Diese fünf berühmten Schriftsteller kehrten der Sowjetunion den Rücken

Kultur
ALEXANDRA GUSEWA
Sie haben die Sowjetunion verlassen (müssen) und im Exil gelebt. In ihrem Werk haben sie sich mit ihren Erinnerungen und den Entwicklungen in ihrem Heimatland auseinandergesetzt.

In der Zeit nach der Revolution von 1917 und dem Ende der Sowjetunion verließen mehr als zwei Millionen Menschen freiwillig oder gezwungenermaßen das Land, vor allem aus politischen Gründen. Darunter waren viele Künstler, Musiker, Philosophen, Wissenschaftler und natürlich Schriftsteller, die ihre literarische Stimme gegen das totalitäre System erhoben. 

Wladimir Nabokov (1899-1977), emigriert 1919 

Empfehlenswerte Werke: Maschenka, Einladung zur Enthauptung, Lolita, Die Gabe, Andere Ufer 

Nabokovs Vater war Politiker und Gegner der Bolschewiki. Als die Sowjets die Macht übernahmen, verließ die ganze Familie das Land. Zuerst besuchte Nabokov ein College in England. Später lebte er in Kontinentaleuropa, musste dann aber wieder fliehen - diesmal vor den Nazis. 

Er lebte viele Jahre in den USA, wo er Vorlesungen über russische Literatur hielt. Nabokov verbrachte die letzten Jahre seines Lebens im schweizerischen Montreux, wo er auch begraben liegt.

Er schrieb einige seiner frühen Romane auf Russisch, wechselte dann aber vollständig zu Englisch, das er seit seiner Kindheit fließend beherrschte. Er übersetzte seine Werke selbst.  

Iwan Bunin (1870-1953), emigriert 1920 

Empfehlenswerte Werke: Das Leben Arsenjews, Leichter Atem, Mitjas Liebe, Dunkle Alleen – Kurzgeschichten

Bunin wurde um die Jahrhundertwende als Dichter und Autor von Kurzgeschichten berühmt. Er war auch als Übersetzer englischer Poesie bekannt. In den 1910er Jahren reiste Bunin viel nach Europa, in den Nahen Osten und nach Ägypten. Er kämpfte erbittert gegen die Bolschewiki und nannte seine Tagebücher, in denen er von den Folgen der Revolution schrieb, „Verfluchte Tage“. Er veröffentlichte diese nach seiner Auswanderung. 

1920 verließ Bunin das Land und ging nach Paris. Er stand in engem Kontakt mit anderen russischen Emigranten und kritisierte offen die sowjetischen Behörden. In Frankreich schrieb er seinen ersten großen Roman, „Das Leben Arsenjews“. 1933 wurde er mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet. Später wollten die Sowjets ihn zurück ins Land holen, doch Bunin lehnte ab. Wie viele in Paris lebende russische Emigranten ist er auf dem Friedhof Sainte-Geneviève-des-Bois beigesetzt. 

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Joseph Brodsky (1940-1996), emigriert 1972

Empfehlenswerte Werke: Ausgewählte Gedichte, Ufer der Verlorenen

In der sowjetischen Untergrundliteratur der 1960er Jahre war er ein bekannter Dichter, obwohl er nicht einmal eine weiterführende Schule besucht hatte. Brodsky ging früh von der Schule ab und half bei geologischen Expeditionen. Später arbeitete er in einer Leichenhalle. Die meiste Zeit hatte er jedoch keine Anstellung (was in Sowjetrussland eine Straftat war) und verbrachte seine Zeit damit, Gedichte zu schreiben. Infolgedessen verbüßte er eine zweijährige Haftstrafe wegen „Parasitismus“ und emigrierte 1972 mit Hilfe der Verleger Carl und Ellendea Proffer in die Vereinigten Staaten.

1987 erhielt Brodsky den Nobelpreis für Literatur. Obwohl er sich weigerte, selbst für einen Kurzbesuch nach Russland zurückzukehren, wurde er in seiner Heimat zum Symbol eines im Exil lebenden Dichters, der gegen das Regime kämpft.

Sergei Dowlatow (1941-1990), emigriert 1978

Empfehlenswerte Werke: The Zone, Pushkin Hills (beide nicht auf Deutsch erschienen), Der Kompromiss, Der Koffer

Dowlatows Geschichten sind frei von beißender Satire, aber voller bewegender Erinnerungen an das manchmal absurde Leben in der UdSSR. Alle seine Werke sind autobiografisch. Er beschrieb seine Erfahrungen als Gefängniswärter und Touristenführer in Puschkinskije Gory (zu Deutsch „Puschkin-Berge“) oder als alkoholabhängiger Journalist auf Reisen.

Dowlatows Werke wurden wegen seines „ideologisch schädlichen“ Humors nicht in der UdSSR veröffentlicht. 1978 wurde er aufgefordert, das Land zu verlassen, weil er sich an Samisdat beteiligte, der Weitergabe und Vervielfältigung verbotener Schriften. 

Er wanderte in die USA aus und ließ sich in New York nieder. Im Alter von nur 48 Jahren starb er. Sein Grab liegt in New York. Dowlatows Tochter Jekaterina setzte sich dafür ein, dass eine Straße nach ihrem Vater benannt wurde und übersetzte seine Werke ins Englische.  

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Wassili Aksjonow (1932-2009), emigriert 1980

Empfehlenswerte Werke: Die Insel Krim, Generations of Winter (nicht in deutscher Sprache veröffentlicht), diverse Erzählungen  

Aksjonow wurde schon in jungen Jahren Opfer des Sowjetregimes. Seine Eltern waren zu zehn Jahren Arbeitslager verurteilt worden, und er selbst wurde in ein Waisenhaus für Kinder für die Kinder von Gefangenen geschickt. Er durfte später nach Magadan gehen und mit seiner Mutter zusammenleben.  

Er schildert diese Zeit in seinem Buch „Gebrannt”. In den 1970er Jahren wurde Aksjonow antisowjetische Ansichten vorgeworfen und seine Romane verboten. 1980 erhielt er eine Einladung in die USA. Er verließ das Land und verlor daraufhin die sowjetische Staatsbürgerschaft. 

Im Exil schrieb Aksjonow einen Generationenroman, der ein großer Erfolg wurde. „Generations of Winter”, so der englische Titel, erzählt die ersten 30 Jahre des Lebens einer Arztfamilie nach der russischen Revolution. Es wurde später in Russland für das Fernsehen verfilmt. Die Familiensaga wird oft mit Pasternaks „Dr. Schiwago“ verglichen. 

Aksjonow war einer der wenigen Emigranten, die nach der Perestroika nach Russland zurückkehrten. Er pendelte zwischen Russland und Frankreich. Gestorben ist er in Moskau, wo er auch begraben liegt.

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