Chruschtschow in Stalingrad
Maks AlpertChruschtschow übernahm im September 1953 die Führung des Landes und blieb elf Jahre lang an der Spitze. In seine Regierungszeit fielen Ereignisse wie die Entstalinisierung, eine teilweise Liberalisierung des öffentlichen Lebens („Tauwetter“) und die Kubakrise.
In den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg wurde Chruschtschow Teil der politischen Elite. 1938 ernannte man ihn zum Ersten Sekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei und 1939 wurde er Mitglied des Politbüros (des Führungsgremiums der Partei). Nach dem deutschen Angriff gehörte er den Militärräten mehrerer Fronten an, darunter der Südwest-, der Süd-, der Woronesch- und der Stalingrad-Front.
Bei den Militärräten handelte es sich um kollektive Leitungsgremien, in denen wichtige Fragen der Organisation der Kampfhandlungen, der Verwaltung, der Ausbildung und der Versorgung der Truppen erörtert und entschieden wurden. Die Räte setzten sich aus dem Frontkommandeuren, dem Stabschef, politischen Offizieren und einer Reihe anderer Beamter zusammen.
„Ich erinnere mich an die enorme politische und organisatorische Arbeit von N. S. Chruschtschow während der heftigen Kämpfe in den Außenbezirken von Kiew“, berichtete Marschall Iwan Bagramjan über den Sommer 1941. „N. S. Chruschtschow, der das große Vertrauen der Kiewer Bürger und Truppen genoss, befand sich immer entweder in den Werkstätten der Fabriken oder aber an der Front und lenkte so die Aktionen geschickt in Richtung Sieg.“
Im September fiel die Stadt und die sowjetische Gruppierung geriet in einen „Hexenkessel“. Zuvor hatten Chruschtschow und einige Militärbefehlshaber vorgeschlagen, Kiew zu verlassen und Verteidigungsanlagen am linken Dnjepr-Ufer zu errichten, doch Stalin verbot die Kapitulation der ukrainischen Hauptstadt.
Im Mai 1942 startete die Rote Armee eine Offensive bei Charkow, die mit einer Katastrophe und dem Verlust von 270.000 Soldaten endete. Die Rolle Chruschtschows als Mitglied des Militärrats der Südwestlichen Richtung bei diesen Ereignissen wird unterschiedlich bewertet. Eine Version besagt, dass er, als die Gefahr einer Einkreisung der Truppen bestand, versucht habe, Stalin zum Abbruch der Operation zu überreden, was jedoch abgelehnt wurde. Nach einer anderen Version sei Chruschtschow selbst kategorisch dagegen gewesen, die Offensive zu stoppen, bis es zu spät war.
Während des Krieges wurde Nikita Chruschtschow mit dem Kutusow-Orden und dem Suworow-Orden ausgezeichnet. Den Sieg feierte er im Rang eines Generalleutnants.
Leonid Breschnew während der Siegesparade auf dem Roten Platz.
Yakov Khalip/SputnikNachdem er 1964 Chruschtschow entthront hatte, blieb Breschnew bis zu seinem Tod im Jahr 1982 an der Macht. Seine Regierungszeit wird oft als Ära der Stagnation bezeichnet.
Sie war gekennzeichnet durch eine relative Stabilität in allen Bereichen des staatlichen Lebens, einen recht hohen Lebensstandard für die Bürger und das Ausbleiben größerer sozialer Umwälzungen, gleichzeitig aber auch durch eine drastische Verlangsamung der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes.
Vor dem Krieg hatte Breschnew in Dnepropetrowsk eine erfolgreiche politische Karriere absolviert. In der Roten Armee, in deren Reihen er im Juni 1941 mobilisiert wurde, diente er in militärischen und politischen Positionen.
Pawel Trojanowskij, ein Frontkorrespondent der Zeitung Krasnaja Swesda, traf Breschnew im Herbst 1942 im Nordkaukasus: „Der Brigadekommissar (Anm.: dieser Rang entsprach in etwa dem militärischen Rang eines Obersts) Breschnew erfüllte mehrere wichtige Aufgaben des Militärrats. Und er erfüllte sie in vorbildlicher Weise. Mir wurde gesagt, dass Genosse Breschnew in den Front-Regimentern war, die Rostow am Don im Jahr 41 befreit haben... Sie wissen ja, wie zurückhaltend wir Kampfauszeichnungen vergeben haben. Und Leonid Breschnew war einer der ersten Politoffiziere, die mit dem Rotbannerorden ausgezeichnet wurden!“
Die bemerkenswerteste Episode in Breschnews militärischer Biografie war die Schlacht um Noworossijsk im Jahr 1943. Am 4. Februar eroberte eine Abteilung der Marineinfanterie der 18. Armee, in der Breschnew als Leiter der politischen Abteilung diente, einen kleinen Brückenkopf am Ufer der Zemesskaja-Bucht.
Die sowjetischen Truppen hielten den Brückenkopf Malaja Semlja (dt.: Kleines Land) 225 Tage lang bis zur vollständigen Befreiung der Stadt. Dutzende Male fuhr Breschnew auf Landungsschiffen mit den Truppen hierher und nahm an den Kampfhandlungen teil.
Einmal musste er sogar einen toten Maschinengewehrschützen ersetzen und die feindliche Infanterie aufhalten, bis Hilfe eintraf. „Die ganze Welt beschränkte sich für mich damals auf einen schmalen Streifen Land, auf dem die Nazis rannten. Ich weiß nicht mehr, wie lange es dauerte. Nur ein Gedanke beherrschte mein ganzes Wesen: Ich muss sie aufhalten! Ich glaube, ich habe das Getöse der Schlacht nicht wahrgenommen, ich habe den Lärm der Kommandos in der Nähe nicht gehört... Ich bemerkte plötzlich, dass Feinde fielen, auf die ich gar nicht gezielt hatte – das war das Feuer der Soldaten, die uns zu Hilfe kamen“, schrieb Breschnew in seinem Buch Das kleine Land.
Breschnew beendete den Krieg im Rang eines Generalmajors. Am 24. Juni 1945 nahm er an der Siegesparade auf dem Roten Platz teil, wobei er an der Spitze der kombinierten Kolonne der 4. ukrainischen Front zusammen mit dem Frontkommandeur General Andrej Jeremenko stand.
Mitglieder von Untergrundorganisationen in Karelien. Fünfter von links in der zweiten Reihe ist Juri Andropow.
SputnikAm 12. November 1982, zwei Tage nach Breschnews Tod, übernahm der KGB-Chef Juri Andropow das Amt des Staatschefs. Der neue Generalsekretär begann, die Korruption zu bekämpfen und die Wirtschaft des Landes zu reformieren, hatte aber keine Zeit mehr, die Arbeit abzuschließen, und starb fünfzehn Monate nach seinem Amtsantritt.
Anders als sein Vorgänger war Andropow nicht an militärischen Operationen beteiligt. Im Jahr 1936 wurde er wegen Diabetes und Sehschwäche ausgemustert. Später kamen noch Nierenprobleme hinzu. Dennoch gelang es ihm, zum Sieg über Nazi-Deutschland beizutragen.
1940 wurde er in die Karelisch-Finnische SSR versetzt, die nach dem Winterkrieg gegen Finnland gebildet worden war. Zu seinen Aufgaben gehörte die Leitung der kommunistischen Jugendbewegung in der neuen Republik.
Nach dem Ausbruch des Großen vaterländischen Krieges und der Besetzung großer Teile der Karelisch-Finnischen SSR durch finnische und deutsche Truppen war Andropow mit der Rekrutierung und Ausbildung junger Menschen beschäftigt, die zu Partisanenkommandos zur Untergrund- und Aufklärungsarbeit geschickt werden sollten. Der künftige Staatschef hatte im Untergrund den Spitznamen Mohikaner.
Am 23. September 1944 wurde Andropow der Rotbannerordenmit folgender Laudatio verliehen: „Während des Vaterländischen Krieges leistete Genosse Andropow einen großen Beitrag zur Entwicklung der Partisanenbewegung und des Komsomol-Untergrunds in den vorübergehend besetzten Gebieten der Karelisch-Finnischen Republik. In den Jahren 1941-43 ... wurden unter direkter Beteiligung von Genosse Andropow mehr als 400 Komsomolzen und Jugendliche ausgebildet und zu den Partisaneneinheiten der KFSSR geschickt, außerdem wurden etwa 50 ältere Komsomolzen als Untergrundorganisatoren und Agitatoren in das Hinterland des Feindes geschickt... Zwei Jahre lang gab das Zentralkomitee des Komsomols der KFSSR eine Reihe von Büchern, Broschüren und Zeitungen sowie jede Menge Flugblätter für die Bevölkerung der besetzten Gebiete heraus und brachte sie in Umlauf.“
1944 kehrte Andropow nach Petrosawodsk, die Hauptstadt der befreiten Republik, zurück. Er widmete sich ganz der Parteiarbeit, die ihn in weniger als vierzig Jahren an die Spitze der Macht im Lande brachte.
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