Worota-Platz

Dieses exklusive Wohngebäude ist eine der „Stalin-Schwester“-Hochhäuser. In der Sowjetzeit befanden sich im zentralen Teil des Gebäudes das Verkehrsministerium sowie rund 270 Wohnungen in den beiden Seitenflügeln. Im Erdgeschoss des Hochhauses befindet sich die Eingangshalle der Metrostation Krasnyje Worota. 

Die Eingangshalle der Station und die Fundamente des Gebäudes wurden gleichzeitig gebaut, um Zeit zu sparen. Um zu verhindern, dass das Hochhaus in die Baugrube der Eingangshalle einstürzt, wurde der Boden der Baustelle künstlich gefroren und das Gebäude selbst wurde absichtlich in einem leichten Winkel errichtet, damit es sich beim Absetzen des Bodens gerade ausrichten konnte. 

Wohngebäude in der Prospekt-Mira-Straße

Die Station Prospekt Mira der Ringlinie wurde 1952 eröffnet. Der Ein- und Ausgang ist in einem Wohngebäude an der Prospekt-Mira-Straße 38 integriert. Bis 1966 hieß die Station, die ursprünglich mit landwirtschaftlichen Motiven geschmückt war, Botanitscheski Sad (Botanischer Garten). Die Fassade des Gebäudes wurde ein Jahr später erbaut und mit Flachreliefs mit Blumenornamenten verziert. 

Der zentrale Teil des Gebäudes ist 13 Stockwerke und die Seitenflügel sind jeweils acht Stockwerke hoch. Es war eines der letzten Beispiele stalinistischer Architektur in Moskau.

Gebäude in der Awtosawodskaja-Straße

1943 wurde die südliche Eingangshalle der Station Awtosawodskaja zunächst separat auf der Straße errichtet.

Sie sollte jedoch in den Wohnblock integriert werden, damit sie für die Bewohner bequemer ist. Dies wurde erst im Jahr 1961 umgesetzt.

Der Bau dauerte mehrere Jahre. Das Gebäude besteht aus drei Abschnitten: zwei Seitenflügeln und dem zentralen Teil, der den Eingang zur Metro enthält.

Über dem Eingang befinden sich Räumlichkeiten für die U-Bahn-Mitarbeiter.

Wohnhaus für Eisenbahnarbeiter

Die Metrostation Kurskaja an der Arbatsko-Pokrowskaja-Linie (dunkelblaue Linie) wurde 1938 eröffnet, und einer der Ausgänge befand sich in einem Wohnhaus.

Es wurde 1932 im konstruktivistischen Stil für Eisenbahnarbeiter errichtet. Heute beherbergt das Gebäude nicht nur gewöhnliche Wohnungen, sondern auch Büros.

Haus mit Turm am Smolenski Boulevard

Dieses Wohnhaus für die sowjetische Elite wurde in den 1950er Jahren vom legendären Architekten Iwan Scholtowski erbaut. Vor diesem großartigen Projekt hatte er an standardisierten Wohnblöcken gearbeitet.

Im Erdgeschoss befindet sich die Eingangshalle der Metrostation Smolenskaja der Filewskaja-Linie (hellblaue Linie). Laut Anwohnern bereitet eine solche Nähe zur Metro keine Unbequemlichkeiten: „Sie können nicht einmal das geringste Geräusch der U-Bahn hören, die buchstäblich unter dem Haus verläuft. Die Deckenhöhe im Keller beträgt sieben Meter.“

Eingangshalle im Innenhof des Gebäudes

Die Eingangshalle der Station Pawelezkaja der Ringlinie befindet sich im Erdgeschoss eines Gebäudes in der Nowokusnezkaja-Straße.

Das in den 1950er Jahren erbaute Gebäude beherbergt das Staatliche Institut für den Bau von U-Bahn- und Transportanlagen Metrogiprotrans und grenzt an einen gewöhnlichen Wohnblock an. Ein großer Teil der Eingangshalle befindet sich im Innenhof, aber Sie können dies nur aus der Ferne sehen.

>>> Das große Bauen: Wie der Sowjetstaat unter Stalin gen Himmel wuchs

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