Berge von Schädeln, der triumphierende Feind, abgeschlagene Köpfe von Soldaten der russischen Armee – all dies schockierte die Zeitgenossen des Künstlers. Wereschtschagin stellte den Krieg und seine Folgen auf Gemälden und Zeichnungen im Turkestan-Zyklus dar. Wo und wie suchte der Maler nach Themen für seine Bilder?
Vom Militärangehörigen zum Maler und zurück
Wassilij Wereschtschagin wurde 1842 in eine adlige Familie geboren. Für seine Eltern war die militärische Laufbahn ihres Sohnes das bestmögliche Lebensziel. Schon früh entdeckte er seine Liebe zum Zeichnen. Doch es kam nicht in Frage, den Jungen an die Kunstakademie zu schicken.
Dennoch ging der entschlossene junge Mann nach dem Abschluss des Marinekadettenkorps in St. Petersburg selbst an die Kunstakademie.
Nach nur drei Jahren ging er nach Paris, um dort Malerei zu studieren, wo der berühmte Orientalist Jean-Léon Gérôme sein Lehrer wurde. Und nach dem Abschluss seines Studiums in Frankreich wurde ihm ein unerwartetes Angebot in seinem Heimatland unterbreitet.
Die Einladung des Generalgouverneurs
Konstantin von Kaufmann, der erste Generalgouverneur von Turkestan, lud den damals 25-jährigen Wereschtschagin ein, ihn auf seiner Reise als „Hofmaler“ zu begleiten.
Wie der Künstler später schrieb, ging er dorthin, um das wahre Gesicht des Krieges zu sehen.
„Ich stellte mir vor ... dass der Krieg eine Art Parade ist…. Mit Fahnen und Kanonendonner, mit galoppierenden Pferden, mit viel Pomp und nicht viel Gefahr: für das Milieu natürlich ein paar Sterbende...“
Doch was er in Turkestan erlebte, veränderte seine Wahrnehmung und seine Einstellung zum Krieg für immer.
Nach seinem Ankommen in Turkestan studierte der Maler das Alltagsleben und die Sitten der Bevölkerung. Außerdem malte er Landschaften, Porträts und Genreszenen.
Nach der Einnahme von Samarkand durch russische Truppen ging er als Mitglied einer kleinen Garnison in die Stadt. Infolge einer überraschenden Belagerung der Festung durch den Feind und eines Aufstandes der Einheimischen war er gezwungen, den Pinsel gegen eine Waffe zu tauschen – das war seine erste „Feuertaufe“.
Er erhielt einen Orden für die Verteidigung der Festung. Später nahm Wereschtschagin während dieser Reise und seiner anschließenden Reise nach Turkestan an weiteren Schlachten teil. Im Laufe der dreijährigen Feldzüge und seiner Reisen in Asien schuf der Maler mehrere hundert Skizzen. Sie alle bildeten die Grundlage für die große Turkestan-Serie, die Wereschtschagin nach seiner Übersiedlung nach München 1871 begann.
Mehr als drei Jahre lang arbeitete er daran und stellte den Krieg ohne Beschönigung dar. So beschrieb er seine Erfahrungen während der Arbeit: „Ich nehme mir das, was ich male, zu sehr zu Herzen; ich weine (buchstäblich) um den Schmerz jedes Verwundeten und Getöteten.“
In Europa wurde die Tapferkeit des Malermeisters geschätzt, aber in seiner Heimat wurde er scharf kritisiert.
Die Ausstellungen der Serie
Die Turkestan-Serie umfasst 13 Gemälde, 81 Studien und 133 Zeichnungen. Sie alle wurden 1873 in London zum ersten Mal ausgestellt. Sowohl das Publikum als auch die Kritiker haben diese positiv aufgenommen. Im folgenden Jahr fand die Ausstellung in St. Petersburg statt, wo sie auf Unverständnis für die Antikriegsbotschaften des Malers stieß.
Das Publikum erwartete triumphierende russische Soldaten, der siegreich durch die Steppen Turkestans marschierten. Stattdessen zeigte der Künstler die schreckliche Wahrheit mit schockierenden Details.
Zum Beispiel die aufgespießten Köpfe russischer Soldaten auf Pfählen in dem Gemälde Sie triumphieren.
Den gleichen Eindruck erweckte Wereschtschagins Werk Die Apotheose des Krieges mit einem Berg von Schädeln und der Bemerkung des Malers: Allen großen Eroberern der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gewidmet.
Darauf folgte eine Kampagne gegen Wereschtschagin. Er wurde fast als Vaterlandsverräter bezeichnet, und man warf ihm vor, mit dem Feind zu sympathisieren. Auch Alexander II. äußerte seinen Unmut. Der renommierte Maler Nikanor Tjutrjumow erhob sogar den Vorwurf, dass Wereschtschagin nur erste Skizzen gemalt habe, während die Gemälde selbst von einem Team von Malern in München angefertigt worden seien.
Der beleidigte Wereschtschagin verbrannte aus Protest drei Gemälde aus der Serie: An der Festungsmauer. Sie kamen herein У крепостной стены. Вошли, Sie wurden umzingelt, verfolgt… und vergessen.
Allerdings gewann der Künstler auch viele Bewunderer. Es gab Leute, die einzelne Werke der Serie in St. Petersburg kaufen wollten, aber Wereschtschagin bestand darauf, dass die Serie als Ganzes gekauft werden müsse.
Und er fand einen solchen Käufer – es war der berühmte Sammler Pawel Tretjakow, der den Turkestan-Zyklus noch im selben Jahr dem Moskauer Publikum vorstellte. Ihm ist es zu verdanken, dass diese Gemälde heute in der Staatlichen Tretjakow-Galerie in Moskau zu sehen sind.