Wie nähten die Eltern in der UdSSR Neujahrskostüme für ihre Kinder?

Aus dem Archiv von Galina Gabnis/Russia in photo
Schneeflocken, Häschen, Eichhörnchen, Rotkäppchen und Kosmonauten – sie alle tanzten auf den Neujahrsfeiern in sowjetischen Kindergärten!

Die Neujahrsfeiern in Kindergärten und Schulen waren die Lieblingsveranstaltungen der sowjetischen Kinder. Sie bereiteten sich lange darauf vor, lernten Gedichte, Lieder und Tänze und führten manchmal ganze Theaterstücke auf. Bei der „Jolka“ (dt.: Neujahrsbaum), wie diese Aufführungen genannt wurden, mussten die Kinder nicht nur festlich gekleidet kommen, sondern in einem richtigen Kostüm.

Die Rolle des Kostümbildners wurde in der Regel den Eltern des Kindes überlassen. Nur wenige konnten es sich leisten, es im Kinderkaufhaus „Djetskij mir“ (dt.: Kinderwelt) zu kaufen – die meisten mussten es selbst zaubern. Die Möglichkeiten waren nur durch die Fantasie und Kreativität der Eltern begrenzt.

Schneeflocken und Hasen

Ein Schneeflockenmädchen, gepaart mit einem Hasenjungen, war die beliebteste Variante. Warum sich das historisch so ergeben hat, ist nicht klar, aber wir können davon ausgehen, dass der Grund in der Einfachheit des Nähens lag, denn Eltern und Großeltern meisterten in der Nacht vor dem Fest alles aus dem Stegreif.

„Das Schneeflocken-Kostüm war einfach. Wir nahmen einen weißen Unterrock und nähten darauf rundherum breite Binden, die sich überlappten und es am Ende wie ein Flamenco-Rock aussah. Damit der Rock das nötige Volumen bekam, wurde Stärke in Wasser aufgelöst, der Rock hineingetaucht und kopfüber getrocknet. Als Glitzer wurde Lametta aufgenäht. Das Oberteil war noch einfacher zu fertigen – wir nahmen ein normales weißes T-Shirt und bestickten es mit Spitze und Lametta“, erinnert sich Olga, die in den 1970er Jahren selbst ein solches Kostüm bei den Neujahrsfeiern trug.

Wer die Möglichkeit hatte, kaufte Kunstseide und nähte sich ein nachhaltiges Kleid. Aber das taten nur sehr wenige Leute. Das Problem war nicht einmal der Stoff, sondern die Tatsache, dass man zum Nähen eine Nähmaschine brauchte, und die hatte nicht jeder. Und man musste natürlich die Zeit dafür haben, da ja alle Familienmitglieder arbeiteten.

Bei den Häschen war es noch einfacher. Der Junge trug ein weißes Hemd und dunkle Shorts. Um das Bild zu vervollständigen, konnte man einen Schmetterling hinzufügen und einen Schwanz aus Watte auf die Shorts kleben. Der wichtigste Teil des Kostüms, die Ohren, wurde aus Pappe ausgeschnitten, mit Watte aufgeklebt und an einem Haarband befestigt.

Rotkäppchen

Damit nicht alle in einem Schneeflocken-Outfit erschienen, nähten einige Eltern ihrer Tochter Kostüme anderer Figuren. Olga war einmal Rotkäppchen: „Da es an guten Stoffen mangelte, kauften wir sie im Voraus ein, nur für den Fall, dass wir sie brauchten. Kurz vor Silvester bekam ich ein Kostüm aus rotem Satin. Mama nähte den Rock und die Bluse und Papa fertigte ein Korsett aus dicker Pappe und überzog es mit schwarzem Stoff. Das sah am Ende aus wie eine Art MMA-Champions-Gürtel, der den Rock und die Bluse zusammenhielt.“

Eine weitere Heldin der Neujahrsfeiern war Malwina aus dem Märchen Das goldene Schlüsselchen oder die Abenteuer des Burattino. Sie sollte blaue Haare haben, aber man wollte nicht riskieren, den Mädchen die Haare zu färben und es gab nirgendwo Perücken in dieser Farbe. Daher wurde Malwina nur durch die Farbe ihres Kostüms verkörpert – sie trug ein wunderschönes blaues Kleid und eine üppige Schleife auf dem Kopf.

Kosmonaut

Nach dem Flug von Juri Gagarin im Jahr 1961 war das Kosmonautenkostüm für lange Zeit das angesagteste. Aus irgendeinem Grund wurde es jedoch nur für Jungen genäht.

Als Grundlage diente ein beliebiger Overall, auf den Silberfolie geklebt oder genäht wurde. Der Helm war aus Pappe, aber besonders cool war es, einen alten Motorradhelm zu finden und ihn mit Folie zu bekleben. So wurde das Kostüm zu einem authentischen Raumanzug, und auf dem Helm stand in roten Buchstaben CCCP (UdSSR) – genau wie auf dem echten!

Tiere

Es gab wunderschöne figurative Tiermasken im freien Verkauf. Es war der einfachste Weg, ein Kind in einen Bären, einen Fuchs, einen Hasen oder ein Eichhörnchen zu verwandeln.

Aber die Kostüme selbst wurden zu Hause genäht, und zwar oft aus alten, abgetragenen Pelzmänteln, die nicht mehr tragbar waren und im Schrank vermoderten. Die „Kaninchen“ hatten also manchmal ein echtes Fell.

Volkstrachten

In der UdSSR, die von verschiedenen Völkern bewohnt wurde, waren natürlich auch Nationaltrachten beliebt. Die Tracht einer ukrainischen Frau bestand zum Beispiel aus einem Rock mit Schürze, einem Ruschnik, einer Bluse mit weiten Ärmeln und einem Blumenkranz auf dem Kopf mit vielen in die Zöpfe geflochtenen Satinbändern. Die Version für Jungen bestand aus Scharowary (Pluderhosen) und einem gegürteten Hemd.

Mädchen wurden manchmal auch als Zigeunerin gekleidet. Sie zogen einen langen schwarzen Rock an, trugen viele Perlen, legten sich ein buntes Tuch um die Schultern, kräuselten ihr Haar und banden ein Kopftuch um. Es gab auch ein usbekisches Kostüm: ein farbenfroher Morgenmantel, eine bestickte Tjubetejka und jede Menge Zöpfe.

Später, in den 1990er Jahren, nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, konnte man in den Geschäften alles finden. Kinder gingen in Batman- und Spiderman-Kostümen zur Neujahrsfeier. Aber einige Familien bastelten weiterhin ihre eigenen Kostüme, weil ihnen die neuen nicht gefielen: „Ich erinnere mich, dass ich das Kostüm meines Sohnes Anfang der 2000er Jahre selbst genäht habe. Ich nahm einen alten scharlachroten Mantel und nähte ihm eine schöne Husarenuniform mit Epauletten und goldenen Quasten. Ich mochte weder die Kostüme von Häschen und Kätzchen noch die neuen Helden aus den Comics. Außerdem ließ die Qualität sehr zu wünschen übrig“, erzählt Olga.

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