Es ist schwierig, sich etwas vorzustellen, das einem russischen Bauernhaushalt heiliger ist als sein Herd. Der Herd - oder Petsch - war riesig, manchmal so groß wie das halbe Haus, und war so etwas wie ein Haus im Haus. Er diente der Zubereitung von Speisen, der Beheizung des Hauses, der Aufbewahrung von Geschirr, dem Trocknen von Wäsche und sogar der Entbindung (und dem Sterben) - und in einigen Regionen diente er sogar als Bad. Nicht zuletzt wurde er auch zum Schlafen benutzt.
Der Ofen war der begehrteste Schlafplatz im Haus. Nicht jeder in der Familie hatte Zugang dazu.
Wo genau schläft man auf einem Petsch?
Der Ofen wurde nicht immer zum Schlafen benutzt. Zunächst, im 8. bis 13. Jahrhundert, wurde das Gerät „schwarz“ beheizt, das heißt, es gab keinen Schornstein, und der Rauch zog nur durch die Tür oder die kleinen Fenster unter der Decke ab. Doch im 15. und 16. Jahrhundert, mit dem Aufkommen feuerfester Ziegel, erhielten die Öfen ihre ersten Rohre, was zu einer neuen Funktionalität führte.
Die gesamte Konstruktion des Ofens diente einem gemeinsamen Ziel - der möglichst effektiven Nutzung der Wärme. So konnten die langen kalten Winter, für die Russland so berühmt ist überstanden werden. Selbst bei bitterstem Winterfrost konnte der Ofen, einmal angefeuert, den ganzen Tag über das Haus warm halten. Seine Wände waren 25 bis 40 Zentimeter dick, was eine effektive und gleichmäßige Wärmespeicherung und -ausbreitung gewährleistete.
Der Platz zum Auflegen wurde „Perekryschka“ genannt. Es handelte sich um die oberste Schicht der Ziegel, direkt unter der Decke, die die gesamte Wärme von innen speicherte. Dieser Raum wurde mit allen möglichen Stoffen und Decken ausgelegt, um einen Schlafplatz zu schaffen. Eine Person konnte auch darauf sitzen, mit gerade genug Kopffreiheit. Im Winter, wenn regelmäßig nachgelegt wurde, blieb die Temperatur bei angenehmen 25 bis 27 Grad.
Wer durfte auf der „Perekryschka" schlafen?
Auf der Perekryschka zu schlafen - dem wärmsten und gemütlichsten aller Plätze - war ein Privileg, kein Recht. Zunächst einmal konnte man dort nicht wirklich eine ganze Familie, die oft sehr groß war, unterbringen. Auf den größten Perekryschkas passten vielleicht fünf bis sechs Personen. In den meisten Fällen fanden aber nur zwei Personen gleichzeitig Platz.
Der Platz war in der Regel für das angesehenste oder älteste Familienmitglied vorgesehen - das Familienoberhaupt oder eine ältere Person. Er wurde auch für die Pflege von Kranken genutzt, da man ihm heilende Eigenschaften zuschrieb. Auch Frühgeborene wurden dort versorgt.
Alle anderen Familienmitglieder schliefe dagegen auf sogenannten Polati, Brettern, die zwischen dem Ofen und den Wänden angebracht waren. Polati (verwandt mit dem modernen russischen Wort für „Regal“ - polka/polki) waren ebenfalls recht warm, wenn auch nicht so bequem wie die begehrte Perekryschka.
Benutzen moderne Russen Öfen zum Schlafen?
Russische Öfen waren ein teurer Luxus und ziemlich kompliziert in der Konstruktion. Sobald eine kompaktere Alternative auftauchte, gehörten sie daher der Vergangenheit an. Dieser Prozess begann irgendwann in der Mitte des 19. Jahrhunderts, als die russischen Haushalte gemauerte Holländische Öfen bekamen. Man konnte zwar nicht darauf schlafen, aber sie waren viel einfacher zu warten.
In einigen Dörfern und Siedlungen kann man noch heute einen Blick auf den traditionellen russischen Ofen werfen.
Inzwischen machen sich einige Leute - wenn auch sehr selten – wieder die Mühe, einen solchen Ofen in ihr Haus einzubauen, wenn auch einen moderneren, der aber immer noch so aussieht wie der von früher.
Der Durchschnittspreis für ein solches Gerät ist nach wie vor recht hoch - ein kleines klassisches Modell kostet 80.000 bis 210.000 Rubel (ca. 900 bis 2.400 Euro), während der Preis für ein komplexeres Modell mit Schornstein und Leiter bis zu 700.000 (etwa 8.000 Euro) betragen kann. Die Besitzer behaupten, sie würden sie immer noch zum Schlafen benutzen, ob Sie es glauben oder nicht!