Was hätte Hitler im Falle seines Sieges mit der Bevölkerung der UdSSR gemacht?

Der Führer im Hauptquartier des Bodenkommandos am 7. August 1941

Der Führer im Hauptquartier des Bodenkommandos am 7. August 1941

Keystone-France/Gamma-Keystone via Getty Images
Der Plan der Nazis war es, einen Teil der Bevölkerung der Sowjetunion auszurotten und den Rest zu versklaven oder in den asiatischen Teil des Landes zu verbannen.

Am 22. Juni 1941 überquerten die deutschen Truppen die Westgrenze der Sowjetunion und rückten, nachdem sie die Verteidigungslinien der Roten Armee erfolgreich durchbrochen hatten, auf Leningrad, Moskau und Kiew vor. In relativ kurzer Zeit besetzten sie große Teile der Ukraine, Weißrusslands und des Baltikums.

Bekanntlich plante die deutsche Militärführung 1941 die Einnahme der sowjetischen Hauptstadt, was jedoch scheiterte. Im folgenden Jahr wollte die Wehrmacht bis zur Wolga vordringen, Stalingrad einnehmen und den Kaukasus mit seinen reichen Ölvorkommen erobern.

Doch was war das letztendliche Ziel von Hitlers „Marsch gegen den Bolschewismus“? An welchen Grenzen sollte die deutsche Armee Halt machen? Und welches Schicksal hätte die Sowjetunion im Falle einer Niederlage erwartet?

Eroberung

Die Nazis wussten sehr gut, dass sie nicht in der Lage sein würden, das gesamte sowjetische Gebiet bis zur Pazifikküste zu besetzen. „Die enorme Größe des russischen Territoriums macht seine vollständige Eroberung absolut unmöglich“, bemerkte der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht, Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel.

Deutsche Patrouillen in Stalingrad

Nach der Zerschlagung der Roten Armee, die man innerhalb von 6 bis 10 Wochen anstrebte, sollten die deutschen Truppen die Wolga-Archangelsk-Linie erreichen. Hier sollte nach dem Barbarossa-Plan ein Schutzwall gegen das asiatische Russland geschaffen werden. „Das letzte unter russischer Hoheit verbliebene Industriegebiet im Ural kann durch die Luftfahrt kontrolliert werden“, hieß es in dem Dokument.

Aufgrund der beachtlichen militärischen Erfolge der Wehrmacht wurde diese operative und strategische Grenze deutlich nach Osten bis an den Ural verschoben. „Die Sicherheit des Reiches wird erst dann gewährleistet sein, wenn westlich des Urals keine ausländischen militärischen Einheiten mehr stehen; die Sicherung dieses Raumes ... übernimmt Deutschland“, sagte Hitler am 16. Juli 1941.

Eine Frau weint auf den Ruinen ihres von den Nazis niedergebrannten Heimatdorfes nach der Schlacht um Rschew.

Man ging davon aus, dass die besiegte Sowjetunion nach dem Entzug des kaukasischen Öls (die sibirischen Ölfelder waren noch nicht entdeckt worden) einfach von der politischen Landkarte Europas verschwinden und von ihren Überresten keine Bedrohung für Deutschland ausgehen würde. Die Russen hätten damit den gesamten Fernen Osten und einen Teil Sibiriens bis zum Baikalsee verloren, der nach dem strategischen Plan „Kantokuen“ von Japan eingenommen werden sollte.

Auch seine europäischen Verbündeten bedachte Hitler großzügig. Den Finnen sollte Ostkarelien und das dem Erdboden gleichgemachte Leningrad, den Rumänen Bessarabien und ein Teil der Ukraine zugesprochen werden.

Kindliche Häftlinge des Konzentrationslagers Majdanek vor der Befreiung durch Truppen der Roten Armee.

Die NS-Führung hatte keine klare Vorstellung von der administrativ-territorialen Organisation der besetzten Gebiete. Einige Gebiete sollten künftig direkt in das Dritte Reich eingegliedert werden, während andere den Status von halbselbstständigen Gebieten, „Militärkolonien“ usw. erhalten sollten.

In der Zwischenzeit wurden in den annektierten Gebieten die Reichskommissariate geschaffen, Verwaltungseinheiten, die für die totale Ausplünderung der Gebiete zuständig waren. Reichsmarschall Hermann Göring, der für die wirtschaftliche Ausbeutung der sowjetischen Gebiete zuständig war, erklärte: „Im Osten will ich plündern, und zwar richtig plündern. Alles, was den Deutschen im Osten von Nutzen sein könnte, muss in Windeseile herausgeholt und nach Deutschland geschafft werden“.

Kolonisierung

Die Kampfhandlungen waren noch nicht beendet und die Rote Armee noch nicht besiegt, aber das Dritte Reich plante bereits, wie der gewonnene „Lebensraum“ für die Besiedlung durch Deutsche genutzt werden sollte. Projekte zur Germanisierung der sowjetischen Gebiete wurden unter anderem vom Reichssicherheitshauptamt, dem Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete, der Deutschen Arbeitsfront und dem Oberkommando der Wehrmacht vorgelegt.

Deutsche Soldaten kämpfen im Rahmen der Operation Barbarossa, 1941.

Die gemeinsame Arbeit mehrerer Stellen mündete in den so genannten „Generalplan Ost“, der nur in Teilen überliefert ist. Er sah vor, dass innerhalb von 30 Jahren nach Kriegsende nicht mehr als 14 Millionen Einheimische auf dem europäischen Gebiet der ehemaligen Sowjetunion unter deutscher Kontrolle bleiben sollten. Die restlichen 40 bis 50 Millionen sollten nach Westsibirien umgesiedelt werden. Für die „im europäischen Geist erzogenen“ baltischen Völker (vor allem Esten und Letten) war eine „Germanisierung“ vorgesehen.

Ohne den Beginn der „Umsiedlung“ abzuwarten, begannen die Nazis schon in den ersten Kriegstagen mit der physischen Ausrottung der „rassisch minderwertigen“ Bevölkerung. Massenexekutionen wurden an Personen jüdischer Herkunft, an Roma und an politischem Führungspersonal der Roten Armee vollzogen. Bis zu sieben Millionen Menschen starben in den besetzten Gebieten, in Kriegsgefangenenlagern und in der belagerten Stadt Leningrad an den Folgen eines bewusst herbeigeführten Hungertodes.

Belagerung von Leningrad

Ein Mitarbeiter des juristischen Dienstes in Hitlers Hauptquartier, Henry Picker, hielt die Gedanken seines Chefs zur Germanisierung der ehemaligen sowjetischen Gebiete fest: „Das Ziel seiner Ostpolitik ist es, diesen Raum zu erschließen, um ihn mit Hundert Millionen Angehörigen der deutschen Rasse zu besiedeln. Es müssen alle  Anstrengungen unternommen werden, mit unermüdlicher Beharrlichkeit eine Million Deutsche nach der anderen dorthin zu schicken. Spätestens in zehn Jahren möchte er die Meldung erhalten, dass in den in das Deutsche Reich einverleibten oder von unseren Truppen besetzten Ostgebieten mindestens zwanzig Millionen Deutsche leben.“

„Bei der Besiedlung des russischen Raumes müssen wir den „Reichsbauern“ besonders komfortable Wohnmöglichkeiten zur Verfügung stellen“, erklärte der Führer im September 1941. „Deutsche Einrichtungen sind in prunkvollen Gebäuden - Gouverneurspalästen - unterzubringen. Um sie herum müssen alle notwendigen Strukturen für das Leben der Deutschen aufgebaut werden. Im Umkreis der Stadt, in einem Gebiet von 30-40 Kilometern, werden sich deutsche Dörfer von auffallender Schönheit ausbreiten, verbunden durch die besten Straßen. Eine andere Welt wird entstehen, in der die Russen leben dürfen, wie sie wollen. Aber unter einer Bedingung: Wir werden die Herren sein“.

Gefangene Nazis nach der Niederlage bei Moskau

Die russischen Kinder sollten in einer Volksschule unterrichtet werden, allerdings nur vier Klassen lang. In den Augen der Nazi-Ideologen sollten sie ihren Namen schreiben können, bis fünfhundert zählen und lernen, dass „der Herrgott von den Deutschen Gehorsam verlangt und dass sie ehrlich, fleißig und anständig sein sollen.“

Eine Bevölkerung, die auf ein primitives Niveau degradiert wurde und die mangels guter medizinischer Versorgung immer weiter degenerierte, sollte nach dem Prinzip „Teile und herrsche“ regiert werden. „Einem Russen aus dem Generalkommissariat Gorki sollte das Gefühl vermittelt werden, dass er irgendwie anders ist als ein Russe aus dem Generalkommissariat Tula“, erklärte Erhard Wetzel vom Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete.

Die Pläne zur Kolonisierung des sowjetischen Territoriums wurden während des gesamten Krieges weiterverfolgt, auch nachdem das militärische Glück die Nazis endgültig verlassen hatte. Im April 1945 beschoss die sowjetische Artillerie bereits Berlin, und Hitler spekulierte an seinem Esstisch weiter über den „Lebensraum“ im Osten für das deutsche Volk.

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