72 Jahre Kriegsende: Österreich gedenkt und feiert

Wie in vielen Ländern wurde auch in Österreich dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa gedacht. Mit zahlreichen Veranstaltungen feierte die österreichische Hauptstadt ihre Befreiung durch sowjetische Soldaten vor 72 Jahren.

Am Heldendenkmal der Roten Armee am Schwarzenbergplatz in Wien werden traditionell die Gedenkveranstaltungen zur Befreiung der österreichischen Hauptstadt von dem Nazi-Regime abgehalten. / Andrei Zolotov, JR.Am Heldendenkmal der Roten Armee am Schwarzenbergplatz in Wien werden traditionell die Gedenkveranstaltungen zur Befreiung der österreichischen Hauptstadt von dem Nazi-Regime abgehalten. / Andrei Zolotov, JR.

Mit dem Umzug des „Unsterblichen Regiments“ zum Heldendenkmal der Roten Armee auf dem Schwarzenbergplatz im Zentrum von Wien endete am 9. Mai die Veranstaltungsreihe zum 72. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs in Europa. An dem Gedenkmarsch nahmen etwa 500 Menschen teil, Nachfahren von sowjetischen Soldaten.    

„Ein langer Weg vom Verdrängen zum Gedenken“

Die wichtigste Veranstaltung ist traditionsgemäß die Gedenkfeier zur Befreiung des KZ Mauthausen in Oberösterreich. Am vergangenen Sonntag nahmen mehr als 7 000 Menschen daran teil, darunter Überlebende, die von Jahr zu Jahr weniger werden, die österreichische Regierung unter Führung von Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Bundeskanzler Christian Kern sowie zahlreiche internationale Delegationen, unter anderem aus Russland.   

Willy Mernyi, der Vorsitzende des Mauthausen Komitees, warnte im Vorfeld vor einer Gefahr des Vergessens, denn das authentische Erzählen durch Zeitzeugen am Ort des Geschehens sei nicht länger möglich. „Umso mehr müssen wir uns anstrengen, mit jungen Menschen in ihrer derzeitigen Lebensrealität zu diskutieren und dieses ‚Niemals wieder‘ der Überlebenden in die Gegenwart zu übersetzen“, sagte er dem Sender ORF.

Am Montag, den 8. Mai, fanden anlässlich des Jubiläums der Befreiung Österreichs überall in Wien Gedenkveranstaltungen statt. Vormittags gab es eine Kranz- und Blumenniederlegung am Zentralfriedhof, wo etwa 3 000 sowjetische Soldaten nach ihrem Tod in den Kämpfen um die österreichische Hauptstadt beerdigt wurden. Am Heldendenkmal auf dem Schwarzenbergplatz wurde eine Gedenkzeremonie abgehalten. Die russische Botschaft lud im Namen der Botschafter der GUS-Länder zu einem Empfang.

Am Montagabend fand das „Fest der Freude“ auf dem Heldenplatz statt, bereits zum fünften Mal. Die Wiener Symphoniker spielten ein Konzert, begleitet von Reden aus der Regierung und der Gesellschaft sowie von ehemaligen Widerstandskämpfern. Zum Auftakt sahen etwa 4 000 Besucher Videobotschaften von Diplomaten aus den Staaten der damaligen Alliierten.

„Wir bekennen uns zur Verantwortung für dieses dunkelste Kapitel unserer Geschichte. Es war ein langer Weg vom Verdrängen zum gemeinsamen Gedenken. Am 8. Mai stehen wir zusammen und gedenken der Millionen Menschen, die dem Nazi-Regime zum Opfer gefallen sind. Am 8. Mai stehen wir zusammen und feiern das Ende dieser Gewaltherrschaft. An diesem Tag feiern wir die Freiheit“, sagte Bundeskanzler Kern in seiner Ansprache.

Das Orchester wurde in diesem Jahr von dem ungarischen Dirigenten Adam Fischer geleitet. Das Konzert, das seit 2013 veranstaltet wird, verdrängte die Demonstrationen von Ultrarechten und ihren linken Opponenten, die auf dem Heldenplatz die Niederlage im Krieg zu betrauern pflegten. Das Konzert wurde live im Fernsehen übertragen.  

Schweigeminute am Heldendenkmal

Der aus Russland stammende Gedenkmarsch „Unsterbliches Regiment“ ist auch in Wien in den letzten Jahren zu einer Tradition geworden. Diesmal nahmen daran rund 500 Menschen teil, fast doppelt so viele wie im Vorjahr. Eine Kolonne aus Menschen mit Plakaten, russischen und belarussischen Fahnen sowie einer Kopie der roten Siegesfahne marschierte um den Brunnen am Heldendenkmal, das im August 1945 eingeweiht wurde. Nach dem Marsch fand eine Schweigeminute statt, gefolgt von „Hurra“-Rufen.

Am Schwarzenbergplatz versammelten sich in diesem Jahr rund 500 Teilnehmer für den Gedenkmarsch „Unsterbliches Regiment“. / Andrei Zolotov, JR.Am Schwarzenbergplatz versammelten sich in diesem Jahr rund 500 Teilnehmer für den Gedenkmarsch „Unsterbliches Regiment“. / Andrei Zolotov, JR.

Wladimir Raspolychin, ein Zeitzeuge, der im Zweiten Weltkrieg um die österreichische Hauptstadt kämpfte und heute hier lebt, erzählte seine Geschichte: „Vor 72 Jahren kämpfte ich mit einem Gewehr in der Hand um die Befreiung der schönen Stadt Wien von der Nazi-Herrschaft. Die Stadt war fast leer. Die Deutschen hatten geschafft, was sie wollten – der österreichischen Bevölkerung ging es sehr schlecht. Wir hatten den Befehl, wenig zu schießen und kaum zu bombardieren. Es hieß, Wien sei eine historische Stadt, eine Stadt von Welt. Wir gedenken derer, die hier lebten, und ehren die, die heute hier wohnen und gute Taten für ihr Volk vollbringen.“

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