„Jegliche Ähnlichkeit ist zufällig“: Wie Rasputins Mörder Hollywood zu einem Disclaimer veranlasste

Public Domain; Faabi/Getty Images
Fürst Felix Jussupow ging als Mörder des „Zarenmönchs“ Grigori Rasputin in die Geschichte ein, doch Hollywood erinnert sich aus einem anderen Grund an ihn: Ein Filmstudio musste wegen ihm tief in die Tasche greifen!

In der St. Petersburger Gesellschaft war der Fürst als eine äußerst extravagante Persönlichkeit bekannt, die zu waghalsigen Eskapaden und kommerziellen Unternehmungen neigte. Solche Menschen dienen als Vorlage für Filme, und so war es auch in diesem Fall. Metro-Goldwyn-Mayer (MGM) produzierte den Streifen, der für einen Oscar als bester Film nominiert wurde und von der Kritik hoch gelobt wurde. Jussupow und seiner Frau gefiel er jedoch mitnichten.  

Erbe eines Vermögens und Tyrann

Die Jussupows waren eine der reichsten Familien des Russischen Reiches, Besitzer von Anwesen, Palästen, Land und Fabriken und einer Sammlung von Familienjuwelen. Über vier Jahrhunderte hinweg stellten die Jussupows Militärführer, Geheimräte, Gouverneure, Minister und Kunstmäzene. Kurzum, die Familie hatte einen außergewöhnlichen Ruf und Status, der Anfang des 20. Jahrhunderts durch den jungen Felix arg ins Wanken geriet.

Nach dem Tod seines älteren Bruders Nikolai, der einem Duell zum Opfer fiel, wurde er zum Alleinerben dieses riesigen Vermögens, war aber immer noch eine Quelle für Familienskandale und gerichtlicher Auseinandersetzungen. „Eine Schande für den Familiennamen“, bekam er immer wieder von seinen eigenen Verwandten zu hören.

Im Alter von 17 Jahren trat er zum Spaß in Frauenkleidern in einem noblen St. Petersburger Kabarett auf. Bei seinem siebten Auftritt erkannte ihn ein Bekannter im Publikum anhand eines Familienschmuckstücks. 1909 ging er zum Studium nach Oxford. Während dieses dreijährigen Aufenthalts wurde er zum Teufelsanbeter, führte die Mode für schwarze Teppiche ein, galt fast als Hauptverdächtiger bei der Entführung des griechischen Prinzen Christopher, versuchte eines Nachts die Kuh (die er ehrlich am Tag zuvor gekauft hatte) von der vergesslichen alten Verkäuferin zu stehlen, wurde angeschossen und veranstaltete großartige Partys, an die sich die britische Gesellschaft nur schwer gewöhnen konnten.

Familie Jussupow

Nach Russland zurückgekehrt, begann Felix, sich seiner Verantwortung als einziger Erbe seiner prominenten Familie bewusst zu werden. Er begann, über politische Angelegenheiten nachzudenken. Dies veranlasste ihn im Alter von 29 Jahren zu einer Verschwörung: Er wollte Grigori Rasputin, den Favoriten der Zarenfamilie ermorden! Im Jahr 1916 wurde der Plan, wie wir wissen, erfolgreich umgesetzt. Felix selbst schoss dem Mönch nach einem erfolglosen Giftanschlag mit Zyankali in die Brust. „Ich war davon überzeugt, dass er das Böse und die Hauptursache für alles Unglück Russlands in sich birgt: Gibt es keinen Rasputin, wird es auch die satanische Kraft, deren Opfer der Zar und die Zarin geworden sind, mehr geben“, erinnerte sich Jussupow in seinen Memoiren.

Er sollte sich jedoch irren – der Tod Rasputins konnte die Selbstherrschaft nicht retten und nach der Oktoberrevolution floh Jussupow erst nach England und dann nach Frankreich.

Grigori Rasputin

Ein Glücksfall

Die Ermordung Rasputins blieb ungesühnt. Zwei Jahre zuvor hatte Jussupow einen Abkömmling der Zarenfamilie, die Nichte von Nikolaus II., Irina Romanowa, geheiratet. Egal wie wütend die Zarenfamilie über die Ermordung ihres Lieblings auch war, sahen sie doch keine Möglichkeit, ein Mitglied ihres Clans ernsthaft zu bestrafen. Außerdem hatte Jussupow viele Unterstützer, die glaubten, er handele im Interesse Russlands.

Felix und Irina Jussupow verließen Russland mit leichtem Gepäck – an Wertsachen nahmen sie nur den Familienschmuck und zwei Rembrandt-Gemälde mit. Dies erlaubte es ihnen jedoch, ihren gewohnten großzügigen Lebensstil beizubehalten und andere Emigranten finanziell zu unterstützen – in London widmeten sie sich ganz der Wohltätigkeit.

In den Dreißigerjahren, nunmehr in Frankreich, verschlechterte sich die Situation. Mit russischen Emigranten zeigte man kaum mehr Mitgefühl und das Vermögen schmolz dahin. Die Juwelen wurden verpfändet und der Rembrandt an einen amerikanischen Sammler, Joe Widener, verkauft. Die Jussupows hatten es zwar geschafft, ihr Modehaus IRFE zu eröffnen, eine Parfümerie-Linie auf den Markt zu bringen und mit einem Restaurant in den Gastronomiebereich einzusteigen, aber von ihrem früheren Wohlstand waren sie weit entfernt. es gab Tage, an denen Felix Jussupow sein luxuriöses Essen nicht bezahlen konnte und sein guter Name nicht mehr ausreichte, anschreiben zu lassen.

 Irina und Felix Jussupow

Doch plötzlich winkte ihnen das Glück: Das Filmstudio MGM starteten 1932 den weltweiten Vertrieb des Films Rasputin und die Kaiserin mit John Barrymore. Die Jussupow empfanden ihn beleidigend und verklagten das Studio vor einem Londoner Gericht. 

Gefährlicher Präzedenzfall

 Verbreitung unwahrer Informationen, Beleidigung und Verleumdung – so lauteten die Vorwürfe, mit denen die Jussupow gegen das Hollywood-Studio vor Gericht zogen. Der Film zeigte die Geschichte des Aufstiegs und des Todes Rasputins, sowie seine Beziehung zur Zarenfamilie und zu seinen Anhängern. Im Film wird Rasputin von einem gewissen Paul Tschegodajew ermordet – dessen Prototyp ist unverkennbar Fürst Jussupow. Allerdings empörte nicht dies die realen Jussupows – Felix hatte schließlich nie verborgen, das Verbrechen begangen zu haben (und dies sogar in seinem Buch Das Ende Rasputins beschrieben).

Im Film wird Natascha, die Braut des Fürsten, von Rasputin vergewaltigt und wird zu dessen Mätresse. Jussupow fühlte dadurch die Ehre seiner Frau Irina verletzt – die Parallelen zu ihr waren offensichtlich. In der ursprünglichen Version des Drehbuchs wurde sogar ihr Vorname verwendet, der dann aber während der Dreharbeiten ersetzt wurde.

Nach Zustellung der Klage entschuldigte sich das Filmstudio und erklärte öffentlich, dass die Prinzessin Natascha eine fiktive Figur sei und nichts mit Irina Jussupowa zu tun habe. Doch die Geschworenen stellten sich auf die Seite des Fürsten und befanden MGM für schuldig. Das Gericht gab der Forderung auf Schadenersatz in Höhe von 25.000 £ statt.

MGM zahlte weitere 75.000 £, um den Film weiter vertreiben zu dürfen, obwohl etwa 10 Minuten anzüglicher Szenen mit der Fürstin herausgeschnitten werden mussten. Die Gesamtsumme von 100.000 £ entspricht heute etwa 2,5 Mio. € – ein erkleckliches Vermögen für die Jussupows, das ihnen einen komfortablen Lebensstil ermöglichte!

Eben jener Prozess veranlasste die Filmstudios auch heute noch Filme und Bücher mit einem Haftungsausschluss zu versehen: Die Handlung und alle handelnden Personen sind frei erfunden. Jegliche Ähnlichkeit mit lebenden oder realen Personen wären rein zufällig.

Kurz vor seinem Tod versuchte Jussupow, die gleiche Karte noch einmal auszuspielen, indem er gegen CBS eine 1,5-Millionen-Dollar-Klage einreichte. Der Fernsehsender hatte den Horrorfilm Rasputin, der verrückte Mönch ausgestrahlt. Aber dieses Mal hatte der Fürst nicht so viel Glück und verlor den Rechtsstreit.

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