Alexander III. über die Armee und die Marine: Wahrheit oder Fiktion?

Russia Beyond (Zentrales Marinemuseum; Public Domain)
Es gibt Beweise für das berühmte Zitat des russischen Kaisers. Aber die Quelle ist eine einzige Person.

„Bei einem großen Abendessen im Winterpalast saß der [österreichisch-ungarische] Botschafter dem Zaren am Tisch gegenüber und begann, die lästige Balkanfrage zu diskutieren. Der Zar tat so, als würde er seinen gereizten Ton nicht bemerken. Der Botschafter wurde hitzig und deutete sogar die Möglichkeit an, dass Österreich zwei oder drei Korps mobilisieren würde. Ohne seine halb spöttische Miene zu verändern, nahm Kaiser Alexander III. eine Gabel, bog sie zu einer Schlaufe und warf sie dem österreichischen Diplomaten zu:

Das werde ich mit Ihren zwei oder drei mobilisierten Korps machen, sagte der Zar ruhig.

Wir haben in der ganzen Welt nur zwei treue Verbündete, pflegte er zu seinen Ministern zu sagen. Unsere Armee und unsere Marine. Alle anderen werden bei der ersten Gelegenheit die Waffen gegen uns erheben.

Der Großfürst Alexander Michailowitsch.

Dies ist ein Auszug aus den Memoiren des Großfürsten Alexander Michailowitsch (1866-1933), oder auch Sandro, wie er in der Familie genannt wurde. Sandro, ein Cousin Alexanders III., begann mit der Niederschrift seiner Memoiren in den 1920er Jahren, als er bereits über 70 Jahre alt war, das heißt, die beschriebenen Ereignisse lagen mehr als 40 Jahre zurück (Alexander III. starb 1894, als Sandro 28 Jahre alt war).

Nirgendwo sonst, mit Ausnahme der Memoiren von Alexander Michailowitsch, wird dieser Satz des Kaisers erwähnt, was sehr seltsam ist, wenn er ihn so gerne zu seinen Ministern „gesagte“ haben sollte.

Außerdem war Alexanders Politik keineswegs kriegerisch. Und Russland hatte damals einen Verbündeten – zum ersten Mal seit der Zeit Napoleons schloss Zar Alexander III. ein geheimes Verteidigungsbündnis mit Frankreich. In den 13 Jahren der Herrschaft dieses Zaren war Russland in keinen einzigen Krieg verwickelt.

Wenn Alexander III. diesen Satz nicht gesagt hat, woher könnte er dann stammen?

Wilhelm II. im Jahr 1902.

Der Historiker Konstantin Duschenko schlägt vor, den Ursprung des Zitats in einem Ausspruch des deutschen Kaisers Wilhelm II. (1859-1941) zu suchen: Die Hauptstütze des Staates ist das Heer und die Marine. Es erschien in einem biographischen Buch über Wilhelm im Jahr 1914.

Dieser Ausspruch Wilhelms geht jedoch auf den legendären (d.h. ebenfalls nicht authentischen) Satz des deutschen Kaisers Friedrich des Großen zurück: Unsere besten Verbündeten sind unsere eigenen Truppen, den er angeblich nach dem Sieg Preußens über Österreich und Sachsen in der Schlacht von Hohenfriedberg im Jahr 1745 gesagt haben soll.

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