Wie ein sowjetischer Junge ein schrecklicher Verbrecher und am Ende hingerichtet wurde

Kira Lisitskaya (Photo: Archive photo)
Das Verbrechen von Arkadij Nejland schockierte die gesamte Sowjetunion. Die Menschen kamen zu Kundgebungen und Demonstrationen und forderten die Erschießung des Teenagers.

Am Morgen des 27. Januar 1964 klingelte es an der Tür einer Wohnung in der Sestroretskaja-Straße 3 in Leningrad (heute St. Petersburg). Auf der Türschwelle sah die 37-jährige Bewohnerin Larissa Kuprejewa einen jungen Mann, der sich als Postbote vorstellte und darum bat, eintreten zu dürfen.

Als er sah, dass sich in der Wohnung nur die Frau und ihr dreijähriger Sohn Jura aufhielten, zückte der „Postbote“ plötzlich eine versteckte Axt und schlug siebzehn Mal auf die verblüffte Mutter ein. Nachdem er sie getötet hatte, machte er sich über das Kind her. Damit die Nachbarn die Schreie der Opfer nicht hören konnte, hatte er die Lautstärke der Musikanlage auf das Maximum gestellt.

Larissa Kuprejewa und ihr Sohn Jura.

Der Doppelmörder Arkadij Nejland, der am 28. Januar erst fünfzehn Jahre alt war, durchwühlte alle Schränke in der Wohnung und nahm das Geld, einige Kleidungsstücke von Larissas Ehemann, der zu dieser Zeit abwesend war, einen Koffer und eine Kamera mit. Mit letzterem nahm er mehrere Fotos der toten Frau in unanständigen Posen auf, in der Hoffnung, sie später zu verkaufen.

Nejland frühstückte in aller Ruhe in der Küche, öffnete dann alle Hähne des Gasherdes und setzte die Wohnung in Brand, um die Spuren seines schrecklichen Verbrechens zu verwischen…

Das Wolfsjunge, das ein Wolf werden wollte

Seine Familie trug nicht unwesentlich dazu bei, dass Arkadij den Weg der Kriminalität einschlug. Sein Stiefvater, ein starker Trinker, schlug ihn, und seine Mutter, die ebenfalls dem Alkohol zugeneigt war, griff in keiner Weise ein. Bereits im Alter von sieben Jahren lief der Junge von zu Hause weg und wurde bei der Miliz aktenkundig.

In der Schule wurde Nejland wiederholt dabei erwischt, wie er Geld und Gegenstände von Mitschülern stahl. Er war zwar kein dummes Kind, hatte aber er keine Lust zu lernen und wurde schließlich im Alter von zwölf Jahren wegen Leistungsverweigerung der Schule verwiesen. Der schwer erziehbare Teenager stahl auch in der Fabrik, in der danach einen Job gefunden hatte.

Im Alter von vierzehn Jahren war Arkadij körperlich gut entwickelt. Er raubte nun einsame Passanten aus und brach in Häuser ein, wurde aber aus irgendwelchen Gründen nie dafür bestraft. Am 24. Januar 1964 wurde er sogar verhaftet, aber es gelang dem Jugendlichen, aus dem Gewahrsam zu entkommen.

Damals beschloss Nejland, ein großes Ding zu drehen, einen „schrecklichen Mord“ zu begehen und mit dem Erlös nach Suchumi (in Abchasien) zu ziehen und sich dort niederzulassen. Er wählte die Wohnung der bedauernswerten Larissa Kuprejewa (ihre Tür war mit Leder ausgekleidet, was damals als Zeichen von Reichtum galt). „Ein Wolfsjunges, das sich darauf vorbereitete, ein Wolf zu werden“, so beschrieb Polizeimajor Witalij Lessow, der an dem Fall arbeitete, Arkadij.

Auf der Spur des Mörders

Der Schauplatz des Verbrechens.

Dem jugendlichen Täter gelang es letztendlich nicht, die Wohnung niederzubrennen. Der Brandgeruch veranlasste die Nachbarn, die Feuerwehr zu rufen, die die Leichen fand.
Am Tatort fand das Untersuchungsteam auch blutige Fingerabdrücke und eine verkohlte Axt. Die Mieter sagten aus, dass sie einen unbekannten, etwa fünfzehnjährigen Teenager mit vollen Lippen“ gesehen hatten, der sich dort herumtrieb.

Alle Spuren führten zu einem alten Bekannten der Leningrader Polizei – Arkadij Nejland. Bereits am 30. Januar wurde er auf dem Bahnhof von Suchumi festgenommen und in seine Heimatstadt zurückgebracht.

Ein besonderer Fall

Der Schauplatz des Verbrechens.

Nejland beantwortete bereitwillig die Fragen der Ermittler und beschrieb alle Umstände des Doppelmordes. Auf die Frage, warum er das wehrlose Kind getötet habe, antwortete er, das Kind habe ihn durch sein Weinen gestört.

Arkadij war sich sicher, dass er als Jugendlicher nicht mit der Todesstrafe rechnen musste. Nach dem Strafgesetzbuch der RSFSR konnten Personen unter 18 Jahren nicht zu dieser Strafe verurteilt werden.

Es geschah jedoch etwas, was der jugendliche Mörder nicht vorhersehen konnte: Der Fall erregte ein breites öffentliches Echo. „Ich war erstaunt über die Kampagne, die sich entwickelte, als die Öffentlichkeit erfuhr, dass der Mörder der Familie Kuprejew inhaftiert worden war“, erinnert sich Lessow: „Es kam zu Kundgebungen und Versammlungen. In den Zeitungen wurde gefordert, ihn nicht nur strafrechtlich zu verfolgen, sondern ihn zu erschießen und desshalb das Präsidium zu bitten, die Todesstrafe für Nejland zuzulassen.“ 

Am 17. Februar 1964 verabschiedete das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR eine Resolution, die die Anwendung der Todesstrafe auf Minderjährige erlaubte. Obwohl Arkadijs Verbrechen nicht darunter fiel, wurde für ihn eine Ausnahme gemacht, da die begangenen Morde „besonders grausam, kaltblütig und zynisch“ waren.

Am 23. März 1964 wurde Nejland zum Tode durch Erschießen verurteilt. Der schockierte Verbrecher, dessen Gnadengesuch abgelehnt worden war, konnte lange Zeit nicht glauben, dass ihn ein so schreckliches Schicksal erwartete.

Im Tagebuch des Gefängnisarztes ist vermerkt: „In der Nacht wurde ich dringend zu Arkadij Nejland gerufen. Er war hysterisch. Er hämmerte gegen die Eisentür und schrie: ,Ich will nicht sterben! Ich will das nicht!ʻ“ Am 11. August desselben Jahres wurde das Urteil vollstreckt.

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