Der russische Beitrag für den diesjährigen Eurovision Song Contest steht ganz oben auf der Favoritenliste: Überall werden die Siegchancen Sergej Lazarevs diskutiert. Einen nicht unwichtigen Beitrag leistete Filipp Kirkorow. Von ihm stammt die Musik zu Lazarevs Song „You Are The Only One“. In den vergangenen zehn Jahren begleitete er viele Top-Künstler beim Eurovision Song Contest und konnte einige Erfolge verbuchen. Was treibt den Mann an? Nur wenige wissen, dass am Anfang seiner ESC-Karriere eine Niederlage stand. Daraus sei der Wunsch erwachsen, es allen zu beweisen.
In Russland nennt man Kirkorow den „König des Pop“. Er selbst ist ebenfalls ein bekannter Sänger. Seine ersten Schritte auf der Showbühne machte er schon im Alter von fünf Jahren: Er überreichte seinem Vater, dem bulgarischen Sänger Bedros Kirkorow, einen Blumenstrauß.
Eigene Berühmtheit erlangte er Ende der 1980er-Jahre, als Alla Pugatschowa, die „russische Madonna“, auf ihn aufmerksam wurde. Sie war 18 Jahre älter als er und zu diesem Zeitpunkt bereits nicht nur in der Sowjetunion, sondern auch im Ausland populär. Die beiden verliebten sich und heirateten 1994. In diesem Jahr nahm Russland zum ersten Mal am Eurovision Song Contest teil.
Mit der Ballade „Kolybelnaja dlja Vulkana“ (zu Deutsch: Schlaflied für einen Vulkan) im Gepäck reiste Kirkorow 1995, also ein Jahr später, selbst zum Grand Prix nach Dublin. Es reichte zwar nur zu Platz 17, seine persönliche Eurovision-Geschichte sollte damit aber erst beginnen.
Als 1998 die transsexuelle Sängerin Dana International aus Israel den Wettbewerb gewann, brachte Kirkorow anschließend eine russische Cover-Version ihres Liedes heraus. Seine Adaption schoss in den Charts steil nach oben. Kaum ein Russe wusste, dass es ursprünglich gar nicht Kirkorows Lied war.
Sein eigener Auftritt als Sänger beim ESC sollte eine einmalige Angelegenheit bleiben. „Auf die Grand-Prix-Bühne wollte ich nicht mehr zurückkehren. Das ist ein Wettbewerb für junge Künstler“, erzählt er. Den Traum von einem Sieg beim Gesangswettbewerb hegt er aber immer noch: „Ich werde gewinnen, und zwar als Produzent und Komponist.“
Zunächst bereite er 2005 die weißrussische Teilnehmerin Angelika Agurbasch auf den Wettbewerb vor, mit mäßigem Erfolg: Sie kam am Ende auf Platz 13. „Damals verstand ich die heimlichen Regeln, denen der Wettbewerb folgt, noch nicht“, so Kirkorow. „Unser Fehler lag darin, dass wir den Schwerpunkt auf Werbung, Auftritt und Kostüme gelegt hatten – und nicht auf das Lied selbst. Das war nicht so gut.“ Seitdem werden die Auftritte schlüsselfertig vorbereitet – vom Lied bis zur Choreographie.
Das Team, das ihn dabei unterstützt, stammt aus Griechenland. Es besteht aus dem Regisseur Fokas Ewangelinos, dem Komponisten und Liedautor Dimitrios Kandopolos sowie dem Produzenten Ilias Kokotos. Sie konzipierten auch Dima Bilans Auftritt im Jahr 2006, bei dem ein weißer Flügel und zwei Ballerinen die Hauptrolle spielten.
Das Team bereitete zudem den ESC-Auftritt der ukrainischen Teilnehmerin Ani Lorak vor, die 2008 den zweiten Platz belegte, übrigens hinter Dima Bilan. Außerdem führte Kirkorow die Tolmatschowa-Schwestern zum Eurovision Song Contest und produzierte für eine Reihe weiterer Künstler. In Russland wird er deshalb „Mister Eurovision“ genannt.
Diesen Beinamen trägt in Deutschland Ralph Siegel, der insgesamt 24 Teilnehmer zum Wettbewerb begleitete, in Schweden wird Thomas G so genannt. Von ihm stammt der Song „Euphoria“, mit dem Loreen den Wettbewerb gewann.
Dima Bilan mit seiner Produzentin Jana Rudkowskaja. Foto: PhotoXpress.
Kirkorow aber kann sich in all der Zeit nur an eine ernsthafte Konkurrenz erinnern – und die kam auch noch aus Russland selbst: Dima Bilans Produzentin Jana Rudkowskaja, die ihn 2008 zum Sieg brachte. Rudkowskaja machte einen cleveren Schachzug. Bei seiner Performance wurde Bilan vom weltbekannten Eiskunstläufer Evgenij Pljuschenko und von Geiger Edwin Marton begleitet. „So ein hohes Niveau sucht seinesgleichen“, sagt Kirkorow noch heute beeindruckt.
In diesem Jahr, meint Kirkorow, sei Frankreich Russlands größter Konkurrent. „Die Franzosen haben eine sehr starke Komposition und mit Amir einen charismatischen Sänger. Leider wird das europäische Publikum im kommenden Jahr wohl lieber ins warme Frankreich als in das kalte Russland reisen wollen“, sieht er die Franzosen im Vorteil.
Dass die politische Lage beim diesjährigen ESC ausschlaggebend sein könnte, glaubt er dagegen nicht. Beim Wettbewerb habe zumindest für die Organisatoren der künstlerische Anspruch immer über der Politik gestanden. „Ich bin mir sicher, dass die Fernsehzuschauer genauso denken. Wenn sie von Sergej Lazarev überzeugt sind, werden sie ihn auch unterstützen“, sagt er.
Alle Rechte vorbehalten. Rossijskaja Gaseta, Moskau, Russland
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