Kolyma: Die düstere Geschichte der „Straße der Knochen“ (FOTOS)

Nikolai Nikitin/TASS
Die Kolyma-Fernstrasse ist Zeugnis einer der schrecklichsten Seiten in der sowjetischen Geschichte, die zwangsweise Industrialisierung und Entwicklung abgelegener Gebiete auf Kosten von Millionen menschlicher Leben.
Winterlandschaft entlang der Kolyma-Fernstraße („Straße der Knochen“)

Die R504 Kolyma-Fernstraße ist von einer Mischung aus Schmutz und Kies überzogen. Daher ist eine Fahrt hierher nur im trockenen Sommer oder im Winter möglich, wenn die Straße gefroren und mit Eis bedeckt ist. In anderen Jahreszeiten ist sie kaum zugänglich und vollständig mit Schlamm versehen.

Der Oltschanski-Pass in der Nähe des Dorfes Ust-Nera (Republik Sacha), einer der Orte an der Kolyma-Fernstraße

Im Winter schalten Fahrer hier niemals den Motor ihres Autos aus, weil er buchstäblich erfrieren könnte. Die Fernstraße erhielt den Spitznamen „Straße der Knochen“ aber nicht, weil hier etwa viele Fahrer erfrieren würden. Wie üblich hat das viel düsterere Gründe, die in der Geschichte des Landes zu suchen sind.

Gulag-Gefangene bauen eine Brücke über den Fluss Kolyma

Das Wort Kolyma ist in der russischen Sprache stark mit den berüchtigtsten Gulag-Lagern verbunden. Das System regionaler Arbeitslager im fernen Nordosten des Landes ist unter der Abkürzung SewWostLag bekannt. Die Einrichtungen von SewWostLag befanden sich entlang des Flussbettes von Kolyma, daher der inoffizielle Name „Kolyma“.

Arbeiter in einem der Arbeitslager im Kolyma-Gebiet

Die dunkle Geschichte dieses Ortes wurde von dem ehemaligen Kolyma-Gefangenen und bekannten sowjetischen Schriftsteller, Warlam Schalamow, verewigt. Seine „Kolyma-Geschichten“ sind wahrscheinlich das schrecklichste Buch über Stalins Arbeitslagersystem, das jemals geschrieben wurde.

Die Kolyma-Straße im Jahr 1938

Schalamow beschrieb, wie die Gefangenen unter härtesten Bedingungen überleben mussten. Sie schufteten bei Frösten von minus 50 Grad Celsius. Meistens sollten sie Eisenerze gewinnen und sogar radioaktives Uran abbauen.

Bergleute aus Kolyma-Lagern, um 1937-1938

Eine der schwierigsten Aufgaben der Häftlinge war der Goldabbau - sie mussten selbst in den kältesten Tagen Gold in Wasser abwaschen. Die Arbeiter litten an mangelnder Ernährung und ohne die passende Kleidung für derartige frostige Temperaturen hatten sie ständig Erfrierungen. Solche Bedingungen führten zu einer Reihe von Krankheiten wie Dystrophie oder Tuberkulose, gegen die die Gefangenen keine Behandlung bekamen.

Arbeiter gewinnen Gold

Um den Zugang zu den Minen zu erleichtern, mussten die Gefangenen die Infrastruktur einschließlich Straßen und Eisenbahnschienen an diesen wilden Orten aufbauen. Sie errichteten mehr als 3.000 Kilometer Straßen, darunter eine mehr als 2.000 km lange Strecke von der Stadt Magadan nach Jakutsk. Offiziell heißt diese Route Kolyma-Trakt, aber ihr Spitzname „Straße der Knochen“ ist viel bekannter.

Eine Goldmine in Kolyma

Gefangene bauten 20 Jahre lang die Straße, von 1932 bis 1952. Danach wurde das Lager geschlossen. Nach offiziellen Angaben arbeiteten in diesen Jahren rund 700.000 Häftlinge in diesem Gulag-Lager. Der Höhepunkt war 1940, als 190.000 Gefangene dort in Bergbau- und Bauarbeiten eingesetzt wurden. Es wird geschätzt, dass während des Bestehens des Lagers mehr als 125.000 Menschen ums Leben kamen.

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