10 Karrierestufen eines sowjetischen Kommunisten: Von den Windeln bis zum Staatsoberhaupt (TEIL 2)

Kira Lisitskaya (Global Look Press / Scherl, wikipedia.org / Oleg - 73, wikipedia.org / Jbarta)
Vom kleinen „Oktoberkind“ und Pionier zum Parteichef: Der kommunistische Lebensweg eines Sowjetbürgers begann schon in jungen Jahren. Wie viele Stufen musste man normalerweise durchlaufen und wie hoch konnte man aufsteigen?

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  1. Mitglied der Kommunistischen Partei

Endlich bekommt Petja seinen Mitgliedsausweis der Partei und ist nun ein echter Kommunist. Petja muss Mitgliedsbeiträge zahlen, und für jede geleistete Zahlung wird ein Vermerk in den Ausweis eingetragen.

Josef Stalins Mitgliedsausweis der Partei.

In der Anfangszeit der Sowjetunion waren die meisten Parteimitglieder Fabrikarbeiter und Bauern (Kolchosarbeiter). Mit der Zeit wuchs jedoch die Zahl der kommunistischen Funktionäre, die keine Arbeiter oder Bauern waren.

Petja muss nun an Parteiversammlungen teilnehmen, was er natürlich mit Begeisterung tut, und er erwartet, dass dort ernste Probleme besprochen und Wege gefunden werden, die Welt zu verbessern. Wenn Petja sich bei seiner Arbeit als sehr engagiert erweist, dann kann er sich dafür entscheiden, die Partei und ihre kommunistische Mission zum Hauptziel und Mittelpunkt seines Lebens zu machen.

Für wahrhaft überzeugte Kommunisten wie Petja gab es mehrere sowjetische Oberschulen, die Parteifunktionäre – die so genannte Nomenklatura – vorbereiteten. Diejenigen, die diese Schulen absolvierten, konnten eine große Karriere innerhalb der Partei einschlagen.

  1. Sekretär einer Parteizelle

Die Kommunistische Partei war eine allgegenwärtige Struktur, die ihre Vertreter in allen sowjetischen Organisationen hatte – in Mittelschulen, Gymnasien, in jeder Fabrik und jedem Krankenhaus, in wissenschaftlichen Instituten und in der Armee.

Unterrichtsklasse einer Parteiorganisation.

Da Petja sich entschieden hat, ein Berufskommunist zu werden, kann er auch Leiter einer Parteizelle werden und sich den Titel Sekretär verdienen. Petja wird für die Förderung der politischen Bildung zuständig sein. Er muss die Versammlungen der Parteimitglieder organisieren und sich um eine Reihe anderer Angelegenheiten kümmern. So könnte sich beispielsweise die Frau eines Fabrikarbeiters bei Petja beschweren, dass ihr Mann zu viel trinkt oder untreu ist. Dann muss Petja eine öffentliche Versammlung der Genossen organisieren, die dann versuchen werden, den Mann wieder auf den rechten Weg zu bringen.

  1. Sekretär einer regionalen Parteizelle

Neben den kleinen Parteizellen im Betrieb gab es auch Parteikomitees, die für Bezirke, Städte, Regionen und schließlich für ganze Sowjetrepubliken zuständig waren. Wenn Petja sich als charismatischer Führer erweist, kann er für ein hohes stehendes Komitee nominiert werden. Und wenn er Glück hat, hat er dann die Chance, zum Sekretär dieses Komitees gewählt zu werden.

Boris Jelzin überreicht als Sekretär des Swerdlowsker (Jekaterinburger) Parteikomitees den „Orden des Roten Banners der Arbeit“ an die Perwouralsker Fabrik.

Er hat bereits eine sehr prominente Position in der Partei erreicht, und diese Leute haben in der Regel sehr viel Macht. Petja wird nun in der Lage sein, die Parteimitglieder in untergeordneten Positionen zu beeinflussen und zu leiten, und er wird die Befugnis haben, sie anzuweisen, Aufgaben auszuführen, die er selbst von oben erhält. Als Sekretär eines Regionalkomitees wird Petja über ausgezeichnete Verbindungen verfügen und viele Leute kennen, von denen er dann profitieren kann, einfach aus dem Grund, dass er es kann!

  1. Mitglied des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei

Nach guten Leistungen im Parteikomitee der Region oder der Republik kann Petja die große Ehre zuteil werden, in die Elite der Partei und der gesamten Sowjetunion aufgenommen zu werden – in das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei. Dies waren die wichtigsten Personen im ganzen Land. Im sowjetischen Staatsgefüge gab es zwar Ministerien und Minister, aber die Mitglieder des Zentralkomitees hatten das eigentliche Sagen für Bereiche wie Kultur, Propaganda, Leicht- und Schwerindustrie, Bauwesen, Verkehr und vieles andere mehr.

Boris Jelzin überreicht als Sekretär des Swerdlowsker (Jekaterinburger) Parteikomitees den „Orden des Roten Banners der Arbeit“ an die Perwouralsker Fabrik.

Darüber hinaus kann Petja zum Vorsitzenden der politischen Leitung eines Ministeriums ernannt werden... um ein Kontrolleur der Kommunistischen Partei für die Verwaltungsstrukturen zu sein.

Um in das Zentralkomitee aufgenommen zu werden, muss Petja eine spezielle Hochschule für Mitglieder des Zentralkomitees absolvieren. Dieses Organ war die wichtigste Führungsinstanz der Sowjetunion, und es hatte nur wenige Mitglieder. Im Jahr 1990 waren es maximal 412.

  1. Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei

Petja ist jetzt ein brillantes Parteimitglied, ein Kommunist und ein loyaler Mitarbeiter. Er hat die Möglichkeit, in die Führungsstruktur des Zentralkomitees gewählt zu werden, das Sekretariat, das für alle Aktivitäten der Partei und ihren Bestand verantwortlich ist, das Politbüro, das das ideologische Exekutivorgan ist.

Leonid Breschnew auf dem Lenin-Mausoleum – er war Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei.

In der Sowjetunion (das Wort Sowjet bedeutet Rat) gab es eine Art Parlament, das sich aus dem Obersten Sowjet und dem Präsidium des Obersten Sowjets zusammensetzte. Und der Vorsitzende des Präsidiums des Obersten Sowjets... war tatsächlich offiziell der Führer der Sowjetunion! Aber in Wirklichkeit war der wahre Führer der Sowjetunion der Vorsitzende der Kommunistischen Partei. (Diese Position wurde Generalsekretär oder Erster Sekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei genannt).

Leider ist es sehr unwahrscheinlich, dass Petja diese Position erreichen wird, aber wir kennen ein paar Leute, die es geschafft haben: Josef Stalin, Georgij Malenkow (für ein halbes Jahr), Nikita Chruschtschow, Leonid Breschnew, Juri Andropow, Konstantin Tschernenko und Michail Gorbatschow, der das Amt und das gesamte Staatssystem reformierte... bis es zusammenbrach.

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