Wasilissa, 1899.
Iwan Bilibin/Public DomainWir fahren fort, Ihnen interessante Details über Hexen zu erzählen, die in Russland lebten, und wie sie sich von europäischen Hexen unterschieden.
Nach Hexen gesucht wurde meist, wenn das Leben in einem Dorf in eine Krise geriet. Dürre, Seuchen und Tierkrankheiten, Lähmungen und Leistenbrüche bei den Bauern – all dies führte zu einer verzweifelten Suche nach einem Schuldigen.
Es hieß, eine Hexe sei am leichtesten zu fassen, wenn sie bei einem Ritual erwischt wurde. Die Hexen machten in der Morgendämmerung Bruchstellen (Knoten) in den Roggen oder Weizen auf dem Feld, liefen mit offenen Haaren durch den Tau und zogen ein Tuch hinter sich her - sie sammelten Tau, um die Milch von den Kühen zu stehlen.
Man glaubte, dass eine Hexe sich in ein Tier verwandeln konnte - eine Katze, einen Hund, ein Schwein. Manchmal fingen sie ein herrenloses Tier und verpassten ihm eine Markierung - einen Schnitt am Ohr oder an der Schnauze. Wenn die verdächtigte Person dann erkrankte, war die „Schuld“ bewiesen.
Die Dorffrauen achteten im Allgemeinen darauf, ob im Haus einer einsamen Frau nachts ein Licht brannte – „es war eine Schlange, die zu ihr flog“, „es war ein Teufel, der zu ihr ging“. Wenn eine alleinstehende Frau ein außereheliches Kind hat, „hat sie es vom Teufel bekommen“. Wenn eine alte Frau „nicht vom Tod geholt wurde“, ist das ein Anlass, sie zu fragen, wen sie verhext hat, wem sie geschadet hat, denn es galt, dass Hexen wegen ihrer Sünden nicht ins Jenseits entlassen wurden. Es war möglich, einer Hexe beim Sterben zu helfen, indem man ihr Macht und Wissen „entnahm“.
Eine „erwiesene“ Hexe wurde nicht nur gemieden, sondern konnte auch bestraft werden. Zunächst einmal durfte sie nicht nach Hause gehen, sie bekam kein Salz, keine Streichhölzer, kein Mehl. Man konnte das Haus oder die Hexe selbst in Brand setzen. Ende des 19. Jahrhunderts verdächtigten die Bauern im Poschechonsky-Kreis der Provinz Jaroslawl eine alte Frau der Hexerei, die den Tod von Vieh verursacht haben sollte, und versuchten, sie in einer Blockhütte zu verbrennen. Nur ein Priester konnte die Frau retten.
Snacharka heilt ein Kind und eine Frau, Rjasan Region, 1914.
Public domainIm Allgemeinen wurden im alten Russland Hexen selten hingerichtet. Von den 99 Hexenprozessen in Moskau in den Jahren 1622-1700 endeten 10 mit der Verbrennung. Wenn sie verbrannt wurden, dann nicht, indem man sie an einen Pfeiler band, sondern indem man sie in ein Blockhaus steckte - auf dieselbe Weise, wie man die Altgläubigen verbrannte. Russische Quellen enthalten auch keine Hinweise darauf, dass sich Hexen jemals versammelt hätten. „Man findet keine Aufzeichnungen über Hexenflüge oder Hexenzirkel“, schreibt Nada Boschkowska.
Die Russen hatten Möglichkeiten, Hexen „aufzudecken“, aber es gab keine „Prüfungen“ wie das Eintauchen in Wasser oder das Wiegen, das Durchsuchen des Körpers nach Symbolen oder Zeichen des Teufels. Russische Geistheilerinnen und Hexen wurden auf der Folterbank verhört, aber damals war dies eine der gängigsten Methoden der Befragung in einem Strafverfahren. Generell, so schreibt Boschkowska, „verband man mit der Hexerei im Moskauer Zarenreich das Zufügen gesundheitlicher Schäden auf eine besondere Weise, also im Wesentlichen mit schwarzer Magie“. Die Strafen für die meisten Fälle von Hexerei unterschieden sich nicht von Strafen wegen anderer Vorwürfe. Wer der Hexerei bezichtigt und für schuldig befunden wurde, musste damit rechnen, ausgepeitscht und nach Sibirien verbannt zu werden.
Ein wichtiger Unterschied bestand darin, dass die Hexerei in Russland nicht ausschließlich eine Angelegenheit der Frauen war. Es wurden allgemein weniger Frauen als Männer der Hexerei beschuldigt. Die Hexenforscherin Valerie Kivelson untersuchte 223 Hexenprozesse im 17. Jahrhundert. Von den 495 Beschuldigten waren 367 (74 %) Männer und 128 (26 %) Frauen.
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