Semjon Timoschenko: Wie ein sowjetischer Marschall Stalin nahe kam, aber nicht glücklich darüber war

Geschichte
BORIS JEGOROW
Der Marschall der Sowjetunion Semjon Timoschenko sah nichts Gutes in der Heirat seiner Tochter mit dem Sohn des Staatschefs. Und er hatte Recht.

Unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs heiratete Jekaterina, die Tochter von Marschall Timoschenko, den Sohn von Joseph Stalin, Wassilij. Es schien, dass eine solche Verbindung dem militärischen Befehlshaber nur Vorteile bringen und seine Position in der militärisch-politischen Elite der UdSSR stärken und verbessern konnte. Timoschenko selbst sah das jedoch nicht so. Warum wollte der Marschall nicht der Schwiegervater von Stalins Sohn werden?

Unter den Fittichen des Führers

Den zukünftigen „Vater der Nationen“ lernte Timoschenko während des Bürgerkriegs kennen. Timoschenko befehligte ein Kavallerieregiment in der Ersten Kavalleriearmee – eine der effektivsten militärischen Formationen der Bolschewiki, an deren Schaffung Stalin direkt beteiligt war.

Timoschenko bewährte sich auf den Schlachtfeldern der Krim, des Kaukasus und Polens, was Stalins Respekt erweckte. Sie schlossen zwar keine echte Freundschaft (wie Stalin mit seinem Freund Kliment Woroschilow, dem Kommandeur der Ersten Kavallerie und späteren Marschall), aber der sowjetische Führer war stets ein Förderer des umsichtigen und politisch wenig ehrgeizigen Militärkommandeurs.

Anfang 1940 durchbrachen Timoschenkos Truppen die Mannerheim-Linie und beendeten damit siegreich den Winterkrieg gegen Finnland, der für die Rote Armee nicht allzu erfolgreich begonnen hatte.

Am 7. Mai desselben Jahres wurde er mit dem Titel Marschall der Sowjetunion ausgezeichnet und mit der Leitung des Volkskommissariats (Ministerium) für Verteidigung betraut.

Dann nutzte Semjon Timoschenko, der den Großen Terror unbeschadet überlebt hatte, seine Position, um dreihundert repressierte Kommandeure der Roten Armee (darunter den späteren Marschall Konstantin Rokossowskij) aus dem Gefängnis zu holen. Stalin hörte sich die Argumente Timoschenkos an und kam ihm entgegen.

Vertrauensvorschuss

Der katastrophale Beginn des Krieges gegen Nazideutschland war für viele militärische Führer eine harte Prüfung, und Semjon Timoschenko bildete da keine Ausnahme. Bereits am 19. Juli 1941 wurde er von Stalin im Amt des Volkskommissars abgelöst.

Er befehligte Truppen in verschiedenen Teilen der sowjetisch-deutschen Front, und seine Erfolge wechselten sich mit Misserfolgen ab. So gelang es ihm, den deutschen Blitzkrieg bei Smolensk zum Stillstand zu bringen, und im November 1941 wurde die erste große sowjetische Stadt Rostow am Don befreit.

Gleichzeitig war Timoschenko direkt daran beteiligt, dass eine große sowjetische Gruppe im September 1941 bei Kiew in einen Kessel geriet und die sowjetische Offensive bei Charkow im Mai 1942 katastrophal scheiterte.

Dennoch entging der militärische Führer dem Schicksal des Kommandeurs der Westfront, General Dmitrij Pawlow, der nach der Niederlage seiner Truppen in Weißrussland erschossen wurde. Stalin drängte ihn nicht in untergeordnete Positionen, wie es bei Marschall Semjon Budjonny der Fall war, der die Hoffnungen des Führers nicht rechtfertigte.

Von Ende 1943 bis zum Ende des Krieges war Timoschenko als Vertreter des Oberkommandos an der Entwicklung und Durchführung erfolgreicher Operationen zur Befreiung des sowjetischen Südens, der baltischen Staaten, Moldawiens sowie Österreichs und Ungarns von den Nazis beteiligt.

Unerwünschter Schwiegersohn

Timoschenko und der „Vater der Nationen“ entwickelten und pflegten also recht gute Beziehungen. Dennoch war der Marschall schockiert, als seine Tochter Jekaterina im Sommer 1945 erklärte, dass sie Stalins Sohn Wassilij, den Kommandeur des 1. Luftjägerkorps, heiraten würde.

Einen solchen Schwiegersohn wollte der Marschall nicht haben. Wassilij Stalin zeichnete sich durch eine Vorliebe für Alkohol und einen promiskuitiven Lebensstil aus. Außerdem war er noch mit Galina Burdonskaja, der Tochter eines Ingenieurs des Kreml-Fuhrparks, verheiratet und hatte mit dieser bereits zwei Kinder.

Trotz des Verbots ihres Vaters lief Jekaterina im August 1945 mit ihrem Geliebten von zu Hause weg.

Marschalls Sohn Konstantin erinnerte sich: „Als Siebzehnjähriger half ich Wassilij Stalin, seine Stiefschwester Jekaterina heimlich von zu Hause zu entführen ... und sie zu heiraten ... Wir machten damals Urlaub auf einer Datscha in der Nähe des Schwarzen Meeres. Wassilij kam spät am Abend an und nahm seine Schwester mit, und ich stand, wie man heute sagt, auf der Lauer. Am Morgen kamen sie als Mann und Frau zurück. Der Vater hat nicht geflucht. Schweigend wies er seiner Tochter die Tür.“

Timoschenko befürchtete eine negative Reaktion von Stalin, aber der Staatschef, der den Marschall respektierte, billigte die Wahl seines Sohnes, obwohl dieser sich noch nicht von seiner ersten Frau hatte scheiden lassen.

Tragisches Schicksal

Jekaterinas Tat hatte für den Marschall jedoch keine nachteiligen Folgen, aber auch einen Vorteil erhielt er dadurch nicht. Der Militärführer befehligte weiterhin die Truppen des weißrussischen und später des Südural-Militärdistrikts fern von Moskau.

Dennoch hatte der Marschall mit seiner negativen Prognose zu den Aussichten der Verbindung von Jekaterina und Wassilij recht. Das gemeinsame Leben der Eheleute entwickelte sich sehr schnell zu einem echten Albtraum.

Der Ehemann hing oft an der Flasche und betrog seine Frau. Diese wiederum ließ die Wut an Wassilijs Kindern aus seiner ersten Ehe aus, die bei ihnen lebten. Es gab ständig Streitigkeiten und manchmal kam es sogar zu Handgreiflichkeiten.

Schließlich fand der Sohn Stalins 1949 eine neue Flamme – die Schwimmerin Kapitolina Wassiljewa, die später seine dritte Frau wurde. Er trennte sich von Jekaterina, aber offiziell scheiden lassen konnten sich die Eheleute erst nach dem Tod des Führers im Jahr 1953.

Obendrein war das Schicksal ihres Sohnes Wassilij tragisch. Er war drogenabhängig und beging 1972 im Alter von nur dreiundzwanzig Jahren Selbstmord.

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