Wie die Braut für russischen Zaren ausgewählt wurde

Geschichte
GEORGI MANAJEW
Träumten die Mädchen im vorpetrinischen Russland jemals heimlich (oder auch offen) davon, Zarin zu werden? Nun, manchmal hat es diese Gelegenheit gegeben.

Jewfimija Wsjewoloschskaja war die erste Braut des jungen Zaren Alexej Michailowitsch. Sie wurde bei einer Brautschau 1647 ausgewählt. Von mehr als 200 Bewerberinnen erreichte sie das „Finale“ – sie war eines der sechs jungen Frauen, die sich dem 18-jährigen Zaren vorstellen durften. Und Alexej Michailowitsch wählte sie!

Jewfimija war bereits im Oberen Zimmer der Zarin, ihren künftigen Gemächern, untergebracht worden. Die Mägde hatten ihr Tuch jedoch so fest gebunden, dass Jewfimija auf dem Weg zum Zaren ohnmächtig wurde. Dieser Vorfall diente als Grund, den Vater des Mädchens zu beschuldigen, die Panikstörungen, unter der seine Tochter litt, vor den Hofbeamten des Zaren verborgen zu haben. Infolgedessen wurde die Familie Wsjewoloschskij in den Ural verbannt und Jewfimija selbst stand unter lebenslangem Hausarrest.

Wie wird man eine Zarenbraut?

Heute sind die Historiker davon überzeugt, dass Jewfimijas Ohnmachtsanfall auf Betreiben von Boris Morosow, dem Hauslehrer des jungen Zaren, geschah, der seine eigene Kandidatin, Maria Miloslawskaja, lancieren wollte, die schließlich die Frau des Zaren wurde. So wurde damals um den Platz an der Seite des Zaren gekämpft!

Wenn ein Zar beschloss zu heiraten, setzte dieser Wunsch einen ganzen Mechanismus der Brautwerbung in Gang, der im Moskauer Reich vom byzantinischen Reich übernommen worden war. Zunächst wurden Abgesandte durch die Städte geschickt, die nach Mädchen mit bestimmten Parametern suchten. Die Auserwählten wurden nach Moskau eingeladen, wo sie den Frauen des Hofstaates vorgestellt und äußerlich untersucht wurden.

Die Zarenbraut musste dem Zaren in erster Linie einen gesunden Erben schenken. Deshalb suchten die adligen Frauen nach gesunden Mädchen: Sie fragten, wie viele Geschwister sie hatten, erkundigten sich bei mitreisenden Verwandten, ob es in der Familie Krankheiten gab. Diejenigen, die die strenge Auswahl bestanden hatten, wurden bald dem Zaren vorgestellt – normalerweise waren es etwas mehr als zehn solcher Mädchen.

Diese Anwärterinnen wurden auch einer gründlichen körperlichen Untersuchung unterzogen. Dem Historiker Igor Simin zufolge „gehörte in der Zeit des Moskauer Zarenreichs die geburtshilfliche Untersuchung der Anwärterinnen auf die Position der Zarenbraut durch Hebammen zum Prozedere ihrer Aufnahme vor den Augen des Zaren oder des Thronfolgers, wobei ,die intimsten Teile des Körpers nicht ohne eingehende Untersuchung gelassenʻ wurden.“

Die livländischen Adligen Johann Taube und Elert Kruse beschreiben in ihrer Epistel über Iwan den Schrecklichen, wie der Zar 1571 eine Brautschau gleichzeitig für sich und seinen Sohn Iwan veranstaltete. Von 2.000 Mädchen wurden zunächst 24 und dann 12 ausgewählt. „Sie mussten ihren gesamten Schmuck und ihre Kleider ablegen und sich nackt untersuchen lassen, ohne sich zu schämen oder Widerstand zu leisten. Sein [des Zaren] Arzt war anwesend, und er sollte ... über ihre Natur, ihre Eigenschaften und ihre Gesundheit urteilen.“

Wie unabhängig war der Zar bei der Wahl seiner Gemahlinnen?

Als der Tag kam, an dem die angehenden Zarinnen den Zaren treffen sollten, wurden die ausgewählten Mädchen in die Gemächer des Monarchen eingeladen. Die endgültige Entscheidung traf der Zar selbst. Natürlich zeigte er nicht mit dem Finger auf die Auserwählte. Als der Zar durch die Gemächer schritt, überreichte er den Mädchen teure bestickte Tücher, indem er ihnen diese um den Hals warf. Eines der Mädchen erhielt außerdem einen Ring als Zeichen dafür, dass sie ausgewählt worden war.

Aber wie wir aus der Geschichte von Jewfimija wissen, war selbst das „Auserwähltsein“ keine Garantie dafür, dass ein Mädchen Zarin wurde. Maria Chlopowa, die erste Braut Michail Fjodorowitschs, wurde nach der Auswahl im Jahr 1616 ebenfalls in die Oberen Gemächer der zukünftigen Zarin geführt. Die Kirchen im gesamten Zarenreich beteten bereits für ihre Gesundheit als zukünftige Zarin. Doch die Saltykows, Verwandte der Zarenmutter Martha, hetzten ihre Schwiegermutter gegen die junge Zarin auf und verabreichten Chlopowa zusätzlich Gift, was zu eine Magenverstimmung führte.

Während die Braut erbrach, verkündete die Bojaren-Duma, dass „die Zarenbraut nicht stark genug für die Freude des Zaren ist“, was bedeutete, dass Chlopowa nicht ausreichend gesund gewesen sei, um Kinder zu bekommen. Selbst der positive Befund der Ärzte über Marias Gesundheit konnten die Intrigen am Hof nicht unterbinden und Chlopowa wurde schließlich nach Tobolsk verbannt. Auch sieben Jahre später wollte die Zarenmutter nicht zulassen, dass ihr noch unverheirateter Sohn zu Maria zurückkehrt und sie heiratet. Er musste sich dem Willen seiner Mutter beugen und die von ihr ausgewählte Maria Dolgorukij heiraten.

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