Die 5 besten Filme über Wladimir Lenin, die Sie auf Youtube sehen können

Kultur
NIKOLAJ KORNAZKIJ
Lenin ist der wichtigste Superheld des sowjetischen Kinos. Über den Führer des Weltproletariats sind Dutzende von Filmen gedreht worden, die ein riesiges Multiversum bilden. In verschiedenen Jahren wurden die Ereignisse der ersten Jahre der Sowjetmacht auf unterschiedliche Weise nacherzählt – je nach dem aktuellen Zeitgeist. Und wie Batman oder Superman wurde auch Lenin von verschiedenen Künstlern gespielt, die den Helden auf entgegengesetzte Weise interpretierten.

  1. Oktober (1927). Regie: Sergej Eisenstein

Der erste Darsteller der Rolle des Lenin war Wassilij Nikandrow – ein pensionierter Bergarbeiter und Amateurschauspieler, der die Zeitgenossen durch seine Ähnlichkeit mit Lenin verblüffte. Nikandrow war ohnehin größer. Aber durch die Bemühungen von Eisenstein erschien auf der Leinwand erst Recht als eine monumentale Figur, die Ehrfurcht einflößte. Sein erster Auftritt: Lenin springt mit einer Fahne in der Hand auf einen Panzerwagen und entflammt im Licht der Scheinwerfer mit seinen revolutionären Reden die Menge. Es handelt sich um einen Stummfilm – wir hören seine Stimme nicht, aber wir sehen sein charakteristisches energisches Gestikulieren. Der Wind weht seinen Mantel wie einen Superheldenumhang.

Nikandrows Darbietung gefiel Lenins Witwe Nadeschda Krupskaja sehr, verärgerte aber zum Beispiel Wladimir Majakowski: „Es ist ekelhaft zu sehen, wenn ein Mann ähnliche Posen wie Lenin einnimmt und ähnliche Körperbewegungen vollzieht – und hinter dieser Erscheinung steht eine völlige Leere, ein völliger Mangel an Gedanken.“ Nikandrow spielte Lenin nicht nur in Oktober, sondern auch in Boris Barnets Film Moskau im Oktober (1927) und im Theaterstück 1917 des Maly Theaters.

Eisenstein drehte Oktober bereits als lebender Klassiker, nachdem er mit Panzerkreuzer Potjomkin einen Welterfolg gefeiert hatte. Der neue Streifen war als offizieller Film für den 10. Jahrestag der Revolution konzipiert, so dass dem Regisseur noch nie dagewesene Bedingungen geboten wurden – der gesamte Film wurde nicht im Studio gedreht, sondern an den Orten der tatsächlichen Ereignisse. Insbesondere wurde Eisenstein erlaubt, im Winterpalast, dem Sitz der Provisorischen Regierung, zu drehen. Dort hatte eine bewaffnete Menge im Oktober 1917 die Macht übernommen. Historiker sind sich sicher: Eisenstein versuchte gar nicht erst, die Machtübernahme durch die Bolschewiki detailgetreu zu rekonstruieren, sondern schuf bewusst einen Mythos und vergrößerte daher das Ausmaß und die Zahl der Teilnehmer radikal.

  1. Lenin im Oktober (1937). Regie: Michail Romm

In diesem Film kam Lenin endlich zu Wort. Der Schauspieler Boris Schtschukin schuf das kanonische Bild des bolschewistischen Führers: ein Mann des Volkes. Ein vitaler Akteur mit einer schnarrenden Aussprache und einem verschmitzten, ja bissigen Blick, dessen Charme man nicht widerstehen kann. Der Film zeigt erneut die Machtübernahme durch die Bolschewiki im Oktober 1917. Dies ist einer der intensivsten Momente in der Biographie von Lenin und dessen Kampfgefährten, aber wir sehen weder Stress noch Aufregung, und alles, was passiert, gleicht eher einem Spiel. Zwei Jahre später spielte Schtschukin in der Fortsetzung Lenin im Jahr 1918 die Rolle noch einmal.

Lenin im Oktober wurde zum 20. Jahrestag der Revolution gedreht – in der Zeit von Stalins Personenkult und auf dem Höhepunkt der Repression, so dass kreative Fehler teuer zu stehen kommen konnten. Der junge Regisseur Michail Romm, der mit 9 Tage eines Jahres später einen der wichtigsten Filme der Tauwetterperiode drehen und der mehrere Generationen von Regisseuren (Andrej Tarkowskij, Sergej Solowjow und andere) ausbilden sollte, schien jedoch allen zu gefallen – auch Stalin, der als enger Mitarbeiter Lenins und aktiver Teilnehmer an den Oktoberereignissen dargestellt wird. Unter Chruschtschow, nachdem der Personenkult bereits entlarvt worden war, wurde Stalin komplett aus dem Film herausgeschnitten.

  1. Lenin in Polen (1965). Regie: Sergej Jutkewitsch

Neben Michail Romm ist Sergej Jutkewitsch einer der wichtigsten Regisseure des sowjetischen Kinos. Insgesamt ist er für sechs Filme über den Führer des Proletariats verantwortlich. Als Schüler von Meyerhold und Mitarbeiter von Eisenstein überlebte Jutkewitsch fast alle seine Kollegen aus der Avantgarde-Generation der 1920er Jahre (er starb 1985) und blieb bis zu seinem Lebensende ein experimenteller Formalist. So wurde Lenin in Polen unter dem deutlichen Einfluss der Prosa von Proust und Joyce und des westlichen Autorenkinos gedreht.

Die Handlung spielt im Jahr 1914, als sich der bolschewistische Führer im Exil im polnischen Teil Österreich-Ungarns befand. Dort wurde er von der örtlichen Polizei wegen des Verdachts der Spionage für das russische Reich(!) festgenommen. Eingesperrt in einer Zelle, ohne Zeitungen, Bücher oder Kommunikation, ist Lenin in seine Gedanken vertieft – dieser „Gedankenfluss“ ist es, den der Regisseur einzufangen versucht. Während des gesamten Films hören wir nur die Stimme des Protagonisten, der seine frei fließenden Gedanken äußert und die Ereignisse aus seiner Biografie kommentiert.

Maxim Strauch, der Iljitsch spielte, ist eher ein Intellektueller als ein „Mann aus dem Volk“ wie Schtschukin; Er ist ständig am Hinterfragen, Nachdenken und voller Sympathie. Es ist kein Zufall, dass eine weitere berühmte Rolle in der Filmografie des Schauspielers Dr. Aibolit ist (die sowjetische Version von Dr. Doolittle). Strauch spielte Lenin insgesamt in sechs Filmen und drei Theaterstücken. Für Lenin in Polen gewann Sergej Jutkewitsch den Preis für die beste Regie bei den Filmfestspielen von Cannes.

  1. Der 6. Juli (1968). Regie: Julij Karassik

Der Film ist einer kurzen Episode des Bürgerkriegs gewidmet – der Rebellion der linken Sozialrevolutionäre im Juli 1918. Nach der Oktoberrevolution bildeten die Sozialrevolutionäre, die die Interessen der Bauern vertraten, und die bolschewistische Partei, die im Namen der Arbeiter sprach, eine Regierungskoalition, die an der Frage scheiterte, ob sie weiterhin am Ersten Weltkrieg teilnehmen sollte oder nicht. Die Bolschewiki kamen aufgrund der Antikriegsstimmung an die Macht und schlossen daher im März 1918 in aller Eile mit den Deutschen den äußerst ungünstigen Frieden von Brest-Litowsk. Die linken Sozialrevolutionäre lehnten sich gegen die räuberischen Bedingungen des Abkommens auf und revoltierten.

In diesem Film aus der Tauwetterperiode sehen wir einen völlig anderen Lenin: Der Schauspieler Jurij Kajurow (er hat bereits 18 Lenin-Filme gedreht) konzentriert sich nicht auf die schnarrende Aussprache und das aktive Gestikulieren, die bereits zu einem Klischee geworden waren. Zum ersten Mal sehen wir Lenin als Politiker, der sich nicht in den Vordergrund drängt und eine scharfe politische Intrige gegen seine Gegner führt. Der Film ist in einem halbdokumentarischen Stil gedreht – alle Charaktere sind sehr sachlich, konzentriert und realistischer als in den historisch-revolutionären Filmen der vorangegangenen Jahre.

  1. Taurus (2001). Regie: Alexander Sokurow

Alexander Sokurow, einer der brillantesten Regisseure des Autorenkinos im neuen Russland, drehte einen Film über eine Episode in Lenins Biografie, die in den Sowjetjahren nicht gezeigt werden durfte: den langsamen körperlichen Verfall des Führers.

Alle Ereignisse des Films spielen sich an einem Sommertag ab. Lenin (gespielt von Leonid Mosgowoj) verbringt seine letzten Monate in seiner Residenz in Gorki. Sein Gedächtnis lässt nach, sein Körper hört auf zu gehorchen. Schließlich kommt es zur qualvollsten Folter für einen Politiker: Er ist von der Außenwelt abgeschnitten und entscheidet nichts mehr, obwohl er offiziell noch der Parteichef ist. Unfähig, diese Qualen zu ertragen, bittet Lenin Stalin, ihm Gift zu geben. Dieser verspricht, die Angelegenheit im Politbüro zu besprechen.

Taurus ist der zweite Film in Sokurows Zyklus über die Macht, zu dem auch die Filme Moloch über Hitler, Die Sonne über Kaiser Hirohito, eine Adaption von Goethes Faust (die in Venedig den Goldenen Löwen gewann) und Das Märchen – eine Parabel über das Leben nach dem Tod von Machthabern – gehören.

>>> Wie war Wladimir Lenin als Mensch?

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