Der erste und letzte Präsident der Sowjetunion sorgte erstmals 1997 für Aufsehen, als er in einem Werbespot von Pizza Hut auftrat.
Offensichtlich war es ein gutes Geschäft für beide Parteien. Gorbatschow benötigte Geld für seine internationalen humanitären und ökologischen Projekte, während Pizza Hut Werbung für sich in Russland betrieb. Also eine rein geschäftliche Beziehung.
Die US-Restaurantkette wollte Brücken zwischen Menschen unterschiedlichen Alters, unterschiedlicher Kulturen und Rassen bauen und machte daher Werbung mit bekannten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, Prominenten und Influencern wie Muhammad Ali.
„Manchmal bringt die Menschen nichts so zusammen wie eine schöne heiße Pizza von Pizza Hut", heißt es in einem 60-Sekunden-Spot.
Der Werbefilm zeigt zuerst einige der bekanntesten Moskauer Wahrzeichen wie die Christ-Erlöser-Kathedrale und die Basilius-Kathedrale. Dann zoomt die Kamera auf zwei einsame Gestalten, die unter einem Regenschirm Schutz suchen, während sie über den Roten Platz spazieren. Es sind Michail Gorbatschow und seine charmante Enkelin, die ihrer stilvollen Großmutter, Raisa Gorbatschowa, sehr ähnlich sieht. Die beiden betreten ein Pizza Hut Restaurant nur wenige Schritte vom Roten Platz entfernt. Eine russische Familie, die an einem der Tische dort Tisch sitzt, entdeckt Gorbatschow, der sich nun mit seiner Enkelin eine Pizza teilt, und beginnt darüber zu diskutieren, ob sein Vermächtnis gut oder schlecht für das Land war.
„Seinetwegen gibt es die Wirtschaftskrise und politische Instabilität!", beschwert sich ein Mann mittleren Alters und holt zum ersten Schlag im Wortgefecht aus.
„Und Freiheit und viele Möglichkeiten“, entgegnet der Jüngere.
„Seinetwegen haben wir Pizza Hut“, stellt eine ältere Dame fest.
Der Spot endet damit, dass alle „Ein Hoch auf Gorbatschow!“ skandieren. Der Spot wurde ein Hit.
Tatsächlich spiegelte die Pizza-Hut-Werbung die Alltagsrealität von Millionen von Menschen wider, die Gorbatschow die Schuld an all ihrem Elend gaben, und von denen, die ihn als ihren Helden bezeichneten.
Gorbatschow übernahm 1985 die Macht in der UdSSR bis zu ihrem Zusammenbruch 1991. Er machte sich einen Namen als Politiker, der den Fall des Eisernen Vorhangs und der Berliner Mauer initiierte. Er forcierte eine bahnbrechende neue Politik (bekannt als Perestroika und Glasnost), die große Veränderungen versprach und die Hoffnungen und Sehnsüchte von Millionen von Sowjetbürgern bediente. In Wirklichkeit, so die Meinung vieler, öffnete Gorbatschow mit seinen Reformen die Büchse der Pandora. Die Perestroika sollte die jahrzehntelange wirtschaftliche Stagnation beenden und die Innen- und Außenwirtschaft auf Vordermann bringen, während die Politik der Glasnost eine noch nie dagewesene Meinungsfreiheit erlaubte. Aber, wie man so schön sagt, der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert und viele Pläne erwiesen sich als unmöglich umzusetzen. In den späten 1980er Jahren hatten viele Menschen mehrere Jobs, um ihre Familien zu ernähren und sich ein neues Leben aufbauen zu können. Manche Familien brachen auseinander, manche Träume platzten. Die abrupten Veränderungen führten zu Lebensmittelknappheit und verursachten allmählich „wirtschaftliche Unsicherheit und politische Instabilität“. Sie wurden zu einem Katalysator für die Auflösung der UdSSR.
Jahrzehnte nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion sind die Russen immer noch geteilter Meinung über Gorbatschows Erbe.
Pizza Hut war nicht das einzige Unternehmen, für das der ehemalige Führer der Sowjetunion in einer TV-Werbung auftrat.
2007 entschied sich das französische Luxuslabel Louis Vuitton für eine Hommage an „Belle de Jour“-Star Catherine Deneuve, Tennislegende Andre Agassi und seine Frau Steffi Graf sowie Michail Gorbatschow.
Die Werbung zeigt Gorbatschow auf dem Beifahrersitz eines Autos, das an der ikonischen Berliner Mauer vorbeifährt, mit einer charakteristischen Vuitton-Tasche an seiner Seite.
Die von Annie Leibovitz gestaltete Werbung betonte das Konzept des komfortablen Reisens.
Das Haus Vuitton erklärte, Gorbatschow habe keine Gage bekommen, stattdessen habe man an das von Gorbatschow 1993 gegründete Internationale Grüne Kreuz gespendet, das für verbesserte Lebensbedingungen und gegen Armut und Umweltverschmutzung eintritt. Die Höhe der gespendeten Summe ist nicht bekannt.
„Beide Werbekampagnen, an denen Michail Gorbatschow teilnahm, waren mit der Notwendigkeit verbunden, die Organisationen zu finanzieren, die er leitete - die Gorbatschow-Stiftung und Internationales Grünes Kreuz", so Pawel Palaschtschenko, der Dolmetscher des letzten sowjetischen Führers und Leiter des Pressedienstes der Gorbatschow-Stiftung gegenüber „RIA Novosti“.
Die Gorbatschow-Stiftung wurde 1991 gegründet. Sie betreibt „Forschung zu sozialen, wirtschaftlichen und politischen Problemen von entscheidender Bedeutung in der russischen und der Weltgeschichte". Gorbatschow, der kürzlich 90 Jahre alt wurde, ist bis heute Präsident der Stiftung.