Wladimir Makowski: Russische Realitäten

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Der russische Maler Wladimir Makowski zeigt in seinen Werken das echte Leben in Russland am Ende des 19. Jahrhunderts. Zu seinem 170. Geburtstag erinnert RBTH an fünf bedeutende und charakteristische Werke des Künstlers.

1. „Das Babki-Spiel“ (1870)

An Makowskis Werken schätzten die Zeitgenossen vor allem die realistische und detailgetreue Darstellung, den Verzicht auf Sentimentalitäten und die Unterhaltsamkeit, die Makowskis Bilder gemeinsam hatten mit der Literatur von Gogol und Turgenew.

Makowski gehörte den Peredwischniki an, einer Bewegung, die aus Vertretern des künstlerischen Realismus bestand. Im Jahr 1870 gründeten sie die Genossenschaft der künstlerischen Wanderausstellungen. Die Peredwischniki stellten sich gegen das traditionelle Kunstverständnis und wollten Kunst der breiten Masse zugänglich machen. Sie organisierten in ganz Russland Ausstellungen mit modernen Werken.

„Das Babki-Spiel“ ist das erste Bild, das von dem Kunstmäzen Pawel Tretjakow für seine Galerie gekauft wurde. Babki ist ein altes russisches Spiel, bei dem die Mannschaften Figuren aus Tierknochen, die nach der Mahlzeit übrigblieben, treffen müssen.

2. „Das literarische Lesen“ (1866)

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Wladimir Makowski wurde die Kunst in die Wiege gelegt. Zwar war sein Vater Jegor Makowski von Beruf Buchhalter im Staatsdienst, doch er begeisterte sich für Malerei und Musik. Er sammelte seltene Gravierungen und besaß die ersten erhältlichen Kunstdrucke von Werken von Raphael, Rubens und Rembrandt. Jegor Makowski ist einer der Gründer der Moskauer Hochschule für Malerei, Bildhauerei und Architektur, neben der Russischen Kunstakademie in Sankt Petersburg die wichtigste Kunsthochschule Russlands. Vier seiner fünf Kinder wurden Künstler. In der ganzen Makowski-Dynastie gab es insgesamt elf bekannte Personen – Restauratoren, Kunstkritiker und Kunsthistoriker.  

Das Bild, das Wladimir Makowski im Abschlussjahr seines Studiums an der Moskauer Hochschule für Malerei, Bildhauerei und Architektur gemalt hat, zeigt einen Mann in einem Lesezimmer. Dabei soll es sich um Makowskis Vater Jegor handeln.

3. „Die Liebhaber der Nachtigalle“ (1872-73)

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Diese Arbeit brachte Makowski den Titel des Kunstakademikers ein und hatte nicht nur in Russland, sondern auch auf der Wiener Weltausstellung im Jahr 1873 großen Erfolg. Im Rahmen der Russischen Schule setzte Makowski die Traditionen von Pawel Fedotow und Wassilij Perow fort. Die Holzhütte, die Ikonen in der roten Ecke, ein Samowar und der fast hörbare zauberhafte Gesang der Vögel in einem Käfig unter der Decke, die auf dem Bild zu sehen sind, waren für das europäische Publikum Spiegelbild der russischen Seele. Der englische Maler William Hogarth kritisierte, dass die dargestellten Soldaten, Kaufleute, Beamten und Bauern allzu viel Ähnlichkeiten mit denen in den Werken von Honoré Daumier hätten.

4. „Das Moskauer Nachtasyl“ (1889)

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Ein ausländischer Künstler, der von der Vielzahl der Charaktere auf Makowskis Bildern erstaunt war, fragte ihn einst, wo er seine Inspiration finde. Daraufhin zeigte ihm Makowski das Leben in Moskaus Straßen. „Er besucht alle Armenhäuser, kennt alle Ecken Moskaus, alle Slums. Man trifft ihn auf den Märkten, auf allen Volksfesten und Veranstaltungen, aber auch auf Tanzbällen, auf Konzerten und in den Theatern“, schrieb einer seiner Zeitgenossen. Im Laufe der Zeit wurde das gutmütige und ironische Betrachten der Umwelt von sozialkritischen Motiven abgelöst: der Zusammenbruch einer Privatbank, die Versammlung einer geheimen revolutionären Gesellschaft oder Angehörige von politischen Gefangenen vor den Gefängnistoren.

„Das Nachtasyl“ zeigt die unterste Schicht der Gesellschaft. Im Zentrum des Gemäldes befindet sich ein alter Mann mit einem breitkrempigen Hut unter dem Arm. Es ist ein Porträt des berühmten Landschaftsmalers Aleksej Sawrasow, der das Ende seines Lebens in Armut verbrachte.

5. „Auf dem Wagankowoer Friedhof. Die Beerdigung der Opfer der Massenpanik auf dem Chodynkafeld“ (1896-1901)

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Im Jahr 1896 fanden die Krönungsfeierlichkeiten des letzten russischen Zaren Nikolaus II. statt. Makowski wurde eingeladen, um Skizzen für das Krönungsalbum anzufertigen. Doch die Feierlichkeiten wurden von einer Tragödie überschattet: Bei einer Massenpanik auf dem Chodynkafeld kamen mehr als 1 000 Menschen ums Leben. Ihre sterblichen Überreste wurden zum nahe gelegenen Wagankowoer Friedhof gebracht, während in Moskau die Feierlichkeiten weitergingen. An diesem Bild arbeitete Makowski ganze fünf Jahre. Es fiel der Zensur zum Opfer und durfte nicht ausgestellt werden. Erst 1910 wurde es auf einer Ausstellung in London gezeigt.  

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