Die üblichen Bestandteile des Festes – ein geschmückter Neujahrsbaum und Geschenke darunter, so schien es, blieben weit weg im Hinterland. Aber die Kämpfer versuchten ihr Bestes, um eine Neujahrsatmosphäre herzustellen.
Wenn es keinen Neujahrsbaum gab, war jeder andere Baum geeignet, der mit selbstgemachtem Neujahrsbaumschmuck aus Binden, Etiketten von Konservendosen und statt eines Sterns auf der Spitze mit einer Süßigkeit in einer bunten Verpackung geschmückt wurde.
Postkarten und Briefe flogen zu den Feiertagen aus dem Hinterland an die Front: Allein im Herbst 1941 druckte der Moskauer Verlag Iskusstwo 300.000 Neujahrsgrußkarten, und im Laufe des Winters wurden etwa 15 Millionen davon ausgegeben. Sie zeigten Motive aus dem Frontalltag, Karikaturen von Hitlers Soldaten und natürlich den wichtigsten Winterzauberer, Väterchen Frost, der die Feinde besiegt hatte.
Zum neuen Jahr wurden Pakete an die Front geschickt: Diejenigen, die im Hinterland blieben, wollten ihre Verwandten und Freunde aufmuntern. Sie sammelten das Nötigste – warme Socken und Fäustlinge, Filz- und Baumwollstiefel, Tabak, selbst bestickte Tabakbeutel, Briefpapier, Zigaretten, Süßigkeiten und Kekse. Kolchosen und Fabriken, Schulkinder und Erwachsene beteiligten sich an der Vorbereitung der Geschenke. Sie trockneten Gemüse, backten Lebkuchen und Kekse, verarbeiteten Fleisch zu Wurst.
In den Städten und Dörfern wurden Sammlungen von Lebensmitteln und Gegenständen durchgeführt: Allein im Dezember 1941 wurden aus Kujbyschew 11 Tonnen verschiedener Kekse und Süßigkeiten, Würste und Äpfel an die Nordwestfront geschickt. „Mit großer Liebe bereiten die Bergleute der Bauxitminen im Nordural Neujahrsgeschenke für die Verteidiger des Vaterlandes vor. Die erste Lieferung – 400 Pakete – ist bereits verschickt worden. Die Pakete enthalten Wein, Kekse, Zigaretten, Tabak, Süßigkeiten, Schokolade, Wurst usw.“, heißt es in der Zeitung Karpinskij rabotschij aus jenen Jahren. Oft reisten Menschen aus dem Hinterland an die Front, um den Soldaten zum neuen Jahr zu gratulieren und sie zu beschenken.
Neben nützlichen Geschenken enthielten die Päckchen auch Süßigkeiten. Viele Süßwarenfabriken wurden während des Krieges evakuiert, aber sie arbeiteten weiter. Schokolade gehörte zum Beispiel zur obligatorischen Ernährung von Piloten und U-Boot-Matrosen, und die Neujahrspakete enthielten Schokolade Gwardejskij und Kola (mit Kolanuss-Extrakt, der als bewährtes Stärkungsmittel galt und vor Avitaminose schützte). In Leningrad setzte die Süßwarenfabrik Krupskaja ihre Arbeit fort: 1943 begann sie mit der Produktion von Bonbons Mischka na sewerje (dt.: Bär im Norden) – drei Tonnen davon liefen allein in einem Jahr vom Band!
Sogar die Verpackung der Neujahrsgeschenke war festlich: Kleine Leinensäckchen wurden mit der Aufschrift Verteidiger des Vaterlandes bestickt.
Es geschah auch, dass die Festtafel von selbst erschien. Nachdem die sowjetischen Truppen Ende Dezember 1942 den Bahnhof Kotelnikowo bei Stalingrad besetzt hatten, fanden sie auf den Gleisen von den Deutschen verlassene Waggons und in ihnen lauter Delikatessen. Pawel Rotmistrow, Kommandeur des 7. Panzerkorps, beschloss, dass sie sich gut für den Silvesterabend eignen würden. Die Tische wurden mit Lebensmitteln, Schnaps und Champagner eingedeckt. Zum krönenden Abschluss der Feierlichkeiten wurde den Soldaten ein Glückwunsch von Josef Stalin zum Sieg und zum neuen Jahr vorgelesen.
Aber manchmal reichte auch eine prosaische Kartoffel für eine festliche Stimmung. Nach den Erinnerungen eines Soldaten wurde seine Truppe, bevor sie nach Stalingrad geschickt wurde, zu einer Neujahrsfeier eingeladen: Auf den Tischen in den Unterständen standen Froschschenkel aus der Dose und Omelett aus Schildkröteneiern – offenbar Trophäen. Die Soldaten waren an solche Köstlichkeiten nicht gewöhnt, also aßen sie die Schenkel nicht und wählten aus den Dosen nur die Beilage – den Reis.
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