Fünf russische Städte, die vom Erdboden verschwunden sind

Es ist noch nicht lange her, dass diese Siedlungen und Städte von der Landkarte Russlands verschwunden sind. Was ist passiert?

1. Mologa, Region Jaroslawl

Das „russische Atlantis“, wie diese einst blühende Handelsstadt oft genannt wird, wurde beim Bau des Rybinsk-Stausees in den 1940er Jahren überflutet.

Die Stadt Mologa (270 km nördlich von Moskau) geht auf das 12. Jahrhundert zurück und war ein wichtiges Handelszentrum im Russischen Reich, wo große Messe stattfanden. Hier befand sich auch das alte Afanasjewski-Kloster, das im 15. Jahrhundert erbaut wurde.

Das Gebiet, wo sich Mologa befand.

Vor der Überschwemmung hatte Mologa etwa 7.000 Einwohner. Ihre Umsiedlung dauerte vier Jahre. Die Blockhäuser wurden abgebaut und den Fluss hinunter transportiert. Steinhäuser und hohe Gebäude wurden abgerissen, damit sie die Schifffahrt nicht behinderten.

Die meisten der ehemaligen Bewohner von Mologa siedelten in die Nähe der Stadt Rybinsk um. Dort wurde auch ein Museum der Region Mologa eröffnet.

Manchmal sinkt der Wasserstand in dem Gebiet, in dem Mologa einst stand, und die Ruinen der Gebäude ragen aus dem Wasser. Die überflutete Stadt zieht viele Touristen und Taucher an, die unter Wasser gehen, um die alten Straßen und die Überreste der alten Häuser zu sehen.

2. Wesjegonsk, Gebiet Twer

Eine der zentralen Straßen von Wesjegonsk. Das Foto wurde vor 1916 aufgenommen.

Die Stadt Wesjegonsk (420 km nördlich von Moskau) am nördlichen Teil des Rybinsk-Stausees erlitt das gleiche Schicksal wie Mologa. Auch sie war eine alte Handelsstadt mit einer Einkaufspassage, eindrucksvollen Häusern und Steinbauten. Vor der Überschwemmung hatte Wesjegonsk etwa 6.000 Einwohner. Der Abriss der Häuser begann 1940. Im Jahr 1943 wurde die Stadt schließlich überflutet. Der Zweite Weltkrieg war bereits im Gange, und die Männer der Stadt waren zur Armee eingezogen worden. Daher mussten alle Umsiedlungsarbeiten von Frauen durchgeführt werden. Die Bewohner wurden in Kolchosen im Süden der alten Stadt umgesiedelt. Die neue Siedlung erhielt den gleichen Namen.

3. Tana, Gebiet Rostow

Die Überreste eines alten genuesischen Tors in Asow.

Am Rande der heutigen Stadt Asow in Südrussland gibt es eine Straße, die nach der italienischen Stadt Genua benannt ist. Dort befinden sich auch die Überreste eines alten genuesischen Tores, das einst Teil einer mittelalterlichen Festung war. Im 12. bis 14. Jahrhundert war das Gebiet um diesen Ort Teil der von italienischen Kaufleuten gegründeten Stadt Tana. Ein Teil davon wurde von den Genuesen, der andere von den Venezianern bewohnt, die ständig in Konflikt miteinander standen. Dies hinderte die Stadt, die an der Handelsstraße von Moskau nach Konstantinopel lag, jedoch nicht daran, ein blühendes Handelszentrum zu sein. Während der Zeit der Goldenen Horde (Mitte des 12. Jahrhunderts) fiel Tana (oder Tan) an die Tataren-Mongolen. Die Stadt war Zeuge zahlreicher kriegerischer Auseinandersetzungen, wurde aber immer wieder neu aufgebaut, bis sie 1475 durch eine türkische Invasion fiel.

Die Asowsche Festung.

Damals gründete das Osmanische Reich die Festung Asak, die sich heute im Zentrum der Stadt Asow befindet.

4. Sarkel, Gebiet Rostow

Sarkel. Luftaufnahme von den sowjetischen Ausgrabungen in den 1930er Jahren.

Sarkel (was in der chasarischen Sprache „weiße Festung“ bedeutet) ist eine alte Stadt, die auf dem Grund des Zimljansker Stausees liegt. Sie wurde Mitte des 9. Jahrhunderts an den Ufern des Don in Südrussland als Außenposten des Chasaren-Khaganats, eines Nomadenstaates, errichtet. Sarkel kam 965 unter russische Herrschaft, wurde aber Anfang des 12. Jahrhunderts von den Polowzys besiegt. Die Bewohner verließen die Stadt, nachdem sie einen Teil der Festungsmauern abgetragen hatten, um mit den Steinen ihre Häuser zu bauen.

Wasserkraftwerk Zimlyanskaja am Don.

In den 1930er Jahren gruben sowjetische Archäologen diese Orte aus und fanden die Überreste von Sarkel. Spuren der Mauern, Reste von Türmen, Toren und Verteidigungslinien waren recht gut erhalten. Die von den Archäologen entdeckten antiken Artefakte und Haushaltsgegenstände werden heute in Museen in ganz Russland aufbewahrt, vor allem in der Eremitage in St. Petersburg und im Museum von Nowotscherkassk. Die Festung Sarkel wurde beim Bau des Zimljansker Stausees 1952 überflutet. Noch immer zieht es Taucher zu den Ruinen. 

5. Neftegorsk, Region Sachalin

Neftegorsk nach dem Erdbeben.

Diese Siedlung auf der Insel Sachalin wurde bei einem der schwersten Erdbeben der russischen Geschichte zerstört. Es ereignete sich in den frühen Morgenstunden des 28. Mai 1995 und zerstörte Neftegorsk innerhalb von 17 Sekunden, wobei 2.040 der 3.197 Einwohner ums Leben kamen. Augenzeugenberichten zufolge stürzten die Häuser in Neftegorsk einfach ein und zerfielen zu Staub. „Als ich die Augen öffnete, stellte ich fest, dass ich mit dem Kopf auf einem Brett unter einem Stück Dachmaterial lag“, erinnert sich Tatjana Mironowa, die damals zehn Jahre alt war. „Als ich wieder zu mir kam, hörte ich die Schreie der Menschen, das Knistern der brennenden Bretter und die Stimme meines 14-jährigen Bruders, den ich in einer Lücke zwischen den Brettern sehen konnte. Ich weiß nicht mehr, wie wir unter den Trümmern hervorgekommen sind, aber wir haben alle überlebt. Wir müssen unter einem Glücksstern geboren worden sein.“

Das Denkmal für die Opfer des Erdbebens. Juschno-Sachalinsk.

Die Überlebenden wurden in andere Bevölkerungszentren auf Sachalin umgesiedelt, hauptsächlich in die Stadt Juschno-Sachalinsk. An der Stelle, an der Neftegorsk einst stand, steht heute eine Gedenkstätte mit den Namen der Erdbebenopfer.

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung ausschließlich unter Angabe der Quelle und aktiven Hyperlinks auf das Ausgangsmaterial gestattet.

Weiterlesen

Diese Webseite benutzt Cookies. Mehr Informationen finden Sie hier! Weiterlesen!

OK!