Im Juli 1921 schrieb Lenin an Maxim Gorki: „Ich bin so müde, dass ich nichts mehr tun kann.“ Gleichzeitig nahm er manchmal an einem Tag an bis zu 40 Sitzungen und Ausschüssen teil, empfing Dutzende von Menschen. „Von den Sitzungen des Sownarkoms [dem Ministerkabinett]“, erinnert sich seine Schwester Maria Uljanowa, „kam Wladimir Iljitsch abends, oder besser gesagt nachts um 2 Uhr, völlig erschöpft, blass, konnte manchmal nicht einmal sprechen, essen und goss sich nur eine Tasse heiße Milch ein und trank sie, wobei er in der Küche herumlief, wo wir gewöhnlich zu Abend aßen.“
Wladimir Lenin mit seinem Hund Aida auf dem Landgut in Gorki, 1922
МАММ / МДФ//Russia in photoProfessor Liwerij Darkschjewitsch, der Lenin im März 1922 untersuchte, stellte „eine Fülle von äußerst schweren neurasthenischen Erscheinungen fest, die ihn völlig der Fähigkeit beraubten, so zu arbeiten, wie er früher gearbeitet hatte“ und „eine Reihe von Zwangsvorstellungen, die den Patienten durch ihr Auftreten sehr erschreckten.“ „Ich werde doch bestimmt nicht wahnsinnig, oder?“, fragte Lenin den Professor.
Im April 1922 hatte Lenin so stark abgenommen, dass die Ärzte vermuteten, er könnte durch die Bleikugeln vergiftet worden sein, die nach dem Attentat durch Fanny Kaplan am 30. August 1918 in seinem Körper verblieben waren. Wie der Chirurg, das Akademiemitglied Jurij Lopuchin schreibt, „ist die Entscheidung sehr umstritten und zweifelhaft, da in den vier Jahren, die seit dem Attentat vergangen sind, die Kugeln bereits eingekapselt sind, und, wie Professor Wladimir Rosanow glaubte, die Operation zu ihrer Extraktion mehr Schaden als Nutzen bringen wird.“
Am 30. August 1918 wurde Lenin bei einem Attentat durch zwei Schüsse verletzt. Auf dem Foto ist die Kugel für eine Browning-Pistole. Erst 1922 wurde die Kugel im Hals operativ entfernt.
Wikipedia / ShakkoAm 23. April 1922 entfernte der deutsche Chirurg Borchardt eine Kugel aus Lenins Körper, und am 27. April nahm Lenin bereits wieder an einer Sitzung des Politbüros teil. Er arbeitete noch einen Monat lang aktiv weiter, bis er am 25. Mai auf dem Landgut in Gorki seinen ersten Schlaganfall erlitt. Danach begann Lenin, die Sprache zu verlieren, konnte zeitweise nicht mehr lesen und schreiben und konnte nur noch schlecht seine rechte Hand kontrollieren.
Wladimir Lenin und Nadeschda Krupskaja in Gorki, 1922
Maria Uljanowa/GemeinfreiAm 29. Mai trat ein großes Konsilium von Lenins Ärzten (darunter der große Neurologe Grigorij Rossolimo und der Volkskommissar für Gesundheit Semaschko) zusammen. Sie erkannten, dass das Krankheitsbild für sie unklar war. Sie vermuteten eine Sklerose der Hirnarterien, aber die Ärzte waren erstaunt, dass Lenins Intellekt völlig intakt blieb und sich sein Zustand vorübergehend verbesserte.
Am 30. Mai, unmittelbar nach der Konsiliumssitzung, bat Lenin Josef Stalin, nach Gorki zu kommen. Jurij Lopuchin schreibt: „Da Lenin Stalins entschlossenen Charakter kannte, bat er ihn, ihm Gift zu bringen, um sein Leben zu beenden.“ Stalin gelang es jedoch, Wladimir Iljitsch zu überreden, sich behandeln zu lassen. Im Sommer 1922 begann sich Lenins Zustand zu verbessern. Am 16. Juni durfte er das Bett verlassen, und, wie die Krankenschwester Petraschewa sagte, „begann der Führer sogar mit mir zu tanzen.“
Eines der letzten Fotos von Lenin, 1923
GemeinfreiDennoch hielten die pathologischen Erscheinungen den ganzen Sommer über an, Lenin verlor manchmal das Gleichgewicht. Am 4. August hatte er nach einer Injektion von Arsen, mit der er behandelt wurde, Krämpfe mit Verlust der Sprachfähigkeit.
Weniger als fünf Monate nach seinem Schlaganfall kehrte Lenin am 2. Oktober 1922 nach Moskau zurück. Die Professoren glaubten, dass er sich vollständig erholt hatte, aber er selbst gab zu: „Körperlich fühle ich mich gut, aber ich habe nicht mehr die gleiche Frische der Gedanken. Um es mit den Worten eines Fachmanns zu sagen: Ich war für längere Zeit arbeitsunfähig.“
Im Oktober und November nahm Lenin viele Male an Sitzungen des Rates der Volkskommissare teil, sprach auf Kongressen und Tagungen. Seine Kräfte verließen ihn am 7. Dezember, als er nach Gorki aufbrach. Am 12. Dezember kehrte Lenin nach Moskau zurück, wo er mehrere psychomotorische Anfälle und einen Schlaganfall (am 16. Dezember) erlitt, nach dem die rechte Körperhälfte gelähmt war.
Posthumes Porträt von Lenin, 1924 (Pjotr Lwow)
GemeinfreiAm 24. Dezember 1922 berief Stalin ein Treffen mit den Mitgliedern des Zentralkomitees Lew Kamenjew und Nikolai Bucharin sowie Lenins Ärzten ein. Es wurde beschlossen, Lenin von Nachrichten über das politische Leben fernzuhalten, „um ihn nicht zum Nachdenken und zur Sorge anzuregen.“ Lenin wurde auch verboten, Besucher zu empfangen.
Trotzdem diktierte Lenin weiter Notizen und Briefe bis zum 9. März 1923, als er seinen dritten Schlaganfall erlitt. Lenin verlor erneut sein Sprachvermögen und kehrte danach nie wieder zur Arbeit zurück. Im Sommer 1923 war er gezwungen, unter der Aufsicht von Nadeschda Krupskaja wieder zu lernen, zu gehen, Gegenstände zu nehmen und einzelne Worte zu sprechen. Krupskaja schrieb: „Er geht jetzt (mit Hilfe) viel und selbständig, stützt sich auf das Geländer, geht die Treppe hoch und runter. [...] Seine Stimmung ist sehr gut, er sieht jetzt, dass er sich erholt.“ Am 18. und 19. Oktober war Lenin zum letzten Mal in Moskau, danach hielt er sich nur noch in der Datscha in Gorki auf.
Wladimir Lenin starb in Gorki in der Nähe von Moskau am Abend des 21. Januar 1924, um 18 Uhr und 50 Minuten. Er war 53 Jahre alt. Die Autopsie des Leichnams wurde am nächsten Tag am Morgen durchgeführt – sie begann um 11 Uhr. Dies ist das wichtigste Detail zu Lenins Tod: Aus welchem Grund wurde die Autopsie des Leichnams des Gründers der UdSSR nicht in Moskau durchgeführt, wo die besten medizinischen Institute über alle Voraussetzungen für die Autopsie verfügten, sondern man begann mit der Durchführung dieser Operation im Badezimmer der Datscha in Gorki?
Wladimir Lenin nach seinem Tod auf dem Gorki-Gut
TASSEs gibt zwei Versionen für die Hauptursache von Lenins Tod: Atherosklerose der Hirngefäße und Syphilis. Heute, hundert Jahre nach seinem Tod, gibt es immer noch keinen Konsens in dieser Frage. Der Akademiker Jurij Lopuchin schlug vor, dass die wahre Ursache für Lenins Krankheit und Tod die schlechte Blutversorgung des Gehirns war, die nach Lenins Verwundung im Jahr 1918 auftrat.
Ein Großteil der Dokumente über den Tod und die Krankheit von Wladimir Lenin bleibt auf Antrag seiner Nichte Olga Dmitrijewna Uljanowa (1922-2011) geheim, aber diese Regelung läuft 2024 aus.
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