Der Tatort Jussupow-Palast in St. Petersburg: Wo Rasputin ermordet wurde

Kultur
JEKATERINA OPARINA
Dieses Herrenhaus in Sankt Petersburg gehörte einst einer der reichsten Adelsfamilien des Russischen Reiches, wurde jedoch als Schauplatz eines Mordes, den der junge Besitzer 1916 begangen hatte, berüchtigt.

An einem kalten Dezembertag 1916 verließ Grigori Rasputin, ein Vertrauter des letzten russischen Zaren, sein Haus und ging Richtung Fluss Mojka. Er wusste nicht, was ihn an diesem Abend ein grausames Ende erwartet. Unter dem Vorwand eines Treffens mit der Gemahlin von Felix Jussupow wurde Rasputin in den Fürstenpalast eingeladen. Die Verschwörer, zu denen auch der Fürst Dmitrij Pawlowitsch und der Duma-Abgeordnete Wladimir Purischkjewitsch gehörten, wollten ihr Land retten, indem sie die Zarenfamilie vom Einfluss des berüchtigten Wanderpredigers befreien.

Dieses grausame Verbrechen spielte sich im Jussupow-Palast ab.

Eine alte tatarische Familie

Der Jussupow-Palast ist ein prachtvolles dreistöckiges Gebäude aus dem 18. Jahrhundert am Ufer des Flusses Mojka im Zentrum von St. Petersburg. Mit dem Bau des klassizistischen Palastes wurde in den 1770er Jahren begonnen. Er war für Andrej Schuwalow, einen Geheimrat am Hof von Katharina der Großen, bestimmt.

Entworfen von dem berühmten französischen Architekten Jean-Baptiste Vallin de la Mothe, wurde der Palast 1830 von einem der reichsten Männer Russlands, dem Zeremonienmeister des kaiserlichen Hofes, Fürst Boris Jussupow, gekauft. Der Palast wurde das 57. Anwesen im Besitz dieser Familie, die unter anderem einen weiteren prächtigen Palast auf der Krim besaß.

Die Jussupow-Familie stammte vom Herrscher der Nogai-Horde ab und war in dem Adelshierarchie praktisch mit den Romanows gleichgestellt. In Bezug auf den Reichtum übertrafen die Jussupows diese jedoch noch. Die ersten Jussupows kamen zur Zeit Iwans des Schrecklichen nach Moskau, und die nachfolgenden Zaren belohnten deren Nachkommen mit reichen Ländereien und Fürstentiteln. Das Vermögen der Jussupows wurde durch die vorteilhafte Heirat des ersten Jussupow mit einer reichen Witwe, Katerina Sumarokowa, der Tochter eines dem Hof nahestehenden Beamten, noch vergrößert.

Neben dem Palast gab es eine Familienkapelle, die dem Schutz der Mutter Gottes gewidmet war, Pferdeställe und einen Garten sowie ein Privattheater, das in den 1830er Jahren an den Palast angebaut wurde. Dieses prächtige Theater ist eine kleinere Version des berühmten Mariinski-Theaters. Die Jussupows veranstalteten in ihrem Palast prächtige Feste, bei denen die besten Balletttänzer St. Petersburgs und die renommiertesten Orchester auf der Bühne ihres Privattheaters auftraten.

Eine Familie von Sammlern

Hinter der klassizistischen Fassade verbergen sich der Luxus und die Pracht der Innenräume. Die verschiedenen Säle des Palastes wurden in völlig unterschiedlichen Stilen gestaltet: Der Maurische Salon beispielsweise ist in Erinnerung an die Vorfahren der Familie im orientalischen Stil dekoriert. Die Säle sind außerdem voll mit Schätzen, die von verschiedenen wohlhabenden Mitgliedern der Familie Jussupow gesammelt wurden.

Der letzte Jussupow, Fürst Felix, fand es unerträglich, von dieser Pracht umgeben zu sein, und zog es daher vor, in einer eigens für ihn eingerichteten Wohnung im Erdgeschoss und im Souterrain des Palastes zu leben.

Felix war ein ungewöhnlicher Mensch. Seit seiner Kindheit liebte er es, sich in Frauenkleider zu hüllen, Schmuck zu tragen und sich zu schminken – dies war vor allem dem Einfluss seiner Mutter zu verdanken, die sich verzweifelt nach einer Tochter gesehnt hatte. Alle Adelsfamilien des Russischen Reiches tratschten über den seltsamen jungen Mann. Es wurde gemunkelt, dass er homosexuell sei, aber es gibt keine Beweise für diese Theorie. Außerdem stand Felix, wie viele Jussupows, der Zaren-Familie sehr nahe.

Tatort

Am 17. Dezember 1916 lockten Felix und sein Freund Großfürst Dmitrij Pawlowitsch, ein Verwandter des Zaren, Grigorij Rasputin in den Jussupow-Palast. Rasputin war ein enger Freund des letzten russischen Zaren Nikolaus II. und vor allem der Zarin (es gab sogar Gerüchte über eine Liebesbeziehung).

Gleichzeitig hatte Rasputin den Ruf eines „heiligen Ältester“ und eines Heilers – er hatte die Blutungen des Zarensohns Alexej, der an Hämophilie litt, stoppen können. Der innere Kreis des Zaren war jedoch der Ansicht, dass Rasputin zu viel Einfluss auf Nikolaus und die Politik des Reiches im Allgemeinen ausübte. Sie wollten das Land unbedingt von „diesem Schurken“ befreien.

An jenem verhängnisvollen Tag im Keller des Palasts verabreichten der Gastgeber und der Großherzog dem „heiligen Ältester“ im Keller des Palasts verdorbenen Madeira und mit Zyankali vergifteten Kuchen. Das Gift wirkte jedoch nicht. Es gibt verschiedene Theorien darüber, warum das Attentat misslang. Eine besagt, dass der Zucker in den Kuchen und im Wein die Wirkung des Giftes neutralisierte und Rasputin so vor dem plötzlichen Tod bewahrte.

Nachdem der Plan gescheitert war, schoss Felix Jussupow Rasputin mit einer Browning-Pistole ins Herz. Der Schuss tötete ihn jedoch nicht, und Rasputin versuchte unter Schmerzen, seinen Mörder zu erwürgen. Die Verschwörer mussten noch mehrere Schüsse auf ihn abfeuern, woraufhin sein Körper in Ketten gelegt und in die Newa geworfen wurde. Eine spätere Untersuchung ergab, dass der tödlich verwundete Rasputin noch sieben Minuten lang am Leben blieb, nachdem er in den Fluss geworfen worden war.

Im Keller des Palastes, in dem Rasputin ermordet wurde, befindet sich heute eine Ausstellung, die die düstere Atmosphäre der letzten Nacht seines Lebens nachstellt, mit Wachsfiguren der wichtigsten Protagonisten.

Nach der Oktober-Revolution

Der Palast wurde im November 1917 beschlagnahmt, als die bolschewistische Revolution die Fürsten zwang, aus St. Petersburg auf die Krim zu fliehen, wobei sie viele ihrer Schätze zurückließen. Einige wurden von den Jussupows versteckt, und zwar so gut, dass sie nie gefunden wurden. Ein vermisstes Juwel war zum Beispiel La Peregrina, eine einzigartige Perle im Wert von über einer Million Dollar.

Nach der Revolution blieb der Jussupow-Palast vor der Zerstörung verschont, die viele andere ähnliche Gebäude betraf. 1925 wurde er in einen Kulturpalast für Leningrader Lehrer umgewandelt. Während des Zweiten Weltkriegs beherbergte er ein Krankenhaus, und in den Nachkriegsjahren erhielt das Gebäude den Status eines „historischen Denkmals von nationaler Bedeutung“.

Ein beliebtes Museum

Heute beherbergt der Jussupow-Palast ein Museum, das dem aristokratischen Lebensstil der Familie Jussupow gewidmet ist, und er dient auch als Veranstaltungsort für internationale Konferenzen und diplomatische Treffen.

Neben dem farbenfrohen Maurischen Salon beeindrucken die Besucher vor allem der geschnitzte Eichen-Speisesaal, der Weiße Säulensaal mit seiner hervorragenden Akustik und das Haustheater, das sie nicht nur im Rahmen einer Führung, sondern auch als Zuschauer besichtigen können, da im Theater regelmäßig Vorstellungen stattfinden.

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