Hobbies ohne Internet: Freizeit in der Sowjetunion

Sergey Edisherashvili/TASS
Heute ist es leicht: Wenn ein Kind Zugang zum Internet hat, weiß man, womit es sich in den Ferien beschäftigt. Was aber ohne? RBTH erzählt über die Hobbies der Kinder in der Sowjetunion.

1. Auf Exkursion gehen  

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Die Kinder in der Sowjetunion haben sehr viel Zeit an der frischen Luft verbracht. Nach Hause jedenfalls gingen sie nur widerwillig und bei Androhung harter Strafen durch die Eltern. Das größte Vergnügen im Leben eines sowjetischen Pioniers war eine Klassenfahrt über einige Tage oder gar eine ganze Woche. Zum einen konnte man bei einer Exkursion eine Menge lernen wie zum Beispiel das Anlegen einer Feuerstelle, den Aufbau eines Nachtlagers, die Orientierung in unbekanntem Gelände, das Lesen einer Landkarte, das Verfolgen der Spuren von Tieren oder das Gewinnen von Trinkwasser und vieles andere mehr, was für das Zurechtkommen in der freien Natur unabdingbar war. Zum anderen war eine Exkursion auch ein echtes Abenteuer. Man fühlte sich in die Welt der Bücher von Jules Verne oder James Fenimore Cooper versetzt.

Auf Exkursion gingen die Pioniere unter Leitung eines Pionierleiters, der ihnen beibrachte, wie man in der Natur nützliche Gegenstände findet, Geschichten über die Heimat erzählte oder die Bedeutung von Licht- oder Tonsignalen erklärte. In der Freizeit am Abend versammelten sich die Teilnehmer einer Exkursion am Lagerfeuer und bereiteten ein einfaches Abendessen zu – meistens am Feuer gegrillte Kartoffeln oder Fleisch – und sangen nach bester Tradition solcher Ausflüge Lieder zur Gitarre.

2. Sammeln und tauschen

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Die Kinder aller Altersklassen haben auf jeden Fall irgendetwas gesammelt. Das war nicht nur schlechthin ein Zeitvertreib sondern auch der unbewusste Drang, zu Hause, ungeachtet meckernder Eltern, irgendetwas zu lagern. Meist handelte es sich dabei um einen Haufen unnötiger Dinge wie beispielsweise Abziehbilder mit Hundefotos, Eisenbahnfotos, Militärtechnik oder Filmhelden.

Jeder Sammler, der etwas auf sich hielt, klebte seine Aufkleber an die Türen, Türrahmen oder ans Fenster. Nebenbei gesagt, diese Bildchen gingen nicht wieder ab, weder von den Türen, noch von den Fenstern, so sehr man sich auch anstrengte. Außer den Bildchen konnte man Briefmarken oder seltene Münzen sammeln. Wenn man ein Stück zweimal hatte, wurde es getauscht.

3. Holz schnitzen

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Von jedem Jungen, der in das Alter kam, in dem er ein Messer richtig halten konnte, wurde geradezu erwartet, dass er etwas aus Holz schnitzen konnte. Natürlich ging es dabei um nützliche Dinge: Schiffchen, hölzerne Schwerter, Flitzbögen. Die Hälfte der Werke wurden an die Kleinen verschenkt, die andere für eigene Spiele genutzt. Die Bötchen zum Beispiel wurden zu Wasser gelassen und am Bug ein Strick befestigt, damit man sie wieder an Land ziehen konnte. Es war nicht gerade leicht, ein für ein solches Objekt geeignetes Stück Holz zu finden, deshalb nutzten die Jungen alles was ihnen in die Hände fiel: dicke Äste, alte Möbelstücke.

4. Gummihüpfen

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Während sich die Jungen mit kreativer Handwerkskunst beschäftigten und ihre Messer wetzten, hatten die Mädchen zu jener Zeit besondere Freude am Gummihüpfen. Für dieses Spiel brauchte man drei Mädchen und ein großes langes Gummiband. Zwei Mädchen mussten das Gummiband dehnen und das dritte hüpfte in, auf oder zwischen dem Gummiband in den vorher abgestimmten Rhythmen. Dabei wurde das Gummiband auf verschiedenen Körperhöhen eingestellt; zunächst am Knöchel, dann an Knie und Hüfte und zum Schluss an der Taille. Besonders Geübte schafften es sogar bis zu den Ohren. Sobald eine Mitspielerin die Übung nicht schaffte, wurden die Plätze getauscht. Falls sich ein besonders langes Gummiband auftreiben ließ, konnte der ganze Hof mitspielen.

5. Kaugummi kauen

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In der UdSSR war es äußerst schwierig, Esskaugummi aufzutreiben. Wer konnte, brachte ihn aus dem Ausland mit. Dieser Kaugummi wurde dann solange gekaut, bis er jeglichen Geschmack verloren hatte. Doch auch dann wurde er nicht einfach weggeworfen. Der Kaugummi wurde vielmehr in Marmelade oder Zucker getaucht und war auf diese Weise, wenn auch nicht für lange, wieder süß. Wer absolut keinen Zugang zu Esskaugummi hatte, kaute Teer. Dieser wurde auf Baustellen, auf Straßen oder auf Dächern gefunden. Zunächst war er ziemlich hart, aber nach geduldigem Kauen verwandelte er sich in eine gute Alternative zum Kaugummi.

6. Dias gucken

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Strenge Eltern schickten ihre Kinder gleich nach der legendären und von allen geliebten Fernsehsendung „Gute Nacht, Kinder“ ins Bett. Den älteren wurde erlaubt, noch ein Buch zu lesen oder in der Dunkelheit Dias anzuschauen.

Die Diafilme waren einem Film ähnlich. Der Film, auf dem sich zum Beispiel Ausschnitte aus Büchern mit schönen Illustrationen befanden, wurde in den Projektor eingelegt. Das Anschauen der Diafilme war ein echtes Ereignis. An den Schrank oder die Wand wurde anstelle einer Leinwand ein weißes Laken gehängt. Dann wurde der Projektor, meist auf einem Stapel Büchern, aufgestellt und das Licht ausgeschaltet. Film ab. Mama, Papa und die älteren Brüder und Schwestern lasen die Texte der Dias leise vor und die Jüngeren lauschten und schauten die Bilder an. Psychologen sind heutzutage der Meinung, dass das Anschauen von Diafilmen sehr zu einem engen, vertrauensvollen Verhältnis in den Familien beigetragen hat.

7. Den Teppich studieren

/ Nikolai Akimov/TASS/ Nikolai Akimov/TASS

Diejenigen, die zu Hause keinen Dia-Projektor hatten, schauten sich die Muster der Teppiche an. In jedem sowjetischen Haushalt gab es Teppiche; sie zierten die Wand oder lagen unter dem Sofa oder Bett. Der Teppich hatte zwei Funktionen: Zum einen verdeckte er Löcher in den Tapeten und zum zweiten diente er als Schallschutz. Und die Kinder drehten sich vor dem Schlaf mit dem Gesicht zur Wand und suchten in den Mustern der Teppiche nach den Silhouetten von Tieren, dem Profil von Menschen oder auch Pflanzen. Jeder war dieser Beschäftigung verfallen und ging davon aus, dass er der einzige war, der etwas Außergewöhnliches in den Fasern des Wandteppichs entdeckt hat.

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