Peter der Große starb, bevor er einen Erben benannte, und hinterließ keinen Letzten Willen. Aber 1836 wurde in Frankreich ein Text des angeblich verlorenen Testaments des russischen Zaren veröffentlicht.
Das Testament, so die Herausgeber, wurde 1757 von Chevalier d'Éon in den Geheimarchiven von Elisabeth Petrowna, der Tochter des Zaren, gefunden.
Es ist interessant, dass Charles d'Éon de Beaumont (1728-1810) ein Soldat und Spion war. 1755 besuchte er tatsächlich St. Petersburg. Er verbrachte die Hälfte seines Lebens damit, sich als Frau auszugeben.
Das veröffentlichte Dokument trug den Titel Eine Kopie des Plans zur europäischen Vorherrschaft und enthielt 14 Paragraphen. Das „Testament“ hatte die Form einer Aufgabenliste für die Erben und Nachfolger des Zaren. Unter anderem soll Peter I. denen befohlen haben:
- Russland muss stets auf dem Kriegsfusse erhalten werden…;
- Polen muss geteilt werden, indem man die innere Zwietracht und Eifersucht der Parteien nährt;
- Die russischen Großfürsten und Großfürstinnen müssen sich mit den Souveränen Deutschlands verheiraten, um die Familienbeziehungen zu vervielfältigen und Deutschland an Russland zu fesseln;
- Russland muss fortfahren, seine macht am Baltischen und Schwarzen Meere auszudehnen;
- Russland muss seine Grenze soweit als möglich nach Indien und Konstantinopel ausdehnen;
- Russland muss alle Bekenner der griechischen Religion in Ungarn und im südlichen Polen in seine Herrschaft zu bringen suchen… Auf diese Weise erhält Russland eine Menge Freunde unter jedem seiner Feinde;
- Nach der Eroberung dieser beiden Reiche [Deutschland und Frankreich, Anm. d. Red] kann das übrige Europa leicht unterworfen werden.
Im Allgemeinen empfiehlt der Text den Nachfolgern Peters, die gesamte bekannte europäische und asiatische Welt zu erobern. Dieses „Testament“ entsprach natürlich nicht der im Russischen Reich akzeptierten Form deines Nachlassdokuments. Es enthielt keine Verfügungen über das Vermögen und den Thron, was an sich schon auf eine Fälschung hindeutet. Es enthielt auch nichts über die Beziehungen zu den Niederlanden und China, die der Zar für sehr wichtig hielt.
Dennoch wurde das „Testament“ mehrfach neu herausgegeben (auf andere Sprachen übersetzt) und während des Krimkriegs (1853 – 1856) aktiv als Beweis für die „wahren Ziele der Russen“ eingesetzt.
Obwohl seine Fälschung in Russland 1877 in einem Artikel des Historikers Sergei Schubinskij nachgewiesen wurde, tauchte das „Testament“ im Zusammenhang mit Russland immer wieder auf – es wurde während des Ersten Weltkriegs erneut veröffentlicht und sogar ins Persische übersetzt.