Drei sowjetische Anführer, die ihr Amt überlebt haben

Archive photo; AP; Yuri Abramochkin/Sputnik
Ohne auf die Geschichte der politischen Intrigen einzugehen, wollen wir Ihnen erzählen, wie sie ihren „Ruhestand“ verbracht haben.
  1. Georgij Malenkow

Georgij Malenkow als Vorsitzender des Ministerrats der UdSSR.

Und Schepilow, der sich ihm anschloss – zu Sowjetzeiten war dieses Meme jedem Bürger bekannt. Es wird mit dem Fall der „Anti-Parteien-Gruppe“ in Verbindung gebracht, der zur Entfernung Malenkows aus den höchsten Parteiämtern führte. Malenkow hatte die Entscheidungen der führenden KPdSU-Funktionäre nicht angefochten. Er wurde zunächst auf den Posten des Direktors des Wasserkraftwerks Ust-Kamenogorsk „versetzt“ und dann auf einen ähnlichen Posten in Ekibastus in Kasachstan abgeschoben. Im Jahr 1961 wurde Malenkow sogar aus der KPdSU ausgeschlossen.

Malenkow mit seiner Frau Walentina.

Und nur zehn Jahre später durfte der ehemalige Vorsitzende des Ministerrats in die Region Moskau zurückkehren, 1973 dann nach Moskau selbst. Mit seiner Frau Waleria Golubzowa lebte er in einer Zweizimmerwohnung in der 2. Sinitschkina Straße, in einer abgelegenen Ecke des Viertels Lefortowo.

„Er hat seine Memoiren weder Zeitschriften angeboten, noch hat er in den Lesesälen der Moskauer Bibliotheken recherchiert. Wir können daher davon ausgehen, dass er beschloss, seine Memoiren nicht zu schreiben“, erinnert sich der Historiker Roj Medwedjew. „Früher fuhr er nur in einer gepanzerten Limousine durch Moskau und dessen Vororte. Jetzt mussten wir Fahrkarten für einen normalen Regionalzug kauf. Unterwegs war er schweigsam, manchmal machte er seiner Frau eine Bemerkung. Malenkow hatte stark abgenommen und daher erkannten ihn nicht einmal seine früheren Kollegen immer. Jedes Jahr im Sommer erholte sich Malenkow und ließ sich in privilegierten Sanatorien behandeln.“

Georgij Malenkow nach 1957.

Es gab Gerüchte, dass Malenkow oft in der Kirche des Dorfes Kratowo gesehen wurde, wo er seine Datscha hatte. Als gebürtiger Adliger wurde er gegen Ende seines Lebens religiös. 1980 zogen Malenkow und seine Frau auf Anweisung von Juri Andropow in eine Wohnung der Nomenklatura am Frunsenskaja-Ufer, wo er 1988 starb, nachdem er seine Frau nur um drei Monate überlebt hatte.

  1. Nikita Chruschtschow

Nikita Chruschtschow auf seiner Datscha.

Chruschtschow wurde von seinem Posten als Erster Sekretär des Zentralkomitees abberufen, nachdem er aus seinem Urlaub in Pizunda zurückgerufen worden war. Bei einer Sitzung des Präsidiums des Zentralkomitees unter der Leitung von Leonid Breschnew wurde Chruschtschow so „bearbeitet“, dass, wie sich sein Sohn Sergej erinnerte, „sein Gesicht über Nacht verschrumpelt und irgendwie grau geworden war, seine Bewegungen verlangsamt“. Am nächsten Morgen, dem 15. Oktober 1964, wurde Chruschtschow „entprivilegisiert“: Er durfte den Fuhrpark der Regierung nicht mehr nutzen, der Personenschutz wurde durch weitgehendst abgezogen – es wurde nun einfach nur „nach dem Rechten gesehen“.

Nikita Chruschtschow während eines Urlaubs.

Der ehemalige Generalsekretär wurde auch aus der Regierungsdatscha in Gorki (dem heutigen Nischnij Nowgorod) vertrieben, erhielt aber eine einstöckige Datscha in Petrowy-Dalnyj und eine Fünf-Zimmer-Wohnung am Arbat, und seine Familie wurde mit Bediensteten versorgt. Zunächst lebte er jedoch praktisch unter Hausarrest – Chruschtschow durfte nur zu Kontrolluntersuchungen in Kliniken die Wohnung verlassen.

Der ehemalige sowjetische Ministerpräsident Nikita Chruschtschow sitzt mit seiner Frau Nina Petrowna in ihrer Datscha in Moskau im Jahr 1965.

Nach den Erinnerungen von Verwandten verfiel der Ex-Anführer in Depressionen. Wie der Historiker William Taubman schreibt, interessierte sich Chruschtschow weder für Bücher noch für das Kino, mit dem ihn seine Kinder und Enkelkinder zu unterhalten versuchten. Sein Sohn und seine Frau behaupteten, er habe oft und lange geweint und statt etwas zu unternehmen, sei er schweigend auf dem Grundstück der Datscha und in der Nachbarschaft umhergewandert – natürlich die ganze Zeit unter der Aufsicht von KGB-Offizieren. „Manchmal brach er sein Schweigen und wiederholte verbittert, dass sein Leben vorbei sei, dass er so lange gelebt habe, wie die Menschen ihn brauchten, aber jetzt sei das Leben sinnlos geworden. Manchmal traten ihm Tränen in die Augen“, erinnert sich sein Sohn Sergej.

Später musste Chruschtschow in seine einstöckige Datscha am Ufer des Flusses Istra umziehen. Ab dem Sommer 1965 begann er, mehr spazieren zu gehen und sich mit Urlaubern aus dem nahe gelegenen Sanatorium zu treffen, wofür er die Erlaubnis der zuständigen Behörden einholte. „Die Dorfverwaltung erlaubte es, ein Gitter in den Zaun [seiner Datscha] zu schneiden, und nun drängten sich ständig Urlauber um Chruschtschow, machten Fotos mit ihm und lauschten seinen Geschichten. Nach und nach wurden Treffen mit Chruschtschow zu einem inoffiziellen, aber obligatorischen Bestandteil des Kulturprogramms“, schrieb William Taubman. Chruschtschow hatte wenig Interesse an den Überbleibseln seines „früheren Lebens“. Als ehemaliger begeisterter Jäger verschenkte er seine Waffensammlung, und die zahlreichen Briefe, die er erhielt, beantworte er nur selten. Manchmal besuchten ihn „erlaubte“ Gäste – die Poeten Jewgenij Jewtuschenko und Wladimir Wyssotski, der Filmregisseur Roman Karmen und der Dramatiker Michail Schatrow.

Nikita Chruschtschow im Moskauer Kreml mit seiner Schwiegertochter und seinen Enkelkindern.

Chruschtschow begann sich für Gartenarbeit zu interessieren – er baute Kartoffeln, Gurken, Radieschen, Kürbisse und Mais an, stellte selbst Gewächshäuser auf und jätete die Beete. 1967 begann er, seine Memoiren zu diktieren, die später in den Westen gebracht und auf Englisch veröffentlicht wurden. Zu Lebzeiten von Chruschtschow wurde nur der erste Band seiner Lebenserinnerungen veröffentlicht – er starb am 11. September 1971 im Alter von 77 Jahren an einem Herzinfarkt.

  1. Michail Gorbatschow

Ein Ausschnitt aus der Videobotschaft des Präsidenten der UdSSR Michail Gorbatschow an das Volk, aufgenommen am 20. August 1991 während seines Hausarrests auf seiner Datscha in Foros.

Gorbatschow wurde auf ähnliche Weise von der Macht entfernt wie Nikita Chruschtschow. Während des Putsches im August 1991 hielt er sich in seiner Datscha in Foros auf der Krim auf und flog nicht nach Moskau. Gorbatschow selbst behauptete später, er sei isoliert gewesen, aber das stimmt nicht mit den Behauptungen anderer Zeitzeugen überein. Am 24. August 1991, nach dem Ende des Putsches, gab Gorbatschow seinen Rücktritt als Generalsekretär des Zentralkomitees der KPdSU bekannt, und am 25. Dezember trat er als Präsident der UdSSR zurück, womit die Sowjetunion faktisch zu existieren aufhörte.

Michail Gorbatschow (links) ist Ehrengast der Feierlichkeiten zum 20. Jahrestag des Falls der Berliner Mauer - und Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit.

Gorbatschow hat seine politischen und öffentlichen Aktivitäten nicht aufgegeben. Im Dezember 1991, mitten in den Ereignissen im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch der UdSSR, gründete er die Gorbatschow-Stiftung (Internationale Stiftung für sozioökonomische und politische Studien), die er auch leitete. Er versuchte, Einfluss auf die Politik zu nehmen. So finanzierte er die Sozialdemokratische Partei Russlands, gab Erklärungen ab, in denen er den Kurs Jelzins verurteilte, aber es kam nie zu einem Skandal. Im Gegenteil – 1994 gewährte Jelzin Gorbatschow eine lebenslange Rente in Höhe von 40 Mindestaltersrenten. Allerdings lebte Gorbatschow in den 1990er und 2000er Jahren nicht in Russland, sondern wählte Rottach-Egern (Bayern) als seinen Wohnsitz.

Im Jahr 1996 kandidierte er für das Amt des Präsidenten der Russischen Föderation und erhielt sogar mehr als 380.000 Stimmen (0,51%). Im folgenden Jahr wurde Gorbatschow jedoch weltberühmt, als er die Hauptrolle in einem Werbespot für Pizza Hut spielte. Im Jahr 2011, an seinem 80. Geburtstag, wurde er durch ein Dekret von Präsident Dmitrij Medwedjew mit dem Orden des Heiligen Andreas des Erstberufenen, der höchsten staatlichen Auszeichnung der Russischen Föderation, ausgezeichnet.

Interessanterweise feierte Gorbatschow seinen 80. Geburtstag sowohl in Russland als auch in London mit einem Wohltätigkeitskonzert, der Gorby 80 Gala, in der Royal Albert Hall am 30. März 2011.
Gorbatschow starb am 30. August 2022 in Moskau. Anders als Malenkow und Chruschtschow wurde er mit militärischen Ehren und in einer feierlichen Zeremonie in der Säulenhalle des Hauses der Gewerkschaften beigesetzt.

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