Nach der Nachricht vom bolschewistischen Staatsstreich in Petrograd (heute St. Petersburg) beschlossen die Moskauer Revolutionäre ebenfalls zu handeln und bewaffneten daher mehr als 10.000 freiwillige Rotgardisten.
Die Rote Garde beim Einzug in den Kreml (Ernst Lissner, Reproduktion)
Rozhdestvensky/SputnikAber die politische Unterstützung der Bolschewiki in Moskau war nicht so stark – Tausende von Offizieren, Kadetten und Studenten stellten sich ihnen entgegen, indem sie Barrikaden errichteten und Schützengräben direkt in den zentralen Straßen aushoben.
Eine ganze Woche lang versuchten die Bolschewiki, die Macht in Moskau zu ergreifen. In der Stadt wurden heftige Kämpfe ausgefochten, die Revolutionäre stürmten das Hotel Metropol gegenüber dem Bolschoi-Theater, wo ein Stützpunkt ihrer Gegner eingerichtet worden war.
Die Kadetten verteidigten den Kreml, damit die Bolschewiki das Arsenal nicht erobern konnten. Sie stimmten weder einem Waffenstillstand noch einer Kapitulation zu und mussten Artilleriebeschuss abwehren.
Zwei Tage lang bombardierten die Anhänger Lenins wahllos das wichtigste Symbol Moskaus. Dabei wurden die meisten Kremlgebäuden, einschließlich der wichtigsten Kathedralen, beschädigt. Der Kleine Nikolajewskij-Palast, in dem sich das Hauptquartier der Kadetten befand, wurde am stärksten in Mitleidenschaft gezogen.
Der Kleine Nikolajewskij-Palast nach der Beschießung des Kremls, 1917
GemeinfreiViele alte Ikonen, einzigartige Kacheln sowie Möbel und Wertgegenstände aus den Zaren-Gemächern wurden dabei zerstört. Der Spasskij-Turm wurde schwer beschädigt, während die Tor-Ikone auf dem Nikolskij-Turm zerstört wurde.
Nikolskij-Turm mit der zerstörten Tor-Ikone des Heiligen Nikolaus´
GemeinfreiDer bolschewistische Volkskommissar (Minister) für Bildung, Anatolij Lunatscharskij, war über die Kämpfe und die Zerstörung von Kulturgütern schockiert. „Der Kreml, in dem jetzt alle wichtigen Kunstschätze Petrograds und Moskaus versammelt sind, wird bombardiert [...]. Ich kann es nicht ertragen“, schrieb er in seinem Rücktrittsschreiben.
Aber Wladimir Lenin war nicht so empfindlich und überzeugte Lunatscharskij. Wie sich der Volkskommissar selbst erinnerte, antwortete Lenin ihm:
„Wie können Sie diesem oder jenem Gebäude, so gut es auch sein mag, eine solche Bedeutung beimessen, wenn es darum geht, die Türen zu einer solchen Gesellschaftsordnung zu öffnen, die in der Lage ist, eine Schönheit zu schaffen, die alles, wovon man in der Vergangenheit nur träumen konnte, unermesslich übertrifft?“
Revolutionäre Ereignisse von 1917 in Moskau. Eine Barrikade in den Bögen des Auferstehungstors, die von Kaufleuten gegen die Bolschewiki errichtet wurde.
SputnikAm 3. November legten die Gegner der Bolschewiki ihre Waffen nieder und verließen den Kreml. Zur gleichen Zeit wurden die ersten Gräber in der Nähe der Kremlmauern ausgehoben. Die Bolschewiki begruben etwa 200 Soldaten der Roten Armee, die bei der Erstürmung ums Leben gekommen waren.
Die Verluste der Weißgardisten waren vergleichbar – ihre Zahl belief sich auf etwa 300 Personen. Sie alle wurden in einem Massengrab im Norden Moskaus bestattet. Die Särge mit den Leichen wurden von einer Prozession mit tausenden Teilnehmern zum Friedhof begleitet.
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