Was wurde aus den Nachkommen Grigori Rasputins?

Kira Lisitskaya (Photo: Bettmann, Heritage Images/Getty Images; Freepik)
Grigori Rasputin war ein Günstling der Romanows und sehr umstritten. Nach seiner Ermordung im Jahr 1916 wurden er und seine Rolle in der russischen Geschichte dämonisiert. Bis auf einen teilten seine Nachkommen dieses Schicksal.

Elemente des Bösen  

Von den sieben Kindern von Grigori Rasputin erlebten nur drei das Erwachsenenalter: Matrena, Warwara und Dmitri. Sie lebten bis 1913 mit ihrer Mutter im Dorf Pokrowskoje, etwa 1.150 km von Moskau entfernt. Als Rasputin am kaiserlichen Hof Fuß gefasst hatte, beschloss er, mit seinen Töchtern nach St. Petersburg zu ziehen, um Ihnen eine gute Zukunft zu ermöglichen. Er schickte Matrena und Warwara auf eine Schule mit ausgezeichnetem Ruf und führte sie nach und nach in seinen neuen adeligen Freundeskreis ein.

Grigori Rasputin (1869-1916).

Matrena beschrieb die Kinder des Zaren Nikolaus II. in ihren Memoiren als zerbrechliche Porzellanpuppen. „Die Kinder des Zaren wollten alles über mich wissen. Welche Schule ich besuche, wer mir die Haare macht und mich kleidet, ob ich mechanisches Spielzeug besitze und ihre Yacht schon gesehen hätte und wie unsere Kuh in Pokrowskoje hieß und so weiter und so fort!“  Die Mädchen freundeten sich schnell mit den Romanow-Kindern an. Matrena benannte sich bald in Maria um, da Matrena ein Name der Unterschicht war. Ein Jahr später schlug die Stimmung im Land gegenüber Rasputin ins Negative um. Das erreichte ein Jahr nach seinem Tod im Jussupow-Palast den Höhepunkt. Rasputins Familie verließ die Stadt, aber nur Maria schaffte es, auch das Land zu verlassen.

Grigori Rasputin mit seinen drei Kindern.

Kurz zuvor hatte sie Boris Solowjew geheiratet, einen Offizier und treuen Anhänger ihres Vaters und der kaiserlichen Familie. Sie erwarb auch neue Ausweispapiere und reiste über Wladiwostok nach Europa, da man wegen des Krieges nicht nach Westen fahren konnte. Die Züge auf der transsibirischen Strecke blieben oft für Monate stecken. Von Wladiwostok nach Europa mussten sie den Weg über Japan, Singapur und den Suezkanal nehmen. Die Reise dauerte zwei Jahre, und Maria brachte unterdessen ihren Erstgeborenen zur Welt. Die Familie ließ sich in Berlin nieder, bevor sie vier Jahre später nach Paris zog. Diese Flucht rettete Maria das Leben. Ihr Bruder und ihre Schwester hatten weniger Glück.  

Grigori Rasputin mit seiner Frau und seiner Tochter Matrjona, ganz rechts, 1911.

Nach dem Mord an ihrem Vater kehrte Warwara zu ihrem Bruder nach Pokrowskoje zurück. 1922 wurden ihnen alle Rechte entzogen und sie wurden beschuldigt, „bösartige Elemente“ zu sein. In den 1930er Jahren wurden Dmitri, seine Mutter und seine Familie verhaftet und als Zwangsarbeiter in den Norden geschickt, wo sie an Ruhr starben. Warwara war in der Zwischenzeit einfach von der Bildfläche verschwunden. Es gibt die Vermutung, dass sie in den 1920er Jahren an Typhus gestorben ist.

Tochter eines wahnsinnigen Mönchs  

Auch für die einzige überlebende Rasputin-Tochter in Paris lief es nicht so gut. Boris Solowjow eröffnete ein Restaurant, aber das Geschäft warf nichts ab. Meist aßen dort arme russische Emigranten, die anschreiben ließen. 1924 erkrankte Solowjow an Tuberkulose und starb. Zu diesem Zeitpunkt hatte Maria bereits zwei Kinder, Marie und Tatiana.

Nachdem sie kein Geld und Besitz mehr hatte, arbeitete Maria zunächst als Haushälterin für reiche Familien, bevor sie eine Stelle als Tänzerin am Empire Theater annahm (ihr Ballettunterricht half dabei).

Maria Rasputina.

Ihr Leben würde sich jedoch bald ändern. In den 1930er Jahren wurde die berühmte Tochter des Lieblingsmönchs des russischen Zaren vom Direktor des amerikanischen Zirkus „Barnum“ entdeckt. Wenn sie bereit wäre, mit einem Löwen in einem Käfig aufzutreten, versprach man ihr ein Engagement. „Großmutter stimmte natürlich zu“", schrieb ihre Enkelin (und Tochter von Tatiana), Laurence Huot-Solowjowa. „Nachdem sie vor der Revolution sowie vor dem Ersten Weltkrieg und dem Bürgerkrieg geflohen war, konnte ein Löwe im Käfig ihr keine Angst mehr einjagen.“

Ihr berühmter Nachname spielte eine bedeutende Rolle. Die Öffentlichkeit zeigte großes Interesse daran, „Maria Rasputina, die Tochter des verrückten Mönchs, bekannt geworden durch seine Heldentaten in Russland“ (wie sie auf den Plakaten beworben wurde) zu sehen, die angeblich die Fähigkeit hatte, wilde Tiere nur mit ihrem „Rasputin-Blick“ zu zähmen. Maria tourte mit dieser Show durch fast ganz Europa und die USA.

In Miami nahm ihre Karriere ein Ende. Sie wurde von einem Eisbären angegriffen. Nachdem sie lange Zeit im Krankenhaus verbringen musste, trat sie nicht mehr als Tierbändigerin auf.

Maria arbeitete dann in einer amerikanischen Werft. Nach dem Zweiten Weltkrieg wechselte sie in Waffenfabriken, wo sie bis ins hohe Alter arbeitete, nachdem sie 1945 die US-Staatsbürgerschaft erhalten hatte. Sie starb 1977 mit fast 80 Jahren. Ihre überlebenden Nachkommen leben im Westen und ihre Enkelin Laurence Huot-Solowjowa besucht gelegentlich Russland.

Tabuthema

Laurence wohnt derzeit in einem Herrenhaus in Paris, das mit Möbeln ausgestattet ist, die sie von Maria Rasputin geerbt hat. Im Schlafzimmer hängen Aufnahmen ihres Urgroßvaters

Der Name Rasputin war lange Zeit ein verbotenes Thema in der Familie. „Ich erinnere mich, wie Vater mit der Faust auf den Tisch schlug und verlangte, dass der Name zu Hause nie ausgesprochen und dass nie über die russischen Wurzeln der Familie gesprochen wird", sagte sie einmal der Zeitung „Kommersant“. Der Vater fürchtete, dass der schlechte Ruf des Namens Rasputin das Leben der Familie in Paris hätte beeinträchtigen können.   „Hier hat Rasputin eine negative Konnotation. Man nennt so Politiker, die gerne ungefragt Ratschläge geben.“  

„Erst als der Vater starb, sagte mein Cousin: „Wir müssen uns an unsere gesamte Geschichte erinnern, an alles, was wir über Urgroßvater wissen“. Aber auch diese Gespräche wurden ausschließlich im Kreise der Familie geführt

Laurence erzählte ihren Freunden diese Geschichte am Tag ihres 60. Geburtstages: „Unsere Gäste wären vor Schock beinahe von ihren Stühlen gefallen“, lacht sie. Seitdem war das Thema kein Tabu mehr und sie hat nun die Mission, die Geschichte zu verbreiten, um zu verhindern, dass der Name ihres Urgroßvaters mythologisiert wird.

„Wenn jemand denkt, dass ich ungewöhnliche Gaben besitze, muss ich sie enttäuschen", sagt Laurence. „Ich bin einfach eine Frau. Nachdem ich sitzen gelassen worden war, arbeitete ich als Sekretärin und zog meine Kinder auf. Ich habe drei Enkelkinder. In den letzten Jahren hat mein Leben spirituell eine neue Bedeutung erhalten. Ich beschäftige mich mehr mit der russischen Geschichte, der Geschichte des orthodoxen Christentums, studiere meine Wurzeln und beschäftige mich mit dem russischen Volk.“

Laurence arbeitet mit Journalisten zusammen, nimmt an Wissenschaftskonferenzen teil, gibt aber dennoch zu, dass einige Leute versuchen, sie zu meiden. „Ich habe Freunde, die sagen: ‚Weißt du, Laurence, ich mag dich, aber ich kann dich meiner Familie nicht vorstellen.‘ Und das nur deshalb, weil ich eine Nachfahrin Grigori Rasputins bin.“

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