Welche Deutsche wurden mit dem sowjetischen Friedenspreis ausgezeichnet?

Russia Beyond (Photo: Anatoly Garanin/Sputnik; Vladimir Savostyanov/TASS)
Während der Stalin-Zeit wurde der sowjetische Friedenspreis an Ausländer verliehen, unter den Würdenträgern waren auch deutsche Politiker und Schriftsteller.

Der „Internationale Preis für die Stärkung des Friedens unter den Völkern“ war eine der renommiertesten Auszeichnungen der Sowjetunion. Gegründet im Jahr 1949, trug es bis 1955 den Namen Josef Stalins. Während der Politik der Entstalinisierung wurde er in „Lenin-Friedenspreis“ umbenannt.  

Der Preis wurde jährlich an fünf bis zehn Bürger eines beliebigen Landes der Welt verliehen, „ungeachtet ihrer politischen, religiösen und rassischen Unterschiede, für herausragende Verdienste im Kampf gegen Kriegstreiber und für die Stärkung des Friedens“. 

Der Preisträger erhielt eine Medaille, eine Urkunde und einen Preisgeld (nach dem damaligen Wechselkurs etwa 25.000 Dollar). Die Auswahl der Preisträger oblag einem besonderen Ausschuss. 

1 Anna Seghers (1951, DDR)

Deutsche Schriftstellerin wurde 1900 als Netty Reiling in einer jüdischen Familie in Mainz geboren. Seit 1928 benutzte sie den Schriftstellername Anna Seghers. Im selben Jahr wurde sie Mitglied der KPD. Im Jahr 1930 unternahm sie ihre erste Reise in die Sowjetunion, die Seghers dann im Laufe ihres Lebens mehrmals besuchen würde. 

1933 ging sie über die Schweiz ins Exil. Während ihres Auslandsaufenthalts bis Kriegsende schrieb sie weiter Romane und war politisch aktiv. Ende der 1940er kehrte sie nach Deutschland zurück und war seit 1950 als angesehene Schriftstellerin in der DDR tätig. Im nächsten Jahr erhielt sie nicht nur den ersten Nationalpreis der DDR, sondern  sie war auch die erste Deutsche, die mit dem „Internationalen Preis für die Stärkung des Friedens zwischen den Nationen“ ausgezeichnet wurde.

2 Johannes Robert Becher (1952, DDR) 

Johannes Robert Becher (1891-1958), deutscher Dichter und Minister für Kultur der DDR, wurde 1891 in München geboren. 1917 trat er der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD) noch zu Zeiten der Weimarer Republik bei. Und schon zwei Jahre später wird Becher Mitglied der  Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD).

Nach der Machtübernahme durch der NSDAP verließ er Deutschland. 1935 war er als Chefredakteur des Exilmagazins „Internationale Literatur - Deutsche Blätter“ sowie Mitglied des Zentralkomitees der KPD tätig. Nach dem Kriegsende kehrte er nach Berlin zurück und wurde Mitglied des Parteivorstands (später des Zentralkomitees) der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED).

1950 wurde Becher Träger des Nationalpreises der DDR für den Text der DDR-Hymne. Zwei Jahre später erhielt er als schon berühmter kommunistischer Schriftsteller den Internationalen Stalinpreis. Von 1954 bis 1958 war Becher als  Minister für Kultur der DDR tätig.

3 Bertolt Brecht (1954, DDR)

Bertolt Brecht, deutscher Schriftsteller und Theatermann, wurde 1898 in Augsburg geboren. 1933  emigrierte er aus Nazi-Deutschland. Er lebte in der Schweiz, in Dänemark und Schweden und ging dann in die USA. 1947 kehrte er nach Berlin zurück. 1949 übersiedelte er nach Ostberlin, wo er das demokratische deutsche Theater „Berliner Ensemble“ gründete und leitete, das in viele Länder, auch in die UdSSR, tourte. 

1954 wurde ihm der Internationale Stalinpreis überreicht.

4 Joseph Wirth (1955, BRD)

Joseph Wirth (1879-1956) war ein angesehener deutscher Politiker. Nach der Ausbruch des Ersten Weltkrieges meldete er sich als Kriegsfreiwilliger und diente als Krankenpfleger an der West- und Ostfront. Von 10. Mai 1921 bis 14. November 1922 war er Reichskanzler der Weimarer Republik. Am 16. April 1922 unterzeichnete Wirth den Rapallo-Vertrag mit dem jungen sowjetischen Staat, der die außenpolitische Isolation beider Länder beendete. 

Während des Zweiten Weltkriegs schloss Wirth sich einem Kreis deutscher Exilpolitiker an. Er war Gegen den Militarismus in der BRD und 1955 sprach er sich gegen den Beitritt Westdeutschland in die NATO aus. Im selben Jahr erhielt er die Ehrendoktorwürde der Humboldt-Universität in Ost-Berlin. Er befürwortete die Aufnahme freundschaftlicher Beziehungen zur UdSSR. Ebenfalls 1955 wurde er Träger des Internationalen Stalinpreises.

5 Arnold Zweig (1958, DDR)

Arnold Zweig (rechts)

Arnold Zweig (1887-1968) wurde im schlesischen Glogau als Sohn des jüdischen Sattlermeisters geboren. Im Laufe seines Lebens wandelte er sich vom preußischen Patrioten zum Pazifisten nach dem Ersten Weltkrieg. Am Ende seines Lebens wurde er zum Kommunisten und zu einem der populärsten Schriftsteller in der DDR.

Als die NSDAP 1933 an die Macht kam, emigrierte  Zweig ins Ausland. In Frankreich lebten schon einige seiner Kollegen wie Thomas Mann, Anna Seghers und Bertolt Brecht. Erst 1948 übersiedelte Zweig nach Ost-Berlin, wo es für ihn dank auch der zurückgekehrten Brecht und Seghers ein günstigeres Arbeitsumfeld gab.

Zweig hielt wichtige Positionen in öffentlichen und kulturellen ostdeutschen Organisationen: In den Jahren 1949-1968 war er Abgeordneter der Volkskammer der DDR, wie auch Präsident der Deutschen Akademie der Künste der DDR (1950-1953). Im Jahr 1958 wurde der Schriftsteller im Moskauer Kreml mit dem Internationalen Lenin-Preis ausgezeichnet. 

6 Otto Buchwitz (1959, DDR)

Der in Breslau geborene Otto Buchwitz (1879-1964) war ein angesehener Aktivist der deutschen Arbeiterbewegung. Im Jahr 1914 wurde er zum Militärdienst einberufen und kämpfte bis zum Kriegsende in Ostpreußen. In den 1920er Jahren bekleidete er verschiedene politische Ämter.

1941 wurde er vom Volksgerichtshof zu acht Jahren Haft verurteilt. Im April 1945 wurde er von der Roten Armee aus dem Konzentrationslager Sonnenburg befreit. Nach dem Krieg nahm er zahlreiche Positionen in der sächsischen Kommunalverwaltung ein. Buchwitz erhielt zahlreiche staatliche Auszeichnungen, darunter war 1959 auch der Internationale Lenin-Preis.

7 Martin Niemöller (1967, BRD)

Martin Niemöller (1892-1984) war deutscher evangelischer Theologe, Pfarrer der Evangelischen Kirche und einer der bekanntesten Gegner des Nationalsozialismus in Deutschland. Dank seinem ungebrochenen Willen leistete er Widerstand gegenüber der NS-Diktatur in den Vor- und Kriegsjahren. In den Jahren 1941 bis 1945 war er  Häftling des Konzentrationslagers Dachau. In den Nachkriegsjahren war er nicht nur als evangelischer Kirchenführer, sondern auch als Friedens- und Abrüstungsaktivist bekannt. Dafür erhielt er 1967 den Leninpreis.

8 Herbert Warnke (1967, DDR)

Warnke (1902-1975) war ein deutscher Gewerkschaftsaktivist und Politiker in der DDR. Er wurde in eine Arbeiterfamilie hineingeboren. 1923 trat er in die KPD ein. In den Jahren 1932 bis 1933 war er Abgeordneter des Reichstags. Nach der Machtübernahme durch Adolf Hitler ging er in den Untergrund, beteiligte sich aber weiterhin aktiv am antifaschistischen Kampf. In den Jahren 1936 bis 1945 emigrierte er. Nach dem Kriegsende kehrte er nach Deutschland zurück und wurde politisch aktiv: seit 1946 Mitglied der SED, seit 1948 war er Vorsitzender des Zentralvorstandes des Bundes Freier Deutscher Gewerkschaften, seit 1948 Mitglied des ZK der SED, seit 1953 Kandidat und seit 1958 Mitglied des Politbüros des ZK der SED. Ferner war er seit 1953 stellvertretender Vorsitzender des Weltgewerkschaftsbundes (WGB). Den Internationaler Leninpreis erhielt er 1967.

9 Ernst Busch (1972, DDR)

Ernst Busch (1900-1980) war ein Sänger, er spielte im Theater und in Filmen. Er war auch ein politischer Aktivist und ein Mitglied der Kommunistischen Partei. Busch stammte aus einer Arbeiterfamilie, litt unter den Nazis und wurde für seine Lieder über sozialistisches Durchhaltevermögen und den Kampf der Arbeiterklasse bekannt. Unter den zahlreichen Auszeichnungen war auch der Lenin-Friedenspreis (1972). 1981, ein Jahr nach seinem Tod, wurde die Hochschule für Schauspielkunst in Ost-Berlin nach ihm benannt. Nach der deutschen Wiedervereinigung behielt die Schule ihren Namen bei. 

10 Kurt Bachmann (1979, BRD)

Kurt Bachmann (1909-1997) war ein westdeutscher Arbeiteraktivist. 1932 trat er in die Kommunistische Partei Deutschlands ein. Als illegaler Antifaschist ging er 1938 nach Frankreich, wo er sich an der Widerstandsbewegung beteiligte. Nach seiner Verhaftung 1942 war er bis Kriegsende in Konzentrationslagern der Nazis inhaftiert. Von 1950 arbeitete er im Sekretariat des Vorstands der Kommunistischen Partei Deutschlands in Westdeutschland, bis diese 1956 verboten worden war.  1969 bis 1973 war Bachmann Vorsitzender der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP). Für seine Verdienste erhielt er den Leninpreis im Jahr 1979.

11 Josef Weber (1985, BRD)

Josef Weber (rechts)

Josef Weber (1908-1985) war eine politische und öffentliche Persönlichkeit und ein aktives Mitglied der westdeutschen Friedensbewegung und ab 1951 in diversen Friedenskampagnen tätig.

1980 initiierte Weber den sogenannten Krefelder-Appell, der sich gegen den NATO-Doppelbeschluss wandte. Das Atlantische Bündnis kündigte die Installation der Raketen und Marschflugkörper mit Atomsprengköpfen in Westeuropa an, um sich gegen die sowjetische Bewaffnung zu schützen. Der Krefelder-Appell wurde von mehreren hunderttausend Personen unterschrieben.

Weber wurden Auszeichnungen wie der Friedensmedaille des DDR-Friedensrates (1973) und der Lenin-Friedenspreis (1985) in der Bonner Botschaft der Sowjetunion verliehen.

12 Herbert Mies (1987, BRD)

Herbert Mies (rechts)

Mies (1929-2017) war ein westdeutscher Politiker. Nach dem Zweiten Weltkrieg schloss er sich der KPD an. Mies war unter denjenigen Westdeutschen, die ihr Studium an der Parteihochschule Karl Marx in der Sowjetischen Besatzungszone abschlossen. 

Im September 1968 wurde Mies stellvertretender Parteivorsitzender der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP), der Nachfolgepartei der 1956 verbotenen KPD. 1973 übernahm er den DKP-Vorsitz, den er bis 1989 behielt.

Mit Erich Honecker, dem FDJ-Vorsitzenden, verband Mies eine politische Freundschaft. Er war ein geschätzter Gast auf Parteitagen und anderen Massenveranstaltungen - nicht nur in den sozialistischen Bruderländern, sondern auch in der Sowjetunion. Die letzte verlieh ihm 1987 den Lenin-Friedenspreis, damit war Mies der letzte deutsche Träger dieser Auszeichnung. 

>>> Wie ein Vertrag mit den Deutschen Sowjetrussland aus der internationalen Isolation führte

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