Stützpfeiler der Bolschewiki: Wie lettische Soldaten den Kommunismus retteten

Michail Kuleschow/Sputnik
Die lettischen Schützen waren hervorragende Soldaten und zugleich brutale Vollstrecker. Sie waren die Stützpfeiler der Bolschewiki in den frühen Jahren Sowjetrusslands. Gedankt wurde es ihnen später nicht.

Die Bataillone der lettischen Schützen kämpften zuverlässig und gnadenlos gegen die Widersacher der Bolschewiki und retteten auch Lenin selbst mehrfach aus unbequemen Situationen. 

Verteidigung Lettlands 

Obwohl die russische kaiserliche Armee gegen ethnische Militäreinheiten war, gab es 1915 keine Wahl als eine solche zu schaffen. Die Deutschen hatten bereits Kurland (West-Lettland) besetzt und waren auf dem Weg nach Riga.

Deutsche Soldaten in Lettland, ca. 1915

Der russische General Michail Alexejew, Oberbefehlshaber der Nordwestfront, setzte ab 1. August den Befehl um, zunächst Freiwilligenbataillone zusammenzustellen. Bis zum Jahresende kämpften die Freiwilligen in sechs Verbänden und trugen mit ihrem Widerstand dazu bei, dass die Deutschen an der Einnahme Rigas scheiterten und nicht weiter nach Petrograd vorrücken konnten. 

Wächter der Revolution 

Als sich nach der Februarrevolution von 1917 innerhalb der russischen Armee Disziplinlosigkeit breit machte, waren die lettischen Schützen einige der wenigen, die ihre Kampfmoral aufrechterhielten. 

Sie hatten kaum eine andere Wahl. Da der größte Teil des Landes von den Deutschen besetzt war, hatten sie wenige Möglichkeiten, zu desertieren. 

Die meisten Letten standen der Revolution positiv gegenüber. Die kommunistischen ideale fanden großen Anklang ebenso wie das Versprechen der Bolschewiki, den lang ersehnten Frieden herbeizuführen. 

Die gut organisierten, den Bolschewiki gegenüber loyalen, lettischen Schützen, die sich nun den Beinamen „die Roten” gaben, wurden die Feuerwehr der Bolschewiki, nicht nur bildlich gesprochen. Sie kämpften an vorderster Front gegen die Kommandeure der Weißen, besiegten Judenich in Petrograd, Denikin in Moskau und versetzten Wrangel auf der Krim einen vernichtenden Schlag. 

1919 versuchten sie mit Hilfe der Bolschewiki, eine Lettische Sowjetrepublik zu gründen. Sie waren an der Niederschlagung antibolschewistischer Aufstände beteiligt. Ihre Brutalität war gefürchtet. So sehr, dass daraus das Sprichwort entstand: Nimm keinen Henker, nimm einen Letten. Sie wurden mit der Bewachung strategisch wichtiger Standorte in Moskau betraut und schützten Lenin sowie andere Führer der Bolschewiki. Die lettischen Schützen waren laut dem Historiker Wladimir Buldakow nicht weniger als „die Prätorianer des Kremls

Aufstand der Sozialrevolutionäre 

Am 6. Juli 1918 probten die linken Sozialrevolutionäre (SR), die Mitstreiter der Bolschewiki in der Regierungskoalition, in der alten und neuen Hauptstadt Moskau den Aufstand. Sie waren unzufrieden mit dem als Schmach empfundenen Vertrag von Brest-Litowsk. Die Wahl des Tages war kein Zufall. Die lettischen Schützen feierten den Jani-Tag, ein nationales Fest, außerhalb der Stadt.

In der Absicht, die Deutschen zu einem erneuten Krieg zu provozieren, hatten die Sozialrevolutionäre den deutschen Botschafter Wilhelm von Mirbach ermordet. Tscheka-Führer Felix Dserschinski war gefangen genommen worden und die Unterstützer der Rebellen besetzten strategisch wichtige Gebäude Moskaus. Das Damoklesschwert schien über Lenin und der Macht der Bolschewiki zu schweben.

Wieder eilten die lettischen Schützen zur Rettung. Ihr Angriff stieß auf heftige Gegenwehr und führte zu großen Verlusten, doch sie hatten die Aufständischen innerhalb von 24 Stunden in die Knie gezwungen. 

„Verschwörung der Botschafter” 

Eine weitere Gelegenheit für die lettischen Schützen, ihr Können unter Beweis zu stellen, bot sich sehr bald danach. Im August 1918 kam es zur sogenannten „Verschwörung der Botschafter, über die nach wie vor nur wenig bekannt ist.

In der Version des Letten Jakow Peters, einer der führenden Köpfe der Tscheka, der jedoch nicht bei den lettischen Schützen war, habe der Brite Robert Lockhart federführend, unterstützt vom französischen Botschafter Joseph Noulens, und US-Botschafter David Francis, vorgehabt, die lettischen Schützen zu bestechen und sie anzustiften, Lenin festzunehmen oder gar zu töten und sich dann den  vorrückenden Invasionstruppen anzuschließen.

Doch Eduard Bersin, der lettische Schütze, der geschmiert werden sollte, entpuppte sich als Tscheka-Agent. Die Verschwörung wurde aufgedeckt.  

An den Hebeln der Macht 

Nach der Niederlage von Wrangels Truppen auf der Krim und dem Ende der aktiven Phase des Bürgerkriegs wurden die lettischen Schützen aufgelöst. Einige Soldaten kehrten zurück nach Lettland, andere ließen sich in der neuen Heimat nieder. Die Kommandeure der lettischen Schützen, aber auch andere Letten ohne Verbindung zu diesen, machten steile Karrieren in Sowjetrussland und der gesamten UdSSR. Gustav Bokis, zum Beispiel, führte die Panzergrenadiere der Roten Armee an. Jukums Vācietis war zeitweilig Oberbefehlshaber und Jakow Alksnis Befehlshaber der sowjetischen Luftwaffe.

Jan Bersin

Eduard Bersin, der in der Lockhart-Verschwörung eine Schlüsselrolle gespielt hatte, baute das Gulag-System auf. Sein Namensvetter Jan Bersin (ursprünglicher Name Peteris Kuzis), war der Kopf hinter dem sowjetischen Geheimdienst. 

Die in den 1920er Jahren so hoch geschätzten „Lenin-Prätorianer“ fielen zur Stalinzeit während der 1930er Jahre jedoch in Ungnade. Den Großen Terror überlebten die meisten von ihnen nicht. Sie wurden verhaftet und hingerichtet. 

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