Was denken die Russen über die Legalisierung von Waffen im Land?

Sergey Fadeichev/TASS
Während die Bewegung #MarchForOurLives in den Vereinigten Staaten die Studenten auf die Straße treibt, um die Waffengewalt im Land zu beenden, wird in Russland die allgemeine Legalisierung der Waffen diskutiert.

Die meisten Russen machen sich darüber Sorgen, dass Waffen ungehindert auf den Markt strömen könnten. Auch eine kurze Befragung einiger Umfrageteilnehmer brachte ein erstaunliches Ergebnis zu Tage: Über 90 Prozent der Teilnehmer sind gegen die Legalisierung von Waffen.

Die letzte große Studie (rus) zu diesem Thema wurde vor rund fünf Jahren durchgeführt und lieferte ein ähnliches Ergebnis: Rund 80 Prozent der Bevölkerung gaben an, dass Russen ohne Waffen besser dran seien.

Angst treibt die Zahlen in die Höhe

Hinter diesen Zahlen verbirgt sich ein tief sitzendes Misstrauen der Russen. „Der Grad der versteckten Aggression in Russland ist viel zu hoch, besonders unter denen, die in Armut leben, und die Legalisierung von Waffen würde zu nichts Gutem führen“, erklärt Konstantin Jerofejew, ein 25-jähriger Moskauer, Russia Beyond.

Die Gefahr, dass häusliche Gewalt in Totschlag ausartet, beunruhigte fast jeden, mit dem sich Russia Beyond unterhielt. Doch als Hauptgrund gegen die Legalisierung von Waffen wurde vor allem ein tiefes Misstrauen gegenüber anderen aufgeführt.

„In Russland gibt es keine Kultur, wie man mit Waffen umgeht, noch wird es sie jemals geben. Es ist ein Land der pöbelnden Proleten und Waffen werden nur als Mittel verwendet, um sich zu behaupten und es jemandem zu zeigen“, erzählte Jewgenij Nowikow, ein 29-jähriger Moskauer, Russia Beyond. Obwohl er selber zugibt, ein Waffenliebhaber zu sein, spricht er sich gegen die Idee aus, Waffen offen zu verkaufen.  

Manchmal entsteht bei den Gesprächen der Eindruck, dass sich die meisten Russen weniger darüber sorgen, einem bewaffneten Schläger zu begegnen, als Seite an Seite mit maßlosen, schlecht gelaunten und bewaffneten Landsleuten leben. „Es ist Wahnsinn, eine legale Zirkulation von Waffen zuzulassen, während die öffentliche Ethik zusammenbricht“, teilt Nikolaj Makejew, ein 33-jähriger Moskauer, Russia Beyond mit.

Zunahme der Waffenbefürworter

Trotz der Tatsache, dass sie in der Minderzahl sind, protestieren Waffenträger lautstark gegen das, was sie als Diskriminierung betrachten. „Die Aussage, dass die Menschen dieses Landes sich nicht für den Waffenbesitz eignen, ist eine Form von sozialem Nazismus. Sind beispielsweise Franzosen oder Amerikaner weniger aggressive Menschen? In jeder Nation gibt es Menschen, denen man Waffen besser nicht anvertrauen sollte“, sagt Semjon Schewzow, ein 31-jähriger Moskauer und der einzige Umfrageteilnehmer, der im Gespräch mit Russia Beyond seine positive Einstellung gegenüber der Legalisierung von Waffen offen zum Ausdruck brachte.

Überraschenderweise haben Soziologen vor einigen Jahren eine Zunahme der Befürworter der Waffenlegalisierung bei den Russen beobachtet. So stiegen die Umfragewerte aus dem Jahr 2010 von 14 Prozent im Jahr 2012 auf 22 Prozent. Ein Jahr später gingen sie jedoch wieder zurück und nur noch 18 Prozent der Russen sprachen sich für die Waffenlegalisierung aus.

„Wir haben nach 2013 keine Umfragen zum Thema durchgeführt. [...] Offensichtlich ist eine weitere Zählung notwendig“, meint Igor Sadorin, Leiter und führender Soziologe der ZIRCON Research Group.

Indessen haben Umfrageergebnisse aus dem Jahr 2013 in Russland für Aufruhr gesorgt und eine öffentliche Diskussion ausgelöst, in der die Legalisierungsgegner den Befürwortern weitaus überlegen waren.

Ohne ein genaues Zähldatum konnte der Soziologe nur eine Vermutung darüber äußern, dass sich die aktuellen Werte nicht wesentlich von den unterscheiden würden, die es vor fünf Jahren gab. „Wir können indirekt davon ausgehen, dass es keine gravierende Änderung der öffentlichen Meinung zu diesem Thema gibt, da es keine neuen Argumente dafür gibt und die alten Argumente aufgrund der sinkenden Kriminalitätsrate sowie der steigenden Anzahl der Massenerschießungen in Ländern, in denen Waffen legal erhältlich sind, an Attraktivität verlieren“, urteilt Sadorin.

Es bedarf zwar weiterer soziologischer Forschungsarbeit, um genaue Zahlen darüber zu erhalten, jedoch kann man davon ausgehen, dass eine Waffenlegalisierung in Russland, zumindest in den nächsten Jahren, eher unwahrscheinlich ist.

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Wer heutzutage in Russland eine Waffe besitzen möchte, muss einen Waffenschein haben und sich einer strengen Prüfung des Vorstrafenregisters unterziehen. Bis zur Revolution 1917 war privater Waffenbesitz jedoch erlaubt.

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