Der Oberst des Innenministeriums Dmitrij Sachartschenko wurde festgenommen.
Eugene Odinokov / RIA NovostiAm Morgen des 9. September stürmten Ermittler des Föderalen Sicherheitsdienstes FSB und der Ermittlungsbehörde SK das Büro der Hauptverwaltung für Wirtschaftssicherheit und Korruptionsbekämpfung (GUEBiPK) im russischen Innenministerium. Zudem gab es eine Hausdurchsuchung bei Oberst Dmitrij Sachartschenko, einem hochrangigen Mitarbeiter des Innenministeriums. In seinem Wagen wurden 15 Millionen Rubel (rund 200 000 Euro) sichergestellt. Woher das Geld stammte, konnte Sachartschenko nicht erklären. Er wurde festgenommen.
Wie sich herausstellte, handelte es sich bei diesem Geld aber nur um die Spitze des Eisbergs. Bei weiteren Durchsuchungen in Wohnungen des Obersts und bei einigen seiner Verwandten stießen die Ermittler auf weitaus mehr Geld: Zwei Millionen Euro und 120 Millionen US-Dollar stellten sie sicher. Anderthalb Tonnen Bargeld schafften die Beamten aus den Wohnungen, zum Teil in Einkaufswagen, wie der Fernsehsender Ren-TV berichtete.
Jewgenij Rojsman, Bürgermeister der russischen Stadt Jekaterinburg, twitterte später, dass der konfiszierte Betrag einem Viertel des Haushalts seiner Stadt entspreche, in der immerhin 1,5 Millionen Menschen lebten.
Die Tageszeitung „Moskowskij Komsomoljez“ zitiert einen früheren Kommilitonen Sachartschenkos, der ihn als „talentierte, charismatische Führungsperson“ und „wahrhaften Patrioten“ bezeichnete. Doch bei der Menge des nun sichergestellten Bargelds kommen Zweifel an Sachartschenkos Integrität auf. Gespart haben kann er es kaum, denn laut der Ermittlungsbehörde lag sein offizielles Jahreseinkommen zuletzt nie über umgerechnet 40 000 Euro. Der Oberst gibt sich indes ahnungslos und weist alle Schuld von sich.
Die Nachrichtenagentur Ria erfuhr aus Kreisen der Strafverfolgungsbehörden, dass das beschlagnahmte Geld tatsächlich nicht Sachartschenko gehört hat. Angeblich bewahrte er es für die frühere Direktorin der russischen Bank Nota auf, der im November 2015 die Lizenz entzogen worden war, weil rund 357 Millionen Euro in der Bank verschwunden waren. Die Bankdirektorin Galina Martschukowa wurde festgenommen, das Geld blieb unauffindbar.
Die von Ria zitierte Quelle vermutet einen Zusammenhang. So stammten Martschukowa und Sachartschenko aus der gleichen Stadt und seien sehr gute Bekannte gewesen. Sachartschenko habe die Bankerin möglicherweise vor ihrer Festnahme gewarnt und das bei Nota unterschlagene Geld für sie aufbewahrt.
Eine Quelle von Gazeta.ru sieht dagegen den Grund für die Festnahme Sachartschenkos als Folge von personellen Veränderungen bei den russischen Geheimdiensten. Demnach verlor der Oberst aufgrund der jüngsten Umstrukturierungen in der Verwaltung für Wirtschaftssicherheit des Geheimdienstes seine Gönner. Einflussreiche Beamte konnten ihre schützende Hand nicht mehr über ihren Günstling halten, sodass der FSB und die Ermittlungsbehörde Sachartschenko problemlos festnehmen konnten.
Der jüngste Korruptionsskandal um Oberst Sachartschenko ist der größte der letzten Jahre. Wladimir Putins Pressesprecher Dmitrij Peskow teilte mit, dass der russische Präsident den Fall zur Chefsache erklärt habe und über „alle Informationen“ zu diesem Vorgang verfüge. Er erklärte zudem, dass der Kampf gegen die Korruption fortgesetzt werde.
Die Wellen der öffentlichen Empörung schlugen hoch. Franz Klinzewitsch, Vize-Vorsitzender des Verteidigungs- und Sicherheitskomitees des Föderationsrats, brachte gar die Wiedereinführung der Todesstrafe als angemessenes Strafmaß für Schmiergeldempfänger ins Spiel.
Aber auch jene, denen diese Forderung zu radikal erscheint, sehen in der Korruption ein ernsthaftes Problem und fürchten, dass der Sumpf noch viel tiefer ist. So stellte der Duma-Abgeordnete Alexander Chinschtejn die Frage: „Wenn bei einem Oberst schon eine solche Summe gefunden wurde, was haben dann wohl erst einige Generäle bei sich versteckt?“
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