5 russisch-orthodoxe Kirchen in Deutschland, die zum UNESCO-Welterbe gehören

Kultur
ZHANNA NEYGEBAUER
Russisch-orthodoxe Kirchen wurden in Deutschland seit dem frühen 18. Jahrhundert errichtet. Ihr Entstehen geht auf Schenkungen zwischen deutschen Fürsten- und Königshäusern und der Zarenfamilie zurück.

Als Friedrich Wilhelm I. Peter dem Großen das berühmte Bernsteinkabinett schenkte, antwortete der russische Zar, indem er dem preußischen König 55 speziell ausgewählte große russische Grenadiere überließ: An hochgewachsenen Soldaten mangelte es der Armee des preußischen Königs. Die militärischen Spezialkräfte zogen mit ihren orthodoxen Familien nach Preußen. Gefragt waren also Priester und Tempel für ihr geistliches Leben. Bereits 1718 gründete Peter der Große die erste orthodoxe Kapelle in Berlin, und 1733 wurde die erste Kirche in Potsdam geweiht.

Inzwischen gibt es Dutzende orthodoxe Kirchen in Deutschland. Fünf davon gehören zum UNESCO-Weltkulturerbe.

  1. Alexander-Newski-Kapelle (Potsdam)

In den 1820er Jahren wurde bei Potsdam die russische Kolonie „Alexandrowka“ gegründet. Ihre Bewohner waren Militärs: Während der napoleonischen Kriege gerieten russische Soldaten in die Kriegsgefangenschaft des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. Aus den Reihen der in Potsdam verbliebenen einstigen Kämpfer wurde ein Chor gebildet. Nach der Unterzeichnung des Bündnisvertrages zwischen Russland und Preußen (Vertrag von Kalisch) im Jahr 1813 wurden die Soldaten wieder auf dem Schlachtfeld eingesetzt und kehrten am Ende des Sechsten Koalitionskrieges mit Erlaubnis des russischen Zaren Alexander I. nach Potsdam zurück. 

Nach dem Tod des russischen Zaren gründete Friedrich Wilhelm III. hier eine Siedlung für die russischen Soldaten „zum ewigen Gedenken an das Band der Freundschaft zwischen mir und seiner Majestät dem Zaren von Russland“. Das Vorhaben beinhaltete auch den Bau einer orthodoxen Kirche zu Ehren von Alexander Newski: Dieser heilige altrussische Feldherr war der geistige Schutzpatron des verstorbenen Zaren. 

Im Laufe der Zeit wurde die orthodoxe Gemeinde in Potsdam kleiner, und die ursprünglich in Kirchenslawisch abgehaltenen Gottesdienste in der Kirche wichen allmählich deutschen Zeremonien. Die kirchenslawische Sprache wurde nach den russischen Revolutionen wieder eingeführt, als sich russische Emigranten der Gemeinde anschlossen. Im Jahr 1999 wurde die Alexander-Newski-Kirche zusammen mit der Alexandrowka- Siedlung als erste russisch-orthodoxe Kirche in Deutschland in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen. Heute gilt sie als die älteste noch funktionierende orthodoxe Kirche in Westeuropa.

  1. Kirche St. Alexandra (Bad Ems) 

Schon Zarin Alexandra Fjodorowna, die Gemahlin von Nikolaus I., hatte davon geträumt, in ihrer Heimatstadt Bad Ems eine orthodoxe Kirche errichten zu lassen. Kurorte wie Bad Ems waren bei russischen Reisenden beliebt, während ihrer Erholungs- und Kuraufenthalte wollten sie allerdings nicht darauf verzichten, Gottesdienste zu besuchen. Unter der Schirmherrschaft der Zarin begann man, Spenden für den Bau der Kirche zu sammeln. Dem Bauausschuss, der das Projekt leitete, gehörten nicht nur Russen, sondern auch Einheimische an. Die Arbeiten gingen jedoch zu langsam voran, und Alexandra Fjodorowna verstarb, ohne die Fertigstellung erlebt zu haben.

Die Pläne der Zarin führte schließlich ihr Sohn, Zar Alexander II., zu Ende. Zum Gedenken an das Wirken der verstorbenen Schutzpatronin wurde die am Ufer der Lahn gelegene Kirche der Heiligen Alexandra gewidmet. Viele russische und ausländische Meister waren an der Gestaltung der Inneneinrichtung beteiligt. Einige der Ikonen wurden von Carl Timoleon von Neff (Timofej Neff) gemalt, der sein künstlerisches Genie auch in der berühmten St. Isaakskathedrale in St. Petersburg verwirklicht hatte. Im Altarraum befindet sich eine Ikone der Auferstehung Christi aus der Feder eines anderen Künstlers, des russischen Kriegsmalers Wassili Wereschtschagin. 

  1. Kirche der Heiligen Maria Magdalena (Darmstadt)

Die Kirche, die auch „Russische Kapelle“ genannt wird, verdankt ihre Existenz der Namenspatronin von Alexandra Fjodorowna, der Frau des letzten russischen Monarchen Nikolaus II. Die Zarin war in Darmstadt geboren, und so wollte das Paar bei Besuchen in ihrer Heimat auch die orthodoxe Kirche besuchen können. Obwohl die Kirche in Deutschland steht, soll sie auf russischem Boden erbaut worden sein: Der Boden unter den Fundamenten wurde tatsächlich absichtlich aus Russland herbeigeschafft, um eine symbolische Verbindung zu diesem Land zu erhalten.

Bei der Grundsteinlegung im Jahr 1897 wie auch bei der Einweihung im Jahr 1899 war das Zarenpaar persönlich anwesend. Die Mittel für den Bau wurden aus dem Haushalt der Familie Romanow bereitgestellt. Der berühmte russische Architekt Leonti Benois war an dem Projekt beteiligt, ebenso wie der Maler Viktor Wasnezow, der für seine Gemälde mit volkstümlichen Motiven bekannt ist. Auf Wunsch von Nikolaus II. schuf er Entwürfe für die Mosaike über dem Eingang und im Inneren der Kirche.

Wie in Bad Ems stammen die Ikonen von dem Künstler Neff: Die Ikonostase aus Eichenholz war ein Geschenk der Tante von Nikolaus II, die mit der Herzogin von Sachsen-Coburg-Gotha und Edinburgh verheiratet war.

  1. Kirche zur Verklärung des Herrn (Baden-Baden)

Auf dem Weg zur Einweihung der Maria-Magdalena-Kirche besuchten Nikolaus II. und Alexandra Fjodorowna eine andere russisch-orthodoxe Kirche, die Verklärungskirche in Baden-Baden. 

Ihre Geschichte begann in Privathäusern, die von der örtlichen orthodoxen Gemeinde für Gottesdienste gemietet werden mussten. Es war die Herzogin Maria Maximilianowna von Baden, Tochter von Herzog Maximilian von Leuchtenberg und Schwester von Zar Alexander II., der es gelang, den Bau eines eigenen Gebäudes zu organisieren. Später wurde sie in der unter ihrem Patronat errichteten Kirche beigesetzt. 

Das Projekt wurde durch Spenden russischer Mäzene, darunter auch Maria selbst, finanziert, das Grundstück für die Kirche stellte die Stadtverwaltung zur Verfügung. Die Wandmalereien im Kircheninneren wurden nach Entwürfen von Fürst Grigori Gagarin, dem Vizepräsidenten der Kaiserlichen Akademie der Künste, ausgeführt.

  1. Kirche des Sergius von Radonesch (Bad Kissingen)

Sergius von Radonesch ist in der Orthodoxie eine wichtige Figur. Mit diesem Wundertäter und Gründer des größten russischen Klosters für Männer verbindet man gemeinhin, dass er Fürst Dmitri Donskoj vor der Schlacht von Kulikowo gegen den Heerführer der Goldenen Horde Mamai gesegnet haben soll, einer Schlacht, die den Sturz des mongolisch-tatarischen Jochs und der Vereinigung der russischen Gebiete um Moskau einleitete. 

Die Kirche in Bad Kissingen ist Sergius von Radonesch gewidmet. Erst im dritten Anlauf konnte sie dank der Unterstützung des Abtes der Berliner Botschaftskirche gebaut werden. Das Baukomitee unterstand Alexander Iswolski, der später Außenminister des Russischen Reiches werden sollte. Der Vertreter der ausländischen Autokephalie, Metropolit Joseph von der Rumänischen Orthodoxen Kirche, nahm an der Grundsteinlegung der Kirche teil. Zusammen mit anderen russisch-orthodoxen Kirchen in Deutschland wurde die Kirche in Bad Kissingen im Jahr 2021 in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen, als das UNESCO-Komitee nach der Pandemie wieder zu tagen begonnen hatte.

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